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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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als
    Vielmehr
    in
    keinem Glauben auferzogen,

    Und sie von Gott nicht mehr nicht weniger

    Gelehrt, als der Vernunft genügt.
    PATRIARCH. Tut
    nichts!

    Der Jude wird verbrannt … Ja, wär’ allein

    Schon dieserwegen wert, dreimal verbrannt

    Zu werden! - Was? ein Kind ohn’ allen Glauben

    Erwachsen lassen? - Wie? die große Pflicht,

    Zu glauben, ganz und gar ein Kind nicht lehren?

    Das ist zu arg! Mich wundert sehr, Herr Ritter,

    Euch selbst …
    TEMPELHERR.
    Ehrwürd’ger Herr, das übrige,

    Wenn Gott will, in der Beichte. (Will gehn.)
    PATRIARCH.
    Was? mir nun

    Nicht einmal Rede stehn? - Den Bösewicht,

    Den Juden mir nicht nennen? - mir ihn nicht

    Zur Stelle schaffen? - O da weiß ich Rat!

    Ich geh sogleich zum Sultan. - Saladin,
    Vermöge
    der
    Kapitulation,

    Die er beschworen, muß uns, muß uns schützen;

    Bei allen Rechten, allen Lehren schützen,

    Die wir zu unsrer allerheiligsten

    Religion nur immer rechnen dürfen!

    Gottlob! wir haben das Original.

    Wir haben seine Hand, sein Siegel. Wir! -

    Auch mach ich ihm gar leicht begreiflich, wie

    Gefährlich selber für den Staat es ist,

    Nichts glauben! Alle bürgerliche Bande

    Sind aufgelöset, sind zerrissen, wenn

    Der Mensch nichts glauben darf. - Hinweg! hinweg

    Mit solchem Frevel! …
    TEMPELHERR.
    Schade, daß ich nicht
    Den
    trefflichen
    Sermon mit beßrer Muße

    Genießen kann! Ich bin zum Saladin
    Gerufen.
    PATRIARCH.
    Ja? - Nun so - Nun freilich - Dann -
    TEMPELHERR.
    Ich will den Sultan vorbereiten, wenn

    Es Eurer Hochehrwürden so gefällt.
    PATRIARCH.
    Oh, oh! - Ich weiß, der Herr hat Gnade funden

    Vor Saladin! - Ich bitte meiner nur

    Im Besten bei ihm eingedenk zu sein. -

    Mich treibt der Eifer Gottes lediglich.

    Was ich zuviel tu, tu ich ihm. - Das wolle

    Doch ja der Herr erwägen! - Und nicht wahr,

    72

    Herr Ritter? das vorhin Erwähnte von

    Dem Juden, war nur ein Problema? - ist

    Zu sagen -
    TEMPELHERR.
    Ein Problema. (Geht ab.)
    PATRIARCH. (Dem
    ich
    tiefer

    Doch auf den Grund zu kommen suchen muß.

    Das wär’ so wiederum ein Auftrag für

    Den Bruder Bonafides.) - Hier, mein Sohn!

    (Er spricht im Abgehn mit dem Klosterbruder.)

    DRITTER
    AUFTRITT

    (Szene: ein Zimmer im Palaste des Saladin, in welches von Sklaven eine Menge Beutel getragen, und auf dem Boden nebeneinandergestellt werden.)

    Saladin und bald darauf Sittah.

    SALADIN. (der
    dazukömmt)

    Nun wahrlich! das hat noch kein Ende. - Ist

    Des Dings noch viel zurück?
    EIN SKLAVE.
    Wohl noch die Hälfte.
    SALADIN.
    So tragt das übrige zu Sittah. - Und

    Wo bleibt Al-Hafi? Das hier soll sogleich

    Al-Hafi zu sich nehmen. - Oder ob

    Ich’s nicht vielmehr dem Vater schicke? Hier

    Fällt mir es doch nur durch die Finger. - Zwar

    Man wird wohl endlich hart; und nun gewiß

    Soll’s Künste kosten, mir viel abzuzwacken.

    Bis wenigstens die Gelder aus Ägypten

    Zur Stelle kommen, mag das Armut sehn,

    Wie’s fertig wird! - Die Spenden bei dem Grabe,

    Wenn die nur fortgehn! Wenn die Christenpilger

    Mit leeren Händen nur nicht abziehn dürfen!

    Wenn nur -
    SITTAH.
    Was soll nun das? Was soll das Geld
    Bei
    mir?
    SALADIN.
    Mach dich davon bezahlt; und leg

    Auf Vorrat, wenn was übrigbleibt.
    SITTAH. Ist
    Nathan

    Noch mit dem Tempelherrn nicht da?
    SALADIN. Er
    sucht

    Ihn aller Orten.
    SITTAH.
    Sieh doch, was ich hier,

    Indem mir so mein alt Geschmeide durch

    Die Hände geht, gefunden.

    (Ihm ein klein Gemälde zeigend.)
    SALADIN. Ha!
    mein
    Bruder!

    Das ist er, ist er! - War er! war er! ah! -

    73

    Ah wackrer lieber Junge, daß ich dich

    So früh verlor! Was hätt’ ich erst mit dir,

    An deiner Seit erst unternommen! - Sittah,

    Laß mir das Bild. Auch kenn ich’s schon: er gab

    Es deiner ältern Schwester, seiner Lilla,

    Die eines Morgens ihn so ganz und gar

    Nicht aus den Armen lassen wollt’. Es war

    Der letzte, den er ausritt. - Ah, ich ließ

    Ihn reiten, und allein! - Ah, Lilla starb

    Vor Gram, und hat mir’s nie vergeben, daß

    Ich so allein ihn reiten lassen. - Er
    Blieb
    weg!
    SITTAH. Der
    arme
    Bruder!
    SALADIN.
    Laß nur gut

    Sein! - Einmal bleiben wir doch alle weg! -

    Zudem, - wer weiß? Der Tod ist’s nicht allein,

    Der einem Jüngling seiner Art das Ziel

    Verrückt. Er hat der Feinde mehr; und oft

    Erliegt der Stärkste gleich dem Schwächsten. - Nun,

    Sei wie ihm sei! - Ich muß das Bild doch mit

    dem jungen Tempelherrn vergleichen; muß

    Doch sehn, wieviel mich meine

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