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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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ist das Land
    Der
    Wunder!
    TEMPELHERR.
    (Nun! - des Wunderbaren. Kann

    Es auch wohl anders sein? Die ganze Welt

    Drängt sich ja hier zusammen.) - Liebe Daja,

    Nehmt für gestanden an, was Ihr verlangt:

    Daß ich sie liebe, daß ich nicht begreife,

    Wie ohne sie ich leben werde; daß …
    DAJA.
    Gewiß? gewiß? - So schwört mir, Ritter, sie

    Zur Eurigen zu machen; sie zu retten:

    64

    Sie zeitlich hier, sie ewig dort zu retten.
    TEMPELHERR.
    Und wie? - Wie kann ich? - Kann ich schwören, was

    In meiner Macht nicht steht?
    DAJA. In
    Eurer
    Macht

    Steht es. Ich bring es durch ein einzig Wort

    In Eure Macht.
    TEMPELHERR.
    Daß selbst der Vater nichts
    Dawider
    hätte?
    DAJA.
    Ei, was Vater! Vater!

    Der Vater soll schon müssen.
    TEMPELHERR. Müssen,
    Daja?
    -

    Noch ist er unter Räuber nicht gefallen. -

    Er muß nicht müssen.
    DAJA.
    Nun, so muß er wollen;

    Muß gern am Ende wollen.
    TEMPELHERR.
    Muß und gern! -

    Doch, Daja, wenn ich Euch nun sage, daß

    Ich selber diese Sait’ ihm anzuschlagen
    Bereits
    versucht?
    DAJA.
    Was? und er fiel nicht ein?
    TEMPELHERR.
    Er fiel mit einem Mißlaut ein, der mich -
    Beleidigte.
    DAJA.
    Was sagt Ihr? - Wie? Ihr hättet

    Den Schatten eines Wunsches nur nach Recha

    Ihm blicken lassen: und er wär’ vor Freuden

    Nicht aufgesprungen? hätte frostig sich
    Zurückgezogen?
    hätte Schwierigkeiten
    Gemacht?
    TEMPELHERR. So
    ungefähr.
    DAJA.
    So will ich denn

    Mich länger keinen Augenblick bedenken -
    (Pause.)
    TEMPELHERR.
    Und Ihr bedenkt Euch doch?
    DAJA.
    Der Mann ist sonst

    So gut! - Ich selber bin so viel ihm schuldig! -

    Daß er doch gar nicht hören will! - Gott weiß,

    Das Herze blutet mir, ihn so zu zwingen.
    TEMPELHERR.
    Ich bitt Euch, Daja, setzt mich kurz und gut

    Aus dieser Ungewißheit. Seid Ihr aber

    Noch selber ungewiß; ob, was Ihr vorhabt,

    Gut oder böse, schändlich oder löblich

    Zu nennen: - schweigt! - Ich will vergessen, daß

    Ihr etwas zu verschweigen habt.
    DAJA. Das
    spornt,

    Anstatt zu halten. Nun; so wißt denn: Recha

    Ist keine Jüdin, ist - ist eine Christin.
    TEMPELHERR. (kalt)

    So? Wünsch Euch Glück! Hat’s schwer gehalten? Laßt

    65

    Euch nicht die Wehen schrecken! Fahret ja

    Mit Eifer fort, den Himmel zu bevölkern:

    Wenn Ihr die Erde nicht mehr könnt!
    DAJA. Wie,
    Ritter?

    Verdienet meine Nachricht diesen Spott?

    Daß Recha eine Christin ist: das freuet

    Euch, einen Christen, einen Tempelherrn,

    Der Ihr sie liebt, nicht mehr?
    TEMPELHERR. Besonders,
    da

    Sie eine Christin ist von Eurer Mache.
    DAJA.
    Ah! so versteht Ihr’s? So mag’s gelten! - Nein!

    Den will ich sehn, der die bekehren soll!

    Ihr Glück ist, längst zu sein, was sie zu werden
    Verdorben
    ist.
    TEMPELHERR.
    Erklärt Euch, oder - geht!
    DAJA.
    Sie ist ein Christenkind, von Christeneltern

    Geboren; ist getauft …
    TEMPELHERR.
    (hastig) Und Nathan?
    DAJA. Nicht
    Ihr
    Vater!
    TEMPELHERR.
    Nathan nicht ihr Vater? - Wißt

    Ihr, was Ihr sagt?
    DAJA.
    Die Wahrheit, die so oft

    Mich blut’ge Tränen weinen machen. - Nein,

    Er ist ihr Vater nicht …
    TEMPELHERR.
    Und hätte sie

    Als seine Tochter nur erzogen? hätte

    Das Christenkind als eine Jüdin sich
    Erzogen?
    DAJA. Ganz
    gewiß.
    TEMPELHERR.
    Sie wüßte nicht,

    Was sie geboren sei? - Sie hätt’ es nie

    Von ihm erfahren, daß sie eine Christin

    Geboren sei, und keine Jüdin?
    DAJA. Nie!
    TEMPELHERR.
    Er hätt’ in diesem Wahne nicht das Kind

    Bloß auferzogen? ließ das Mädchen noch

    In diesem Wahne?
    DAJA. Leider!
    TEMPELHERR.
    Nathan - Wie? -

    Der weise gute Nathan hätte sich

    Erlaubt, die Stimme der Natur so zu

    Verfälschen? - Die Ergießung eines Herzens

    So zu verlenken, die, sich selbst gelassen,

    Ganz andre Wege nehmen würde? - Daja,

    Ihr habt mir allerdings etwas vertraut -

    Von Wichtigkeit, - was Folgen haben kann, -

    Was mich verwirrt, - worauf ich gleich nicht weiß,

    66

    Was mir zu tun. - Drum laßt mir Zeit. - Drum geht!

    Er kömmt hier wiederum vorbei. Er möcht’

    Uns überfallen. Geht!
    DAJA.
    Ich wär’ des Todes!
    TEMPELHERR.
    Ich bin ihn itzt zu sprechen ganz und gar

    Nicht fähig. Wenn Ihr ihm begegnet, sagt

    Ihm nur, daß wir einander bei dem Sultan

    Schon finden würden.
    DAJA.
    Aber laßt Euch ja

    Nichts merken gegen ihn. - Das soll nur so

    Den letzten Druck dem Dinge geben; soll

    Euch, Rechas wegen, alle Skrupel nur

    Benehmen! - Wenn Ihr aber dann sie nach

    Europa führt: so laßt Ihr doch mich

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