Nathan der Weise
als
Vielmehr
in
keinem Glauben auferzogen,
Und sie von Gott nicht mehr nicht weniger
Gelehrt, als der Vernunft genügt.
PATRIARCH. Tut
nichts!
Der Jude wird verbrannt … Ja, wär’ allein
Schon dieserwegen wert, dreimal verbrannt
Zu werden! - Was? ein Kind ohn’ allen Glauben
Erwachsen lassen? - Wie? die große Pflicht,
Zu glauben, ganz und gar ein Kind nicht lehren?
Das ist zu arg! Mich wundert sehr, Herr Ritter,
Euch selbst …
TEMPELHERR.
Ehrwürd’ger Herr, das übrige,
Wenn Gott will, in der Beichte. (Will gehn.)
PATRIARCH.
Was? mir nun
Nicht einmal Rede stehn? - Den Bösewicht,
Den Juden mir nicht nennen? - mir ihn nicht
Zur Stelle schaffen? - O da weiß ich Rat!
Ich geh sogleich zum Sultan. - Saladin,
Vermöge
der
Kapitulation,
Die er beschworen, muß uns, muß uns schützen;
Bei allen Rechten, allen Lehren schützen,
Die wir zu unsrer allerheiligsten
Religion nur immer rechnen dürfen!
Gottlob! wir haben das Original.
Wir haben seine Hand, sein Siegel. Wir! -
Auch mach ich ihm gar leicht begreiflich, wie
Gefährlich selber für den Staat es ist,
Nichts glauben! Alle bürgerliche Bande
Sind aufgelöset, sind zerrissen, wenn
Der Mensch nichts glauben darf. - Hinweg! hinweg
Mit solchem Frevel! …
TEMPELHERR.
Schade, daß ich nicht
Den
trefflichen
Sermon mit beßrer Muße
Genießen kann! Ich bin zum Saladin
Gerufen.
PATRIARCH.
Ja? - Nun so - Nun freilich - Dann -
TEMPELHERR.
Ich will den Sultan vorbereiten, wenn
Es Eurer Hochehrwürden so gefällt.
PATRIARCH.
Oh, oh! - Ich weiß, der Herr hat Gnade funden
Vor Saladin! - Ich bitte meiner nur
Im Besten bei ihm eingedenk zu sein. -
Mich treibt der Eifer Gottes lediglich.
Was ich zuviel tu, tu ich ihm. - Das wolle
Doch ja der Herr erwägen! - Und nicht wahr,
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Herr Ritter? das vorhin Erwähnte von
Dem Juden, war nur ein Problema? - ist
Zu sagen -
TEMPELHERR.
Ein Problema. (Geht ab.)
PATRIARCH. (Dem
ich
tiefer
Doch auf den Grund zu kommen suchen muß.
Das wär’ so wiederum ein Auftrag für
Den Bruder Bonafides.) - Hier, mein Sohn!
(Er spricht im Abgehn mit dem Klosterbruder.)
DRITTER
AUFTRITT
(Szene: ein Zimmer im Palaste des Saladin, in welches von Sklaven eine Menge Beutel getragen, und auf dem Boden nebeneinandergestellt werden.)
Saladin und bald darauf Sittah.
SALADIN. (der
dazukömmt)
Nun wahrlich! das hat noch kein Ende. - Ist
Des Dings noch viel zurück?
EIN SKLAVE.
Wohl noch die Hälfte.
SALADIN.
So tragt das übrige zu Sittah. - Und
Wo bleibt Al-Hafi? Das hier soll sogleich
Al-Hafi zu sich nehmen. - Oder ob
Ich’s nicht vielmehr dem Vater schicke? Hier
Fällt mir es doch nur durch die Finger. - Zwar
Man wird wohl endlich hart; und nun gewiß
Soll’s Künste kosten, mir viel abzuzwacken.
Bis wenigstens die Gelder aus Ägypten
Zur Stelle kommen, mag das Armut sehn,
Wie’s fertig wird! - Die Spenden bei dem Grabe,
Wenn die nur fortgehn! Wenn die Christenpilger
Mit leeren Händen nur nicht abziehn dürfen!
Wenn nur -
SITTAH.
Was soll nun das? Was soll das Geld
Bei
mir?
SALADIN.
Mach dich davon bezahlt; und leg
Auf Vorrat, wenn was übrigbleibt.
SITTAH. Ist
Nathan
Noch mit dem Tempelherrn nicht da?
SALADIN. Er
sucht
Ihn aller Orten.
SITTAH.
Sieh doch, was ich hier,
Indem mir so mein alt Geschmeide durch
Die Hände geht, gefunden.
(Ihm ein klein Gemälde zeigend.)
SALADIN. Ha!
mein
Bruder!
Das ist er, ist er! - War er! war er! ah! -
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Ah wackrer lieber Junge, daß ich dich
So früh verlor! Was hätt’ ich erst mit dir,
An deiner Seit erst unternommen! - Sittah,
Laß mir das Bild. Auch kenn ich’s schon: er gab
Es deiner ältern Schwester, seiner Lilla,
Die eines Morgens ihn so ganz und gar
Nicht aus den Armen lassen wollt’. Es war
Der letzte, den er ausritt. - Ah, ich ließ
Ihn reiten, und allein! - Ah, Lilla starb
Vor Gram, und hat mir’s nie vergeben, daß
Ich so allein ihn reiten lassen. - Er
Blieb
weg!
SITTAH. Der
arme
Bruder!
SALADIN.
Laß nur gut
Sein! - Einmal bleiben wir doch alle weg! -
Zudem, - wer weiß? Der Tod ist’s nicht allein,
Der einem Jüngling seiner Art das Ziel
Verrückt. Er hat der Feinde mehr; und oft
Erliegt der Stärkste gleich dem Schwächsten. - Nun,
Sei wie ihm sei! - Ich muß das Bild doch mit
dem jungen Tempelherrn vergleichen; muß
Doch sehn, wieviel mich meine
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