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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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verdammten Leichenhalle.«
    Eine Leichenhalle in der Tat, dachte Larissa. Sie erinnerte sich an eine beliebte Fernsehserie, die ihre Eltern immer im deutschen Fernsehen angesehen hatten: Das Krankenhaus am Rande der Stadt . In diesem Fall wohl eher: Die Leichenhalle unter der Stadt . Aber in der Metro?
    »Wo ist die Mumie jetzt?« Steve Persson würde begeistert sein. Der Nachrichtenredakteur klagte immerzu, dass sie mit den aktuellen Nachrichten ständig mindestens eine Woche im Rückstand seien. Kein Wunder bei einer Wochenzeitung. Larissa lächelte bei dem Gedanken an die zu erwartende Freude ihres Chefs. Und der stellvertretende Chefredakteur würde vielleicht mit dem in Aussicht gestellten Vertrag für eine Festanstellung Ernst machen. Ihrem Konto konnte diese Mumie nur guttun.
    »Der Boss hat die Polizei angerufen. Den Kohout von der Mordparta , glaube ich. Immerhin handelte es sich ja um eine Leiche. Aber soviel ich mitgekriegt habe, wollte der nichts damit zu tun haben, als der Boss ihm von der Mumie erzählte. Für antiken Krempel seien sie nicht zuständig.« Robin lachte bitter. »Er hat den Boss an das Diebstahlsdezernat verwiesen, meinte, das Ding sei wohl irgendwo gestohlen worden.«
    »Genau«, sagte Larissa ironisch, »irgendjemand stiehlt eine Mumie und legt sie in der Metro ab.« Larissa erinnerte sich, was ihr ein Bekannter von der Polizei einmal über deren übliche Einstellung zur Arbeit erzählt hatte: Wenn ein Fall reinkommt, hatte er gesagt, gebe es zwei ungeschriebene Regeln.
    Erstens: unter den Teppich kehren. Sei das nicht möglich, käme Regel Nummer zwei zum Tragen: weiterreichen. Hauptsache, man sei den Fall los und habe seine Ruhe. Sie hatte das damals für einen Witz gehalten. Nun wusste sie es besser. Kohout hatte sich offenbar peinlich genau an diese Arbeitsvermeidungsstrategie gehalten.
    »So in etwa. Mehr weiß ich nicht. Ich muss nach Hause und eine Runde schlafen, hab heute Nacht wieder Dienst.« Robin stand auf. »Und vergiss nicht: Ich habe nichts gesagt.« Er kramte in seiner Hosentasche und legte ein paar Münzen auf den Tisch.
    »Warte. Warum hast du mir das dann überhaupt erzählt?«
    »Weil der Kohout das unter den Teppich kehren will. Es gibt schon genug schlechte Presse, da kann er keine antike Leiche brauchen – wenn sie denn antik ist, was ich ehrlich gesagt bezweifle, auch wenn sie ziemlich alt ausgesehen hat. Und außerdem ist der Typ ein fauler Sack. Dazu kommt noch, dass keiner von uns von einer Leichenhalle in der Metro wusste, auch der Boss nicht. Keine Ahnung, was zum Teufel die Dinger da unten zu suchen hatten. Warum glaubst du, hat Dlouhý nichts weiter erfahren?«
     
    »Frau Doktor, da hat jemand was für Sie abgegeben.«
    Xenia Bondy sah von den Papieren auf ihrem Schreibtisch auf. Sie war erst vor einer halben Stunde ins Büro gekommen und hatte sich an den Stapel Prüfungsarbeiten gesetzt, der auf ihrem Schreibtisch lag. Eine unerquickliche Angelegenheit, die nichtsdestotrotz erledigt werden musste. Und nun stand auch noch Marek Jelen, eine studentische Hilfskraft des Archäologischen Instituts, in der Tür. Egal, was er ihr zu berichten hatte, es würde nichts Angenehmes sein, da war sich
    Xenia sicher. Marek sprach wenig, und wenn, dann hatte er meist die eine oder andere Katastrophe zu melden. Sie atmete tief durch und wappnete sich so gut sie konnte.
    »Und wer genau hat was wann für mich abgegeben, Marek?«
    »Die Bullen. Eine Mumie. Gestern, glaub ich, oder war’s vorgestern? Na, jedenfalls weiß ich nicht, wohin damit.«
    Xenia stand auf und ging um ihren Schreibtisch herum zur Tür. Eine Mumie? Wohl kaum, dachte sie. Vermutlich könnte Marek eine Mumie nicht von einer Statue unterscheiden.
    »Eine Mumie, ja? Woher kommt das Ding?«, fragte sie.
    Marek deutete auf ein langes, in einen schwarzen Sack gehülltes Etwas, das auf einem alten Leiterwagen lag. Das schmale Ende des Bündels hing auf den Boden.
    »Keine Ahnung. Was soll ich damit machen?«
    »Guter Gott, Marek, das sieht ja aus wie ein Leichensack! Was ist da drin?«
    »Na,’ne Mumie, hab ich doch grade gesagt.«
    Nichts Gutes ahnend, ging Xenia zu dem schwarzen Bündel, bückte sich, öffnete vorsichtig den Sack am oberen Ende und spähte hinein. Ein widerlicher Gestank nach abgestandenem Brackwasser und Verwesung schlug ihr entgegen. Schmutzige, feuchte Stoffbahnen bedeckten eine menschliche Gestalt. Sie zog den Reißverschluss schnell wieder zu. Marek war an ihrer Tür stehen

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