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Nathalie küsst

Nathalie küsst

Titel: Nathalie küsst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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dafür, solche Sätze auszusprechen. Dieses Geschick hindert andere Menschen daran, ihnen etwas auszuschlagen. Nathalie spürte, dass in Markus’ Stimme all seine Überzeugung steckte. Ihr war klar, dass es ein Fehler sein würde, auf ihn einzugehen. Sie wusste, sie musste sich jetztzurückziehen, sonst würde es zu spät sein. Aber sie konnte ihm unmöglich ihr Nein so direkt ins Gesicht sagen. Und außerdem war ihr doch so kalt.

 
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    Erläuternde Informationen die Akte 114 betreffend
    Vergleichende, sich über den Zeitraum von November 1967 bis Oktober 1974 erstreckende Studie zur Regulierung des Außenhandelsausgleichs zwischen Frankreich und Schweden in ländlichen Gebieten.

 
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    Markus war noch einmal nach Hause gefahren, wo er seinen Kleiderschrank umkreiste. Was zog man an, wenn man mit Nathalie essen ging? Er wollte sich als eins a Gentleman präsentieren. Schon diese Zahl erschien ihm für sie zu klein. Er wollte mindestens ein 47 a Gentleman sein, oder ein 112 a, oder gar ein 387 a. Er berauschte sich an den Zahlen, um die wichtigen Fragen zu vergessen. Sollte er eine Krawatte tragen? Er hatte niemanden, der ihm half. War ganz allein aufeiner Welt, die nur aus Nathalie bestand. Für gewöhnlich war er sich seiner bekleidungstechnischen Vorlieben recht sicher, doch hier verlor er in jeglicher Hinsicht den Boden unter den Füßen, bis er sich auch noch fragte, welche Schuhe er tragen sollte. Wahrlich, er war es nicht gewohnt, abends auszugehen. Außerdem war das ja eine heikle Angelegenheit; Nathalie war zugleich seine Vorgesetzte, das erhöhte den Druck. Endlich besann er sich, dachte, dass es nicht hauptsächlich auf das Äußere ankäme, und entspannte sich. Vorrangig müsse er sich locker geben und eine ungezwungene Unterhaltung über diverse Themen einfädeln. Und er durfte nicht über die Arbeit reden. Absolutes Redeverbot, was die Akte 114 anging. Verhindern, dass der Nachmittag auf den Abend abfärbte. Aber worüber sollten sie dann reden? Man verändert sich doch nicht mit dem sich verändernden Dekor. Wie zwei Fleischer auf einem Vegetarierkongress würden sie dasitzen. Nein, das war ja absurd. Vielleicht sollte er am besten absagen. Es war noch Zeit. Ein Fall von höherer Gewalt. Ja, Nathalie, es tut mir leid. Ich wäre wirklich gern mit Ihnen essen gegangen, das wissen Sie ja, aber nun gut, es ist so, dass heute Mama gestorben ist. O nein, das war nicht gut, viel zu heftig. Und das klang zu sehr nach Camus, um eine Verabredung abzublasen, taugt Camus nicht. Da ist Sartre schon besser. Ich kann heute Abend nicht kommen, die Hölle, das sind die andern, Sie verstehen. Eine Prise Existenzialismus in der Stimme, das würde sich gut machen. Als er seine Gedanken so schweifen ließ, fiel ihm ein, dass sie bestimmt auch nach Ausflüchten suchte, um im letzten Moment absagen zu können. Aber bis jetzt hatte sie sich noch nicht gemeldet.Ihr Rendezvous war in einer Stunde. Sicher, dass sie gerade nach einem Verhinderungsgrund suchte. Oder vielleicht hatte sie auch ein Problem mit dem Akku ihres Telefons, weswegen sie ihm nicht Bescheid geben konnte, dass ihr etwas dazwischengekommen war. Er spann die Fäden eine Weile so weiter, und als er nichts von Nathalie hörte, machte er sich auf, mit dem Gefühl, dass er eine Weltraummission zu erfüllen hatte.

 
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    Er hatte ein italienisches Restaurant bei ihr in der Nähe gewählt. Dass sie mit ihm essen ging, war schon ziemlich nett von ihr, also wollte er sie nicht auch noch nötigen, durch die ganze Stadt zu fahren. Er war zu früh dran und bestellte sich daher im Bistro gegenüber zwei Wodka. In der Hoffnung, daraus Mut und auch ein wenig Trunkenheit zu schöpfen. Der Alkohol zeitigte allerdings keinerlei Wirkung, und so setzte er sich rüber ins Restaurant. Das heißt, als er zur vereinbarten Zeit Nathalie erblickte, war er bei völlig klarem Verstand. Ein Glück, dass ich nicht angesäuselt bin, war augenblicklich sein Gedanke. Die Freude über ihr Erscheinen mit einem Schwips zu trüben, das hätte er nicht gewollt. Sie kam auf ihn zu … Sie war so schön … so schön, dass es überall diese drei Pünktchen setzt … Des Weiteren dachte er sich, dass er sie ja noch nie am Abend gesehen hatte. Es erstaunte ihn beinahe, dasssie zu dieser Stunde überhaupt existieren konnte. Er hatte offenbar gedacht, dass man die Schönheit nachts in einer Kiste verräumt. Das stimmte wahrscheinlich nicht, denn nun war sie da. Und stand vor ihm.
    Er stand auf, um

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