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Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Titel: Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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beinahe entschuldigend.
Es ist vermutlich keine gute Idee, dich noch einmal in den Arm zu nehmen,
sagte die Geste.
Auch wenn es schön wäre.
    »Ich wüsste vielleicht etwas, wegen der Geldsache«, sagte er ziemlich abrupt. »Ich kenne die Frau, die das
Contigo
macht. Den
Fair-Trade-
Laden in der Kornhausstraße. Hängematten, Kaffee, Schokolade … Die sucht jemanden. Du würdest ganz gut passen. Du könntest deinen Nashville mitbringen, denke ich.«
    »Meinst du, die nimmt mich?«
    »Ziemlich sicher«, sagte Gunnar. »Wenn ich mit ihr rede.« Er kramte in seiner Tasche, sehr sachlich jetzt, und zog eine Visitenkarte hervor. Die Visitenkarte eines idealen Arztes. Aber der ideale Arzt war gar nicht so ideal. Die ständige Müdigkeit in seinem Gesicht wirkte in manchen Momenten fast mitleiderregend. »Melde dich bei mir. Morgen.«
    Svenja steckte die Karte ein, nahm seine Hände und drückte sie. Und dann zog sie ihn an sich und küsste ihn auf die Lippen, so kurz, dass er keine Zeit hatte, zu reagieren – nicht einmal Zeit dazu, nicht zu reagieren. »Danke«, flüsterte sie atemlos. »Ich melde mich. Und wenn ich irgendwann etwas für dich tun kann … Ich könnte diesen Schwiegervater entführen oder … was auch immer.«
    Damit drehte sie sich um und ging zurück. Sie spürte, wie er ihr nachsah. Seine Lippen hatten sich ganz anders angefühlt als die von Friedel. Erwachsener. Und ein wenig verloren, dachte Svenja. Doch, Gunnar war zwischen all seinen Idealen ein wenig verloren.
     
    Der Montagmorgen war voller Hoffnung.
    »Hör zu«, sagte Svenja zu Nashville, während sie ihre Tasche für das Anatomietestat packte. »Ich habe vielleicht einen Job, und womöglich reicht das Geld dann, um später in diese Wohnung zurückzuziehen. Aber bis dahin müssen wir ins Wohnheim. Die Küche dort muss man mit anderen Leuten teilen, deshalb ist es besser, du bleibst im Zimmer. Wir finden einen Weg, dich da rein- und rauszuschleusen. Okay?«
    Nashville schüttelte langsam den Kopf. »Geht nicht«, sagte er nur.
    Svenja starrte ihn einen Moment lang genauso reglos an wie er sie.
    Dann kochte etwas in ihr über.
    »Was heißt denn das – geht nicht?«, rief sie und sprang auf. »Was soll ich denn tun? Denkst du, ich will in dieses Wohnheim ziehen? Ich … ich muss! Ich meine, prima, ich kann immer alles regeln, und du, du tust gar nichts … Vielleicht stelle ich mich jetzt zur Abwechslung mal kopfüber in den Schrank und warte, dass jemand anders meine Probleme für mich löst?«
    Nashville sah sie nur an. Schließlich nahm er das Akkordeon und ging. In der Tür drehte er sich um. »Mach’s gut«, sagte er.
    Und war fort.
    Sie sah ihn unten über den Jakobusplatz gehen. Sie wusste, dass er kein Ziel hatte.
    Sie fluchte. Warf einen Blick auf die Uhr. Verdammt, sie musste los.
     
    Sie hatte noch immer Nils’ Präp-Kittel. Ihre Mutter hatte ihn gebügelt.
    Es war wieder Katharina, mit der sie zusammen geprüft wurde, sie schienen ein Team zu sein. Katharina lächelte unsicher. »Du hilfst mir, ja?«, flüsterte sie.
    Und dann geschah etwas Seltsames. Svenja ging auf die Tür des Präp-Saals zu – und hatte plötzlich das Gefühl, wieder in ihrem Traum zu sein. Neben der Leiche, links und rechts, standen Nils und der Anatomieprof. Auf Nils’ linker Wange prangte die Spur eines Degens. Ein Schmiss.
    »Bitte, die Nerven am Unterschenkel, Frau Wedekind«, sagte der Professor und machte eine einladende Geste. Die Worte waren die gleichen – selbst die Geste war die aus ihrem Traum. Nur die Zettel an den Füßen der Leichen fehlten. Die Leiche, die ihre Gruppe Woche für Woche in tieferen Schichten präparierte, lag auf dem Präp-Tisch wie immer, bräunlicher und älter als die aus dem Traum. Wenigstens das. Bis hoch zum Hals waren die Muskeln beiseitegeklappt, die Nerven freigelegt. Nur das Gesicht wurde von einem feuchten, formalin-getränkten Lappen bedeckt. Und auf einmal dachte Svenja:
Ich habe das Gesicht unserer Leiche noch nie gesehen. Warum habe ich ihr Gesicht noch nie gesehen?
    »Wer ist sie?«, fragte Svenja.
    Der Prof sah sie irritiert an. »Bitte?«
    »Die Leiche. Wer ist sie? Wer war sie? War sie eine Pennerin?«
    »Ich … ich weiß nicht«, antwortete der Prof verblüfft. »Was soll das?«
    »Können Sie den Lappen abnehmen? Von ihrem Gesicht?«
    »Frau Wedekind«, sagte der Prof, und jetzt war er verärgert. »Dies ist das Testat über die untere Extremität und die Bauchwand. Wenn Sie nicht

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