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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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später.«
    »Bis später.«
    Anděl lächelte, während er den Wagen startete. Der Staatsanwalt war auch gut darin, Leute auszuquetschen. Eine regelrechte Obstpresse und dabei immer die Freundlichkeit selbst.
     
    Larissa lag mit geschlossenen Augen auf dem weichen Krankenbett. Ihr Kopf schmerzte kaum mehr. Sie versuchte, sich zu erinnern, was passiert war, bevor irgendetwas sie am Kopf getroffen hatte. Graue Schleier waberten durch ihr Hirn. Nichts fiel ihr ein. Je mehr sie darüber nachdachte, desto dichter wurden die Schleier. Aber es war da irgendwo, irgendwo in den Tiefen ihres Hirns steckte die Wahrheit. Sie hatte jemanden gesehen …
    »Larissa?«
    Sie öffnete die Augen und blickte zur Tür. Magda guckte durch den Türspalt.
    »Dürfen wir hereinkommen?«, fragte Magda und lächelte Larissa an.
    Larissa nickte müde. Also los, auf zur ersten Standpauke.
    »Keine Sorge, ich bin nicht hier, um dir Vorwürfe zu machen«, sagte Magda, während sie hereinkam und hinter sich und Xenia die Tür schloss. Als hätte sie Larissas Gedanken gelesen.
    »Die Strafe folgte sozusagen auf dem Fuße«, sagte Larissa.
    »Wie geht es dir?«, fragte Magda fürsorglich und strich ihr über den Kopf.
    »Besser. War ein ganz schöner Schlag. Aber die Kopfschmerzen sind fast weg.«
    Xenia zog zwei Stühle an das Bett und setzte sich. Magda ebenfalls.
    »Anděl ist ziemlich wütend auf mich, nicht wahr?«
    »Mhm.«
    »Und du?«
    »Ehrlich gesagt, war ich im ersten Moment auch ziemlich sauer. Du hattest versprochen, im Institut zu bleiben.«
    »Tut mir leid. Ich wollte... ich – glaubst du, ich bin schuld, dass Hora und Alena …«
    »Ich weiß es nicht, Larissa. Es war ja nicht Böswilligkeit, dass du Anděl nicht gleich alles erzählt hast. Lass es gut sein. Ist nicht mehr zu ändern.«
    Eine Weile saßen sie schweigend da, dann unterbrach Magda die Stille. »Anděl möchte wissen, was oder wen du bei Jay gesehen hast, Larissa.«
    »Na prächtig! Er spricht nicht mal mehr mit mir.«
    Magda lachte. »Hör auf, dich aufzuführen wie ein beleidigter Teenie, Larissa. Er sucht Markéta Kousalová. – Keine Sorge, unser hübscher Engel wird dir nicht bis in alle Ewigkeit böse sein.«
    Larissa spürte, wie sie rot wurde. Das war tatsächlich ihre größte Sorge gewesen.
    »Was ist passiert, Larissa?«, fragte Magda, nun wieder ernst.
    Larissa seufzte. »Wenn ich das nur wüsste!«, erwiderte sie irritiert. »Es ist, als hätte ich Nebel im Hirn.« Sie schwieg und versuchte, die Schleier, die ihre Erinnerung verdeckten, zu durchdringen. Es half nichts. Sie schüttelte den Kopf.
    »Na schön. Fangen wir am Anfang an. Du bist ins Sekretariat hinübergegangen, als meine Großmutter kam.«
    Larissa nickte. »Ich habe mir einen Kaffee gemacht«, sagte sie. Sie schloss die Augen. Vor sich sah sie den schmucklosen Raum der Sekretärin, den Tisch an der Wand, auf dem der Wasserkocher und der Kaffee neben einigen Tassen standen. »Ich habe nachgedacht. Über alles, was wir besprochen hatten. Und dann habe ich beschlossen, mit Jay zu reden.« Sie öffnete die Augen und sah Magda an. »Ich bin Reporterin, ich wollte …«
    »Du brauchst dich vor mir nicht zu rechtfertigen, Larissa. Was hast du dann getan?«
    »Ich habe einen Zettel für dich geschrieben, wo ich hingehe. Er liegt auf dem Tisch mit den Kaffeesachen. Und dann bin ich gegangen. Ich bin mit der Straßenbahn heimgefahren. Ich dachte, er sei vielleicht zu Hause. Ich habe versucht, ihn anzurufen, aber er hat nicht abgenommen. Ich bin nach oben gegangen … und dann – ich weiß es nicht mehr, Magda. Da ist etwas, aber ich komme nicht ran.« Sie zuckte mit den Schultern.
    »Hm. Versuchen wir es trotzdem. Du bist die Treppe hinaufgegangen. Mach die Augen zu und stell es dir vor.«
    Larissa schloss die Augen.
    »Gut«, sagte Magda mit ruhiger, leiser Stimme, »du bist an der Haustür, schließt sie auf. Du gehst zur Treppe …«
    »Ich gehe die Treppe hinauf«, begann Larissa langsam. Vor ihrem geistigen Auge sah sie das vertraute Treppenhaus, den hellgelben Putz an den Wänden, die tiefen Granitstufen der Treppe. »Ich gehe hinauf. Es ist niemand im Treppenhaus. Oben höre ich Stimmen aus Jays Wohnung. Ich sperre meine Tür auf, stelle meine Tasche in den Flur. Ich höre Jays Stimme. Noch eine Stimme, die einer Frau. Ich frage mich, ob es Xenia ist, die ihrem Mann eine Szene macht. Die Frau schreit ihn an, aber ich verstehe kein Wort. Ich stehe in meinem Flur, will die Tür zumachen, dann

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