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Natascha

Natascha

Titel: Natascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sumpf, wo sie schnell versanken. Vorher aber zog er ihnen die Stiefel aus, untersuchte ihre Uniformtaschen, nahm die Brotbeutel mit und reihte sie an einem Lederriemen auf, den er sich um den Hals hing. Er nahm die Ringe und Uhren, die Brieftaschen und das Geld mit, und dann trottete er weiter, bepackt wie ein Lastkamel.
    Fast zweihundert Meter seitlich von ihm sah er plötzlich eine Bewegung im Schilf. Er blieb stehen, schob seine Beute auf den Rücken, hob die Maschinenpistole und kniete sich hinter einen Busch. Ein Mensch kam heran … noch konnte er ihn nicht erkennen. Als er hundert Meter heran war, legte Luka seine Brotbeutel auf die Erde, erhob sich und brüllte mit seiner mächtigen Stimme:
    »Stoij!«
    Im Schilf blieb der Mensch stehen. Dann hörte Luka ein helles Lachen und eine Hand winkte ihm zu.
    »Luka! Komm her – ich suche dich –«
    »Natascha!« schrie Luka. Er hüpfte in die Luft wie ein Floh, warf seine Maschinenpistole hoch und fing sie wieder auf … dann rannte er, das Schilf vor sich niederstampfend, auf Natascha zu, mit ausgebreiteten Armen und grölend aufgerissenem Mund.
    »Täubchen!« brüllte er. »Du lebst! Du lebst! Ich werde – wenn es Frieden ist – dem Popen zehn große Kerzen opfern! Das werde ich! Und wenn mich alle scheel ansehen in der Partei! Die Augen schlage ich ihnen aus, wenn sie's tun! Nataschaska! Mein Täubchen –«
    Er umarmte sie, als er sie erreicht hatte, hob sie hoch in die Luft und tanzte mit ihr durch den Sumpf. Natascha lachte, hielt sich in seinen Haaren fest und schloß die Augen, weil sie schwindelig wurde, so wirbelte sie Luka herum.
    »Verrückt bist du!« keuchte sie. »Laß mich los! Du schleuderst mir das Blut aus den Ohren und aus dem Mund! Luka! Luka!«
    Dann stand sie wieder auf dem Boden, und Luka zerwühlte sich Bart und Haare und riß an ihnen, so freute er sich, und konnte es nicht anders zeigen, als an sich selbst zu reißen.
    »Wo warst du, Täubchen?« fragte er, als er wieder sprechen konnte, ohne gleichzeitig zu heulen.
    Nataschas Augen wurden dunkel. »Komm mit …«, sagte sie plötzlich hart. »Zeigen muß ich dir etwas …«
    Sie ging ihm voraus, schmal, klein, ein zierliches Menschlein in langen, faltigen Juchtenstiefelchen, engen Militärhosen und einer weiten, erdbraunen Bluse mit einem alten, abgeschabten Gürtel um die Taille. Vor einem kleinen Waldstück mitten im Sumpf blieb sie stehen und sah sich nach Luka um. Ihr schmales Gesicht war etwas ängstlich. Kritisch blickte sie Luka an.
    »Du wirst mich nicht verstehen«, sagte sie leise. »Aber es macht nichts. Nur schweigen sollst du …«
    »Ich kann's, Täubchen.«
    Sie winkte mit dem Kopf, ging wieder voran, bog die Zweige der Büsche am Waldrand auseinander und kroch dann auf Händen und Füßen in das verfilzte Dickicht hinein. Auf einem schmalen, unbewachsenen Fleckchen Erde lag auf dem Rücken ein anderer Mensch. Er schlief, röchelte beim Atmen, und ein Zucken flog ab und zu durch den ganzen Körper. Sein Oberkörper war entblößt und eine große Wunde notdürftig verbunden. Der Mull war durchblutet und lag als großer roter Fleck auf dem nackten Fleisch. Der zerrissene Uniformrock war zusammengerollt und lag als Kopfkissen unter dem Kopf. Zwei silberne Schulterstücke blitzten Luka entgegen, als er neben Natascha durch das Dickicht gekrochen war.
    »Ein deutscher Offizier –«, sagte er. Man sah's ihm an, daß er nichts mehr verstand.
    »Er heißt Klaus Gebhardt. Klaus – ist das nicht ein schöner Name, Luka?« Natascha setzte sich neben Gebhardt und wischte ihm fast zärtlich mit der Hand über die heiße Stirn. »Fieber hat er … man sollte ihm ein paar Tabletten geben. Hast du welche bei dir?«
    »Eine Faust habe ich. Damit werde ich ihm den Schädel einschlagen!« sagte Luka dumpf. Er richtete sich auf die Knie auf und starrte in das blasse Gesicht Gebhardts. Als er näher kommen wollte, fühlte er einen Stoß gegen seine Brust. Natascha stieß mit dem Kolben der Maschinenpistole nach ihm.
    »Bleib!« zischte sie.
    »Du bist verrückt, Töchterchen …«, stammelte Luka. In seine Augen trat der Ausdruck völliger kindlicher Ungläubigkeit. »Ein deutscher Offizier! Man muß ihn umbringen! Es geht nicht anders! Krieg ist doch … und Fedja hat man erschlagen wie einen räudigen Fuchs … und Fedjas Kind hat man dir genommen … und Mamaschka –«
    »Sieht er nicht aus wie Fedja …?« sagte Natascha leise. Luka hielt den Atem an. Wirklich, sie hat's im Kopf,

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