Nasses Grab
gebracht, und dann habe ich mich um ihn gekümmert, einen Krankenwagen gerufen. Kurz darauf waren Anděl und Nebeský da. Und dann – na den Rest kennst du.«
»Wer hat dir aufgemacht?«
»Was?«
»Du sagtest doch, du hast geklingelt, und jemand hat dir die Tür aufgemacht. Wer? Jay ja wohl kaum und Larissa offenbar auch nicht, da sie ja bewusstlos war. Wer war es also?«
»Keine Ahnung, wer mir aufgemacht hat – ich habe noch gar nicht darüber nachgedacht.« Aber Xenia hatte recht. Irgendjemand musste noch dort oben gewesen sein. Wer und – vor allem – wo? Sie hatte niemanden gesehen.
»Ist dir niemand im Treppenhaus begegnet?«
»Nein. Nicht dass ich wüsste …« Sie stutzte. Oder doch? Im Geiste ging sie noch einmal die Stufen nach oben. Erster Stock, zwei Türen, niemand. Über ihr hatte es irgendwo geklingelt. Zweiter Stock – doch, da war jemand gewesen. Jemand rechts im Flur, an einer der Türen. Die Tür war offen gewesen, sie hatte eine alte Frau gesehen, die zu ihr hinausgesehen hatte – und vor der Tür, mit dem Rücken zur ihr, hatte ein Mann gestanden. Ein alter Mann. Sie hatte nicht weiter auf die beiden geachtet, war ganz in Gedanken versunken gewesen, hatte abwesend gegrüßt und war weiter hinaufgestiegen. Dritter Stock, nichts. Eine Tür, die über ihr ins Schloss fiel. Leise Schritte unter ihr, die sich schnell entfernten. Vierter Stock. Die Tür links war zu, die rechte stand offen.
»Du hast jemanden gesehen? Wen?«, fragte Xenia.
»Ich habe nicht weiter darauf geachtet, aber da war ein alter Mann, der mit einer Frau an einer Tür im zweiten Stock gesprochen hat. Ich habe ihn nur von hinten gesehen, wie gesagt, ich war ganz in Gedanken – und dann im dritten Stock, da hörte ich über mir eine Tür ins Schloss fallen. Aber als ich oben ankam, war Jays Tür offen, und Larissa lag bewusstlos hinter der Wohnzimmertür.«
»Du bist sicher, dass du eine Tür gehört hast?«
Magda nickte. »Vielleicht hat der Luftzug Larissas Tür zugeschlagen«, sagte sie nachdenklich.
»Vielleicht aber auch nicht«, erwiderte Xenia.
»Sie ist nicht da.«
»Vielleicht ist sie einkaufen gegangen.«
»Möglich«, sagte Anděl zweifelnd.
»Sie könnte bei der Arbeit sein.« »Möglich.«
Anděl holte sein Handy aus der Sakkotasche und wählte die Nummer der Staatsoper. Nach einem kurzen Gespräch steckte er es wieder ein.
»In der Staatsoper ist sie nicht. Hat sich krankgemeldet.«
»Dann sollte sie zu Hause sein.«
»Hm. Ist sie aber nicht. Oder sie macht nicht auf.«
Anděls Handy klingelte. »Anděl. … Ja … Gut. Danke.«
Nebeský sah ihn fragend an.
»Die Spurensicherung hat in Krasnohorskýs Wohnung einen Einschuss in der Wand gefunden.«
»Der Täter hat zweimal geschossen?«
»Sieht ganz danach aus. Sie haben eine Kugel in der Wand und zwei Patronenhülsen auf dem Boden gefunden.«
»Und?«
»Zwei verschiedene, wie es aussieht.«
»Zwei Waffen?«, fragte Nebeský erstaunt.
»Sieht so aus.«
»Hat Krasnohorský auf den Täter geschossen?«
»Es war keine Waffe in der Wohnung.«
»Der Täter könnte sie mitgenommen haben.«
»Möglich, aber warum? Hätte er sie dagelassen, könnte er behaupten, in Notwehr geschossen zu haben.«
»Wo steckte die Kugel?«
»In der Wand mit den Fenstern, ein paar Zentimeter unter der Decke.«
»Schlechter Schütze. Krasnohorský ist zwar groß, aber so groß auch wieder nicht.«
»Es könnten zwei gewesen sein«, sagte Anděl nachdenklich.
»Du meinst, da haben sich zwei getroffen, die das Gleiche vorhatten?«
»Möglich.«
»Aber wer?«
» Beats the hell out of me .«
»Was?«
»Keine Ahnung. Wo bleiben die Jungs?«
Nebeský drehte sich um und sah die Gasse entlang. Ein Polizeiwagen kam um die Ecke. » Voilà .«
»Na endlich.«
Nebeský ging zu dem Wagen und sprach kurz mit dem Fahrer. Die beiden Polizisten blieben im Wagen sitzen. Nebeský blickte zu den Fenstern im ersten Stock hinauf.
»Am Fenster steht sie jedenfalls nicht. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen hier warten, für alle Fälle. Haben sie die Kugeln schon verglichen?«, fragte er.
»Sie sind dabei.« Sein Handy klingelte wieder. »Anděl«, meldete er sich.
»David«, sagte Magda, »ich bin mit Xenia im Krankenhaus. Wir haben über diese Sache mit Jay gesprochen. Und ich habe mich erinnert, jemanden im Treppenhaus gesehen zu haben. Ich hatte …«
»Wen?«, unterbrach Anděl sie.
»Einen alten Mann, er hat sich im zweiten Stock mit einer Frau unterhalten,
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