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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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- Komm vor itzt nur mit

    In meinen Haram, eine Sängerin

    Zu hören, die ich gestern erst gekauft.

    Es reift indes bei mir vielleicht ein Anschlag,

    Den ich auf diesen Nathan habe. - Komm!

    VIERTER
    AUFTRITT

    (Szene: vor dem Hause des Nathan, wo es an die Palmen stößt.) Recha und Nathan kommen heraus. Zu ihnen Daja.

    RECHA.
    Ihr habt Euch sehr verweilt, mein Vater. Er

    Wird kaum noch mehr zu treffen sein.
    NATHAN. Nun,
    nun;

    Wenn hier, hier untern Palmen schon nicht mehr:

    Doch anderwärts. - Sei itzt nur ruhig. - Sieh!

    Kömmt dort nicht Daja auf uns zu?
    RECHA. Sie
    wird

    Ihn ganz gewiß verloren haben.
    NATHAN. Auch
    Wohl
    nicht.
    RECHA.
    Sie würde sonst geschwinder kommen.
    NATHAN.
    Sie hat uns wohl noch nicht gesehn …
    RECHA. Nun
    sieht
    Sie
    uns.
    NATHAN.
    Und doppelt ihre Schritte. Sieh! -

    Sei doch nur ruhig! ruhig!
    RECHA. Wolltet
    Ihr

    Wohl eine Tochter, die hier ruhig wäre?

    Sich unbekümmert ließe, wessen Wohltat

    Ihr Leben sei? Ihr Leben, - das ihr nur

    33

    So lieb, weil sie es Euch zuerst verdanket.
    NATHAN.
    Ich möchte dich nicht anders, als du bist:

    Auch wenn ich wüßte, daß in deiner Seele
    Ganz
    etwas
    anders noch sich rege.
    RECHA. Was,
    Mein
    Vater?
    NATHAN.
    Fragst du mich? so schüchtern mich?

    Was auch in deinem Innern vorgeht, ist

    Natur und Unschuld. Laß es keine Sorge

    Dir machen. Mir, mir macht es keine. Nur

    Versprich mir: wenn dein Herz vernehmlicher

    Sich einst erklärt, mir seiner Wünsche keinen
    Zu
    bergen.
    RECHA.
    Schon die Möglichkeit, mein Herz

    Euch lieber zu verhüllen, macht mich zittern.
    NATHAN.
    Nichts mehr hiervon! Das ein für allemal

    Ist abgetan. - Da ist ja Daja. - Nun?
    DAJA.
    Noch wandelt er hier untern Palmen; und

    Wird gleich um jene Mauer kommen. - Seht,

    Da kömmt er!
    RECHA.
    Ah! und scheinet unentschlossen,

    Wohin? ob weiter? ob hinab? ob rechts?
    Ob
    links?
    DAJA.
    Nein, nein; er macht den Weg ums Kloster

    Gewiß noch öfter; und dann muß er hier

    Vorbei. - Was gilt’s?
    RECHA.
    Recht! recht! - Hast du ihn schon

    Gesprochen? Und wie ist er heut?
    DAJA. Wie
    immer.
    NATHAN.
    So macht nur, daß er Euch hier nicht gewahr

    Wird. Tretet mehr zurück. Geht lieber ganz
    Hinein.
    RECHA.
    Nur einen Blick noch! - Ah! die Hecke,

    Die mir ihn stiehlt.
    DAJA.
    Kommt! kommt! Der Vater hat

    Ganz recht. Ihr lauft Gefahr, wenn er Euch sieht,

    Daß auf der Stell’ er umkehrt.
    RECHA. Ah!
    die
    Hecke!
    NATHAN.

    Und kömmt er plötzlich dort aus ihr hervor:

    So kann er anders nicht, er muß Euch sehen.

    Drum geht doch nur!
    DAJA.
    Kommt! kommt! Ich weiß ein Fenster,

    Aus dem wir sie bemerken können.
    RECHA. Ja?
    (Beide
    hinein.)

    34

    FÜNFTER
    AUFTRITT

    Nathan und bald darauf der Tempelherr.

    NATHAN.
    Fast scheu ich mich des Sonderlings. Fast macht

    Mich seine rauhe Tugend stutzen. Daß

    Ein Mensch doch einen Menschen so verlegen

    Soll machen können! - Ha! er kömmt. - Bei Gott!

    Ein Jüngling wie ein Mann. Ich mag ihn wohl

    Den guten, trotz’gen Blick! den prallen Gang!

    Die Schale kann nur bitter sein: der Kern

    Ist’s sicher nicht. - Wo sah ich doch dergleichen? -

    Verzeihet, edler Franke …
    TEMPELHERR. Was?
    NATHAN. Erlaubt
    …
    TEMPELHERR.
    Was, Jude? was?
    NATHAN.
    Daß ich mich untersteh,
    Euch
    anzureden.
    TEMPELHERR.
    Kann ich’s wehren? Doch
    Nur
    kurz.
    NATHAN.
    Verzieht, und eilet nicht so stolz,

    Nicht so verächtlich einem Mann vorüber,

    Den Ihr auf ewig Euch verbunden habt.
    TEMPELHERR.
    Wie das? - Ah, fast errat ich’s. Nicht? Ihr seid …
    NATHAN.
    Ich heiße Nathan; bin des Mädchens Vater,

    Das Eure Großmut aus dem Feu’r gerettet;

    Und komme …
    TEMPELHERR.
    Wenn zu danken: - spart’s! Ich hab

    Um diese Kleinigkeit des Dankes schon

    Zu viel erdulden müssen. - Vollends Ihr,

    Ihr seid mir gar nichts schuldig. Wußt’ ich denn,

    Daß dieses Mädchen Eure Tochter war?

    Es ist der Tempelherren Pflicht, dem ersten

    Dem besten beizuspringen, dessen Not

    Sie sehn. Mein Leben war mir ohnedem

    In diesem Augenblicke lästig. Gern,

    Sehr gern ergriff ich die Gelegenheit,

    Es für ein andres Leben in die Schanze

    Zu schlagen: für ein andres - wenn’s auch nur

    Das Leben einer Jüdin wäre.
    NATHAN. Groß!

    Groß und abscheulich! - Doch die Wendung läßt

    Sich denken. Die bescheidne Größe flüchtet

    Sich hinter das Abscheuliche, um der

    Bewundrung auszuweichen. - Aber wenn

    Sie so das Opfer der Bewunderung

    Verschmäht: was für ein Opfer denn

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