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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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Betragen gegenüber einer Ranghöheren handelt, immer wieder unterbrochen und ohne meine Erlaubnis das Wort an mich gerichtet.«
    »Aber...«
    »Schweig!« Schwester Dorotheas Stimme hallte durch den Raum, und die gleich wieder einsetzende Stille wurde noch beklemmender. »Dies ist kein Prozess. Du hast kein Recht, dich zu verteidigen. Hier wird nur die Gemeinschaft über das Fehlverhalten Einzelner in Kenntnis gesetzt, die Schwächen gezeigt haben. Und nun knie nieder.«
    Talitha ballte die Fäuste und hielt, stehend, dem Blick der Schwester einige Augenblicke lang stand.
    »Knie nieder!«, zischte die Schwester noch einmal.
    Das Mädchen biss sich auf die Lippen. Eigentlich wollte sie gehorchen, aber sie konnte einfach nicht. Die Ungerechtigkeit dieser Behandlung, die Erniedrigung war zu groß. Mit einem Schwert in Händen hätte sie sich gleich von ihrem Fluchtplan verabschiedet und sich mit der Waffe einen Weg hinaus gebahnt, obwohl ihr bewusst war, wie töricht und sinnlos solch eine Tat gewesen wäre. So stand sie nur mit geballten Fäusten da, bis sich schließlich eine Kombattantin aus einer Ecke des Saals löste, auf sie zu trat und sie auf die Knie zwang, indem sie sie im Nacken packte und hinunterdrückte.

    Schwester Dorothea lächelte. »Und nun lest den Lobgesang.«
    Die in einer Reihe knienden Mädchen begannen aus den geöffnet vor ihnen liegenden Büchern ein Gebet aus dem »Buch der Seligkeit« vorzutragen. Ihre Stimmen klangen schwach und erschöpft. Talitha hatte den Kopf geneigt und schwieg. Mit flammendem Gesicht und schmerzenden Knien, den Blick vor sich auf das Holz gerichtet, hockte sie da und spürte im Herzen einen unbändigen Zorn, während ihr gleichzeitig vor Hunger der Magen knurrte.
    Ihre Nachbarin stieß sie mit dem Ellbogen an. »Lies!«, flüsterte sie. »Lies, oder du machst alles nur noch schlimmer.«
    Rasch zeigte sie ihr mit einem Finger die Stelle, an der sie waren.
    »Lauter!«, forderte die Kleine Mutter sie auf.
    Die Mädchen bemühten sich. Und Talitha stimmte in ihr Gebet mit ein.

    Essen durften sie erst nach den Abendgebeten, als es längst dunkel geworden war, in dem leeren Speisesaal, getrennt voneinander, damit sie sich nicht unterhalten konnten. Das Essen war kalt und schmeckte widerlich. Das Getreide war nur noch ein klebriger Brei, und das Fleisch zäh.
    Nach dem Essen wurden sie in die jeweiligen Schlafräume entlassen. Erschöpft warf sich Talitha auf das Bett, sodass die Blätter in der Matratze unter ihr raschelten.
    Noch nicht einmal richtig angekommen, hatte sie bereits die Aufmerksamkeit aller auf sich gezogen, genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich hatte tun wollen. Außerdem
war klar: Schwester Dorothea hasste sie, vom ersten Augenblick an. Aber warum nur?
    Instinktiv schlossen sich ihre Finger um den halben Stein an dem Lederriemen um ihren Hals; es war der, der ihrer Schwester gehört hatte. Auch den anderen hatte sie dabei, aber in der Truhe verpackt, am Hals trug sie lieber den von Lebitha, um immer an sie erinnert zu werden. Sie ließ die Finger über die glatte Oberfläche des Steins gleiten und hielt plötzlich inne: Sie fühlte etwas Unebenes, das ihr seltsam vorkam.
    Sie griff zu dem Leuchter mit der brennenden Kerze auf dem Tisch und führte ihn zu dem Stein: Der obere Teil war glatt, doch auf dem unteren war etwas eingraviert, was sie aber nicht entziffern konnte. Während sie versuchte, den Blick zu schärfen, schrak sie plötzlich zusammen. Jemand hatte an die Scheibe geklopft.
    Vorsichtig trat sie an das Fenster und blickte hinaus. Aber draußen war es auch stockdunkel, und das Fenster war klein. So öffnete sie es vorsichtig und erkannte die Umrisse von Saiph am Rande des Lichtkegels: Sein Gesicht war kaum wiederzuerkennen, so müde wirkten seine Züge. Aber er lächelte sie an. »Da hast du ja einen schönen Auftritt beim Abendessen hingelegt«, flüsterte er.
    »Was machst du denn hier? Und wie hast du es überhaupt geschafft, dich nicht erwischen zu lassen?«
    »Ach, jahrelange Erfahrung ... Ich wollte dir nur Gute Nacht sagen«, antwortete er, bemüht, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken.
    »Komm ins Licht, ich kann dich nicht sehen.«
    »Aber Herrin, das Haus wird überwacht. Ich habe es nur bis zu dir geschafft, weil ich mich unter die Diener gemischt
habe, die die Ausgangsregelung überwachen. Hier wimmelt es von Kombattantinnen, und die tragen ihre Strafstöcke nicht zum Spaß.«
    Talitha streckte den Arm aus,

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