Nathan der Weise
ist das Land
Der
Wunder!
TEMPELHERR.
(Nun! - des Wunderbaren. Kann
Es auch wohl anders sein? Die ganze Welt
Drängt sich ja hier zusammen.) - Liebe Daja,
Nehmt für gestanden an, was Ihr verlangt:
Daß ich sie liebe, daß ich nicht begreife,
Wie ohne sie ich leben werde; daß …
DAJA.
Gewiß? gewiß? - So schwört mir, Ritter, sie
Zur Eurigen zu machen; sie zu retten:
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Sie zeitlich hier, sie ewig dort zu retten.
TEMPELHERR.
Und wie? - Wie kann ich? - Kann ich schwören, was
In meiner Macht nicht steht?
DAJA. In
Eurer
Macht
Steht es. Ich bring es durch ein einzig Wort
In Eure Macht.
TEMPELHERR.
Daß selbst der Vater nichts
Dawider
hätte?
DAJA.
Ei, was Vater! Vater!
Der Vater soll schon müssen.
TEMPELHERR. Müssen,
Daja?
-
Noch ist er unter Räuber nicht gefallen. -
Er muß nicht müssen.
DAJA.
Nun, so muß er wollen;
Muß gern am Ende wollen.
TEMPELHERR.
Muß und gern! -
Doch, Daja, wenn ich Euch nun sage, daß
Ich selber diese Sait’ ihm anzuschlagen
Bereits
versucht?
DAJA.
Was? und er fiel nicht ein?
TEMPELHERR.
Er fiel mit einem Mißlaut ein, der mich -
Beleidigte.
DAJA.
Was sagt Ihr? - Wie? Ihr hättet
Den Schatten eines Wunsches nur nach Recha
Ihm blicken lassen: und er wär’ vor Freuden
Nicht aufgesprungen? hätte frostig sich
Zurückgezogen?
hätte Schwierigkeiten
Gemacht?
TEMPELHERR. So
ungefähr.
DAJA.
So will ich denn
Mich länger keinen Augenblick bedenken -
(Pause.)
TEMPELHERR.
Und Ihr bedenkt Euch doch?
DAJA.
Der Mann ist sonst
So gut! - Ich selber bin so viel ihm schuldig! -
Daß er doch gar nicht hören will! - Gott weiß,
Das Herze blutet mir, ihn so zu zwingen.
TEMPELHERR.
Ich bitt Euch, Daja, setzt mich kurz und gut
Aus dieser Ungewißheit. Seid Ihr aber
Noch selber ungewiß; ob, was Ihr vorhabt,
Gut oder böse, schändlich oder löblich
Zu nennen: - schweigt! - Ich will vergessen, daß
Ihr etwas zu verschweigen habt.
DAJA. Das
spornt,
Anstatt zu halten. Nun; so wißt denn: Recha
Ist keine Jüdin, ist - ist eine Christin.
TEMPELHERR. (kalt)
So? Wünsch Euch Glück! Hat’s schwer gehalten? Laßt
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Euch nicht die Wehen schrecken! Fahret ja
Mit Eifer fort, den Himmel zu bevölkern:
Wenn Ihr die Erde nicht mehr könnt!
DAJA. Wie,
Ritter?
Verdienet meine Nachricht diesen Spott?
Daß Recha eine Christin ist: das freuet
Euch, einen Christen, einen Tempelherrn,
Der Ihr sie liebt, nicht mehr?
TEMPELHERR. Besonders,
da
Sie eine Christin ist von Eurer Mache.
DAJA.
Ah! so versteht Ihr’s? So mag’s gelten! - Nein!
Den will ich sehn, der die bekehren soll!
Ihr Glück ist, längst zu sein, was sie zu werden
Verdorben
ist.
TEMPELHERR.
Erklärt Euch, oder - geht!
DAJA.
Sie ist ein Christenkind, von Christeneltern
Geboren; ist getauft …
TEMPELHERR.
(hastig) Und Nathan?
DAJA. Nicht
Ihr
Vater!
TEMPELHERR.
Nathan nicht ihr Vater? - Wißt
Ihr, was Ihr sagt?
DAJA.
Die Wahrheit, die so oft
Mich blut’ge Tränen weinen machen. - Nein,
Er ist ihr Vater nicht …
TEMPELHERR.
Und hätte sie
Als seine Tochter nur erzogen? hätte
Das Christenkind als eine Jüdin sich
Erzogen?
DAJA. Ganz
gewiß.
TEMPELHERR.
Sie wüßte nicht,
Was sie geboren sei? - Sie hätt’ es nie
Von ihm erfahren, daß sie eine Christin
Geboren sei, und keine Jüdin?
DAJA. Nie!
TEMPELHERR.
Er hätt’ in diesem Wahne nicht das Kind
Bloß auferzogen? ließ das Mädchen noch
In diesem Wahne?
DAJA. Leider!
TEMPELHERR.
Nathan - Wie? -
Der weise gute Nathan hätte sich
Erlaubt, die Stimme der Natur so zu
Verfälschen? - Die Ergießung eines Herzens
So zu verlenken, die, sich selbst gelassen,
Ganz andre Wege nehmen würde? - Daja,
Ihr habt mir allerdings etwas vertraut -
Von Wichtigkeit, - was Folgen haben kann, -
Was mich verwirrt, - worauf ich gleich nicht weiß,
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Was mir zu tun. - Drum laßt mir Zeit. - Drum geht!
Er kömmt hier wiederum vorbei. Er möcht’
Uns überfallen. Geht!
DAJA.
Ich wär’ des Todes!
TEMPELHERR.
Ich bin ihn itzt zu sprechen ganz und gar
Nicht fähig. Wenn Ihr ihm begegnet, sagt
Ihm nur, daß wir einander bei dem Sultan
Schon finden würden.
DAJA.
Aber laßt Euch ja
Nichts merken gegen ihn. - Das soll nur so
Den letzten Druck dem Dinge geben; soll
Euch, Rechas wegen, alle Skrupel nur
Benehmen! - Wenn Ihr aber dann sie nach
Europa führt: so laßt Ihr doch mich
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