Nasses Grab
aber da war noch etwas.«
»Ja?« Alter Mann – der Oberst? Wann hatte er das Haus verlassen? Sie hatten ihn nicht gehen sehen, dabei hatten sie das Haus kurz nach Magda betreten. Hatte er unter einem Vorwand Unterschlupf bei dieser Frau gefunden?
»… geklingelt, und jemand hat mir die Tür aufgemacht.«
»Entschuldigen Sie, Magda, was haben Sie eben gesagt? Wer hat geklingelt?«
»Ich sagte, ich habe geklingelt, und jemand machte mir die Tür auf. Nur, Honza kann es nicht gewesen sein. Und Larissa auch nicht. Und als ich im dritten Stock war, hörte ich eine Tür über mir ins Schloss fallen.«
»Über Ihnen? Sind Sie sicher?« Wer war dort oben gewesen? Verdammt, sie waren nicht in Larissas Wohnung gegangen. Hatte sich dort jemand versteckt?
»Ja, bin ich. Ich hörte jemanden unter mir nach unten gehen, und über mir fiel eine Tür ins Schloss.«
»Der alte Mann – wie sah er aus? Was genau machte er?«
»Ich habe ihn nur von hinten gesehen. Er trug ein graues Jackett, dunkle Hose. Ich glaube, er hatte graue Haare. Oder eine Glatze? Ich habe nicht so genau hingesehen, ich war in Gedanken. Hab nicht darauf geachtet. Er wirkte wie ein alter Mann. Und er sprach mit einer Frau, die in der Wohnung an der Tür stand. Als ich im ersten Stock war, hörte ich über mir eine Klingel. Das ist alles, woran ich mich erinnern kann.«
Magdas Beschreibung passte auf den Oberst – und auf hunderttausend andere alte Männer. Aber der Oberst war ins Haus gegangen, das wussten sie immerhin. Und die Tür oben?
»Haben Sie oben etwas gehört? Hinter der anderen Tür?«
»Nein. Aber ich habe auch nicht darauf geachtet. Ich bin gleich zu Jays Tür gelaufen. Man hat ihn ja von draußen schon dort liegen sehen.«
»Danke, Magda. Wir werden uns darum kümmern. Tun Sie mir einen Gefallen?«
»Gerne. Was brauchen Sie?«
»Ich weiß, es gehört nicht zu Ihrer Arbeit, aber könnten Sie wohl mit Larissa sprechen? Ich möchte wissen, was sie dort gemacht hat und was sie gesehen oder gehört hat. Wir suchen nach Markéta Kousalová. Aber vielleicht hat Larissa jemanden gesehen – dort oben.«
»Mache ich. Wir sind sowieso im Krankenhaus.«
»Wie geht es ihm?«
»So weit, so gut. Er schläft. Der Arzt ist zufrieden. Ich melde mich wieder. Ciao, David.«
»Danke, Magda. Ciao.«
Er klappte nachdenklich sein Handy zu. Wer war dort oben gewesen? Der Wind? Der Wind, das himmlische Kind. Kaum. Keine Brise wehte. Die Fenster im Treppenhaus waren geschlossen gewesen, ebenso wie die Fenster in Honza Krasnohorskýs Wohnung. Kein Luftzug, der eine Tür hätte zuschlagen können. Jemand war dort oben gewesen und hatte in Larissas Wohnung Zuflucht gesucht. Wer?
Nebeský sah Anděl fragend an. »Und?«
»Gib mir noch mal die Kamera, Nebeský.«
Nebeský reichte sie ihm. Anděl klappte den kleinen Bildschirm auf und schaltete sie ein. Langsam klickte er durch die Bilder, die Antonín Cajthaml geschossen hatte. Ja, da war sie, Markéta Kousalová. Sie war in das Haus gegangen. Die Reihenfolge stimmte. Nach der Kousalová war Larissa hineingegangen, dann der Oberst, schließlich Magda – abgesehen von den anderen Leuten, die das Haus auch noch betreten hatten. Um die kümmerten sich die Kollegen. Kein Foto, das jemanden beim Verlassen des Hauses gezeigt hätte. Sie waren alle dringeblieben. Die Straßenbahn – als sie über die Straße laufen wollten. Wie lange brauchte ein alter Mann, um aus dem Haus zu kommen und zu Fuß zu verschwinden? Ringsherum waren gerade Straßen, so weit das Auge reichte. Zwei bergauf, zwei bergab. Freie Sicht. Er hatte sich umgesehen, aber keinen alten Mann gesehen. Wo war der Oberst abgeblieben?
»Das Hühnchen, Nebeský!«, rief er plötzlich aus. »Verdammt – der Oberst muss in das Lokal geflitzt sein, als die Straßenbahn vorbeifuhr. Schick jemanden hin, mit Foto. Ich wette, er war dort.«
»Hm. Wäre möglich. Der Mann muss aber flink sein für sein Alter, wenn er das geschafft hat. War eng.«
Nebeský nahm sein Handy und veranlasste, worum Anděl ihn gebeten hatte. »Und die Kousalová? Die ist auch nicht rausgekommen«, sagte er dann nachdenklich.
»Wenn du mich fragst, war die Kousalová in Larissas Wohnung. Magda sagte gerade, sie habe eine Tür ins Schloss fallen hören. Die beiden da drüben sollen das Haus beobachten. Wenn die Kousalová kommt, sollen sie uns anrufen und sie nicht wieder weglassen. Wir fahren zurück zu Larissas Wohnung. Los.«
»Du glaubst doch nicht etwa, dass sie noch
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