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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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hätte?
    NATHAN. Wahrlich?
    TEMPELHERR.
    Ich heiße selber ja nach meinem Vater: Curd
    Ist
    Conrad.
    NATHAN.
    Nun - so war mein Conrad doch

    Nicht Euer Vater. Denn mein Conrad war,

    Was Ihr; war Tempelherr; war nie vermählt.
    TEMPELHERR. O
    darum!
    NATHAN. Wie?
    TEMPELHERR.
    O darum könnt’ er doch

    Mein Vater wohl gewesen sein.
    NATHAN. Ihr
    scherzt.
    TEMPELHERR.
    Und Ihr nehmt’s wahrlich zu genau! - Was wär’s

    Denn nun? So was von Bastard oder Bankert!

    Der Schlag ist auch nicht zu verachten. - Doch

    Entlaßt mich immer meiner Ahnenprobe.

    Ich will Euch Eurer wiederum entlassen.

    Nicht zwar, als ob ich den geringsten Zweifel

    In Euern Stammbaum setzte. Gott behüte!

    Ihr könnt ihn Blatt vor Blatt bis Abraham

    Hinauf belegen. Und von da so weiter,

    Weiß ich ihn selbst; will ich ihn selbst beschwören.
    NATHAN.
    Ihr werdet bitter. - Doch verdien ich’s? - Schlug

    Ich denn Euch schon was ab? - Ich will Euch ja

    Nur bei dem Worte nicht den Augenblick

    So fassen. - Weiter nichts.
    TEMPELHERR.
    Gewiß? - Nichts weiter?

    O so vergebt! …

    62
    NATHAN.
    Nun kommt nur, kommt!
    TEMPELHERR. Wohin?

    Nein! - Mit in Euer Haus? - Das nicht! das nicht! -

    Da brennt’s! - Ich will Euch hier erwarten. Geht! -

    Soll ich sie wiedersehn: so seh ich sie

    Noch oft genug. Wo nicht: so sah ich sie

    Schon viel zu viel …
    NATHAN.
    Ich will mich möglichst eilen.

    ZEHNTER
    AUFTRITT

    Der Tempelherr und bald darauf Daja.

    TEMPELHERR.
    Schon mehr als g’nug! - Des Menschen Hirn faßt so

    Unendlich viel; und ist doch manchmal auch

    So plötzlich voll! von einer Kleinigkeit

    So plötzlich voll! - Taugt nichts, taugt nichts; es sei Auch voll wovon es will. - Doch nur Geduld!

    Die Seele wirkt den aufgedunsnen Stoff

    Bald ineinander, schafft sich Raum, und Licht

    Und Ordnung kommen wieder. - Lieb ich denn

    Zum ersten Male? - Oder war, was ich

    Als Liebe kenne, Liebe nicht? - Ist Liebe

    Nur was ich itzt empfinde? …
    DAJA.
    (die sich von der Seite herbeigeschlichen)
    Ritter!
    Ritter!
    TEMPELHERR.
    Wer ruft? - Ha, Daja, Ihr?
    DAJA.
    Ich habe mich
    Bei
    ihm
    vorbeigeschlichen. Aber noch

    Könnt’ er uns sehn, wo Ihr da steht. - Drum kommt

    Doch näher zu mir, hinter diesen Baum.
    TEMPELHERR.
    Was gibt’s denn? - So geheimnisvoll? - Was ist’s?
    DAJA.
    Ja wohl betrifft es ein Geheimnis, was

    Mich zu Euch bringt; und zwar ein doppeltes.

    Das eine weiß nur ich, das andre wißt

    Nur Ihr. - Wie wär’ es, wenn wir tauschten?

    Vertraut mir Euers: so vertrau ich Euch
    Das
    meine.
    TEMPELHERR.
    Mit Vergnügen. - Wenn ich nur

    Erst weiß, was Ihr für meines achtet. Doch

    Das wird aus Euerm wohl erhellen. - Fangt

    Nur immer an.
    DAJA.
    Ei denkt doch! - Nein, Herr Ritter:

    Erst Ihr; ich folge. - Denn versichert, mein

    Geheimnis kann Euch gar nichts nutzen, wenn

    Ich nicht zuvor das Eure habe. - Nur

    Geschwind! - Denn frag ich’s Euch erst ab: so habt

    63
    Ihr
    nichts
    vertrauet. Mein Geheimnis dann

    Bleibt mein Geheimnis; und das Eure seid

    Ihr los. - Doch armer Ritter! - Daß Ihr Männer

    Ein solch Geheimnis vor uns Weibern haben

    Zu können, auch nur glaubt!
    TEMPELHERR.
    Das wir zu haben

    Oft selbst nicht wissen.
    DAJA.
    Kann wohl sein. Drum muß

    Ich freilich erst, Euch selbst damit bekannt

    Zu machen, schon die Freundschaft haben. - Sagt:

    Was hieß denn das, daß Ihr so Knall und Fall

    Euch aus dem Staube machtet? daß Ihr uns

    So sitzenließet? - daß Ihr nun mit Nathan

    Nicht wiederkommt? - Hat Recha denn so wenig

    Auf Euch gewirkt? wie? oder auch, so viel? -

    So viel! so viel! - Lehrt Ihr des armen Vogels,

    Der an der Rute klebt, Geflattre mich

    Doch kennen! - Kurz: gesteht es mir nur gleich,

    Daß Ihr sie liebt, liebt bis zum Unsinn; und

    Ich sag Euch was …
    TEMPELHERR.
    Zum Unsinn? Wahrlich; Ihr

    Versteht Euch trefflich drauf.
    DAJA.
    Nun gebt mir nur

    Die Liebe zu; den Unsinn will ich Euch
    Erlassen.
    TEMPELHERR.
    Weil er sich von selbst versteht? -

    Ein Tempelherr ein Judenmädchen lieben! …
    DAJA. Scheint
    freilich
    wenig
    Sinn zu haben. - Doch

    Zuweilen ist des Sinns in einer Sache

    Auch mehr, als wir vermuten; und es wäre

    So unerhört doch nicht, daß uns der Heiland

    Auf Wegen zu sich zöge, die der Kluge

    Von selbst nicht leicht betreten würde.
    TEMPELHERR. Das

    So feierlich? - (Und setz ich statt des Heilands

    Die Vorsicht: hat sie denn nicht recht? -) Ihr macht

    Mich neubegieriger, als ich wohl sonst

    Zu sein gewohnt bin.
    DAJA.
    Oh! das

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