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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Phantasie
    Getäuscht.
    SITTAH. Nur
    darum
    bring ich’s. Aber gib

    Doch, gib! Ich will dir das wohl sagen, das

    Versteht ein weiblich Aug’ am besten.
    SALADIN (zu einem Türsteher, der hereintritt).
    Wer

    Ist da? - der Tempelherr? - Er komm’!
    SITTAH. Euch
    nicht

    Zu stören: ihn mit meiner Neugier nicht

    Zu irren - (Sie setzt sich seitwärts auf einen Sofa und läßt den Schleier fallen.)
    SALADIN.
    Gut so! gut! - (Und nun sein Ton!

    Wie der wohl sein wird! - Assads Ton

    Schläft auch wohl wo in meiner Seele noch!)

    VIERTER
    AUFTRITT

    Der Tempelherr und Saladin.
    TEMPELHERR. Ich,
    dein Gefangner, Sultan …
    SALADIN. Mein
    Gefangner?

    Wem ich das Leben schenke, werd ich dem

    Nicht auch die Freiheit schenken?
    TEMPELHERR. Was
    dir
    ziemt

    Zu tun, ziemt mir, erst zu vernehmen, nicht

    Vorauszusetzen. Aber, Sultan, - Dank,

    74

    Besondern Dank dir für mein Leben zu

    Beteuern, stimmt mit meinem Stand und meinem

    Charakter nicht. - Es steht in allen Fällen

    Zu deinen Diensten wieder.
    SALADIN.
    Brauch es nur

    Nicht wider mich! - Zwar ein paar Hände mehr,

    Die gönnt’ ich meinem Feinde gern. Allein

    Ihm so ein Herz auch mehr zu gönnen, fällt

    Mir schwer. - Ich habe mich mit dir in nichts

    Betrogen, braver junger Mann! Du bist

    Mit Seel’ und Leib mein Assad. Sieh! ich könnte

    Dich fragen: wo du denn die ganze Zeit
    Gesteckt?
    in
    welcher Höhle du geschlafen?
    In
    welchem
    Ginnistan, von welcher guten

    Div diese Blume fort und fort so frisch

    Erhalten worden? Sieh! ich könnte dich

    Erinnern wollen, was wir dort und dort

    Zusammen ausgeführt. Ich könnte mit

    Dir zanken, daß du ein Geheimnis doch

    Vor mir gehabt! Ein Abenteuer mir

    Doch unterschlagen: - Ja das könnt’ ich; wenn

    Ich dich nur säh’, und nicht auch mich. - Nun, mag’s!

    Von dieser süßen Träumerei ist immer

    Doch so viel wahr, daß mir in meinem Herbst

    Ein Assad wieder blühen soll. - Du bist

    Es doch zufrieden, Ritter?
    TEMPELHERR. Alles,
    was

    Von dir mir kömmt, - sei was es will - das lag

    Als Wunsch in meiner Seele.
    SALADIN.
    Laß uns das

    Sogleich versuchen. - Bliebst du wohl bei mir?

    Um mir? - Als Christ, als Muselmann: gleichviel!

    Im weißen Mantel, oder Jamerlonk;

    Im Tulban, oder deinem Filze: wie

    Du willst! Gleichviel! Ich habe nie verlangt,

    Daß allen Bäumen eine Rinde wachse.
    TEMPELHERR.
    Sonst wärst du wohl auch schwerlich, der du bist:

    Der Held, der lieber Gottes Gärtner wäre.
    SALADIN.
    Nun dann; wenn du nicht schlechter von mir denkst:

    So wären wir ja halb schon richtig?
    TEMPELHERR. Ganz!
    SALADIN.
    (ihm die Hand bietend) Ein Wort?
    TEMPELHERR. (einschlagend)

    Ein Mann! - Hiermit empfange mehr

    Als du mir nehmen konntest. Ganz der Deine!
    SALADIN.
    Zuviel Gewinn für einen Tag! zuviel! -

    Kam er nicht mit?
    TEMPELHERR. Wer?

    75
    SALADIN. Nathan.
    TEMPELHERR.
    (frostig) Nein. Ich kam
    Allein.
    SALADIN.
    Welch eine Tat von dir! Und welch

    Ein weises Glück, daß eine solche Tat

    Zum Besten eines solchen Mannes ausschlug.
    TEMPELHERR. Ja,
    ja!
    SALADIN.
    So kalt? - Nein, junger Mann! wenn Gott

    Was Gutes durch uns tut, muß man so kalt

    Nicht sein! - selbst aus Bescheidenheit so kalt
    Nicht
    scheinen
    wollen!
    TEMPELHERR.
    Daß doch in der Welt

    Ein jedes Ding so manche Seiten hat! -

    Von denen oft sich gar nicht denken läßt,

    Wie sie zusammenpassen!
    SALADIN. Halte
    dich

    Nur immer an die best’, und preise Gott!

    Der weiß, wie sie zusammenpassen. - Aber,

    Wenn du so schwierig sein willst, junger Mann:

    So werd auch ich ja wohl auf meiner Hut

    Mich mit dir halten müssen? Leider bin

    Auch ich ein Ding von vielen Seiten, die

    Oft nicht so recht zu passen scheinen mögen.
    TEMPELHERR.
    Das schmerzt! - Denn Argwohn ist so wenig sonst

    Mein Fehler -
    SALADIN.
    Nun, so sage doch, mit wem

    Du’s hast? - Es schien ja gar, mit Nathan. Wie?

    Auf Nathan Argwohn? du? - Erklär dich! sprich!

    Komm, gib mir deines Zutrauns erste Probe.
    TEMPELHERR.
    Ich habe wider Nathan nichts. Ich zürn

    Allein mit mir -
    SALADIN. Und
    über
    was?
    TEMPELHERR. Daß
    mir

    Geträumt, ein Jude könn’ auch wohl ein Jude

    Zu sein verlernen; daß mir wachend so
    Geträumt.
    SALADIN.
    Heraus mit diesem wachen Traume!
    TEMPELHERR.
    Du weißt von Nathans Tochter, Sultan. Was

    Ich für sie tat, das tat ich, - weil ich’s tat.

    Zu stolz, Dank einzuernten, wo ich ihn

    Nicht säete, verschmäht’ ich Tag für Tag,

    Das Mädchen noch einmal zu sehn. Der

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