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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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Ihnen ein paar Karten für mein nächstes Konzert in die Redaktion. Suchen Sie sich einen hübschen jungen Mann und kommen Sie, ja?«
    Larissa sah ihr nach, wie sie wie ein Filmstar über den großen Platz in Richtung Můstek stolzierte. Von hinten sah sie aus wie ein junges Mädchen. Und aus einiger Entfernung auch von vorn. Doch bei näherem Hinsehen saß auf einem schlanken, hochgereckten Hals über einem ebenso schlanken jugendlichen Körper ein seltsam altersloser Kopf, der wirkte, als sei er luftdicht in Frischhaltefolie verpackt. Vielleicht doch Botox, dachte Larissa. Oder ein Lifting.
    Larissa schwirrte der Kopf. Lída hatte einen Berg Tratsch hinterlassen – und die Rechnung. Eine echte Diva eben, dachte Larissa und lächelte. Dann überlegte sie, wie sie die Informationen, die sie soeben gehört hatte, doch noch zu einer Geschichte verarbeiten konnte, bestellte sich einen Kaffee, steckte ihr Diktiergerät in die Handtasche und nahm ihren Notizblock heraus.
    Auch wenn diese Dana Volná nicht die Mumie war, so war sie offenbar eine interessante Persönlichkeit gewesen. Die Schauspielerin hatte also in den Westen gewollt, wie auch immer sie zu ihrer Ausreisegenehmigung gekommen war. Ein interessanter Gedanke – wie war sie dazu gekommen? Und Lenka? Auch ein großes Fragezeichen. Und dann war da noch dieser Honza, den Lída erwähnt hatte, der an die verrücktesten Dinge herangekommen war. Honza – die Wald-und-Wiesen-Koseform von Jan. Kürzlich hatte sie eine Statistik gesehen, die besagte, dass mehr als sechshundertfünfzigtausend männliche Bürger des Landes mit Vornamen Jan hießen. Und sie kannte nicht mal seinen Nachnamen. Sie würde auf jeden Fall noch einmal mit Lída sprechen müssen.
    Larissa lenkte ihre Gedanken wieder zu Dana Volná. Die Schauspielerin hatte also eine Schwester gehabt. Möglicherweise konnte sie die irgendwo aufspüren. Wie häufig mochte der Nachname Volná sein? Aber Frauen heiraten – Gott weiß, wie die Schwester heute heißen mochte. Larissa schüttelte den Kopf. So ein Pech, dachte sie, was hätte das für eine Geschichte gegeben. Die Mumie eine tote Schauspielerin. Aber in ihre zynischen Gedanken mischte sich auch Mitgefühl. Dana Volná war voller Hoffnung in den Westen aufgebrochen, in die ersehnte Freiheit – bereit, alles zurückzulassen, nicht wissend, ob sie ihre Familie oder ihre Freunde je wiedersehen würde. Aber statt in New York auf dem Empire State Building war sie in einem traurigen Urnengrab auf einem Prager Friedhof gelandet. Sie hatte es nicht geschafft.
     
    Eigentlich schade, dass Dana Volná nicht die Mumie sein konnte, dachte Meda Cyanová, Inspektorin der Mordparta und ebenso hübsch wie ehrgeizig, während sie eine weitere Akte mit Ausreiseunterlagen auf die Seite legte. Das wäre vielleicht ein Knaller gewesen! Vermutlich war die arme Frau eine der heimlichen Prostituierten gewesen, die damals in den großen Hotels zugange gewesen waren. Das würde jedenfalls teilweise erklären, warum niemand sie vermisst gemeldet hatte. Wahrscheinlich würden sie nie auch nur ihren Namen erfahren, sosehr Otakar Nebeský das auch bestreiten mochte. Aber warum hätte sich jemand mit einer toten Prostituierten so viel Mühe geben sollen? Es gab einfachere Möglichkeiten, eine Leiche zu entsorgen.
    Meda schlug die nächste Akte auf.
     
    Ausreisegenehmigung.
    Name: Volná . Vorname: Dana . Geburtsdatum/-ort: 6.8.1945; Franzensbad
    Wohnort: Prag , Saská-Gasse 5 , Kleinseite . Beruf: Schauspielerin
    Reiseziel: Jugoslawien . Rovinj , Hotel Ambassador
    Grund der Reise: Urlaub
    Ausreisedatum: 7.8.1977 . Datum der Rückkehr: 21.8.1977
    Ausgereist am: ____________
    Datum der Wiedereinreise: ____________
     
    Sie starrte auf das Formular, las es noch einmal. Sie hatte tatsächlich Dana Volnás Ausreiseantrag vor sich. Meda stand auf und trug die Akte zu Anděls Schreibtisch.
    »Sieh dir das mal an«, sagte sie und legte das Blatt vor ihm hin.
    »Na bitte, damit wäre klar, dass Dana nicht unsere Leiche ist«, sagte Anděl, nachdem er die Zeilen nachlässig überflogen hatte.
    »Aber sie ist gar nicht ausgereist. Hier – siehst du?«
    Anděl sah sie verständnislos an.
    »Sie ist gar nicht in Jugoslawien ums Leben gekommen, denn sie ist überhaupt nicht ausgereist«, beharrte Meda und deutete auf die unausgefüllten Felder für das Ausreise- und Wiedereinreisedatum.

»Nun, dann ist sie eben auf dem Weg dorthin in diesen Unfall geraten. Vor der Grenze. Das ist zwar eine

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