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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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geht auf ihn zu und fragt.)
    NATHAN.
    So gib! - und eh’ er bittet. - (Wüßt’ ich nur

    Dem Tempelherrn erst beizukommen, ohne

    Die Ursach’ meiner Neugier ihm zu sagen!

    Denn wenn ich sie ihm sag’, und der Verdacht

    Ist ohne Grund: so hab ich ganz umsonst

    Den Vater auf das Spiel gesetzt.) - Was ist’s?
    DAJA.
    Er will Euch sprechen.
    NATHAN.
    Nun, so laß ihn kommen;
    Und
    geh
    indes.

    SIEBENTER
    AUFTRITT

    81

    Nathan und der Klosterbruder.

    NATHAN.
    (Ich bliebe Rechas Vater

    Doch gar zu gern! - Zwar kann ich’s denn nicht bleiben, Auch wenn ich aufhör, es zu heißen? - Ihr,

    Ihr selbst werd ich’s doch immer auch noch heißen,

    Wenn sie erkennt, wie gern ich’s wäre.) - Geh! -

    Was ist zu Euern Diensten, frommer Bruder?
    KLOSTERBRUDER. Nicht eben viel. - Ich freue mich, Herr Nathan, Euch annoch wohl zu sehn.
    NATHAN.
    So kennt Ihr mich?
    KLOSTERBRUDER. Je nu; wer kennt Euch nicht? Ihr habt so manchem Ja Euern Namen in die Hand gedrückt.

    Er steht in meiner auch, seit vielen Jahren.
    NATHAN.
    (nach seinem Beutel langend)

    Kommt, Bruder, kommt; ich frisch ihn auf.
    KLOSTERBRUDER. Habt Dank!

    Ich würd’ es Ärmern stehlen; nehme nichts. -

    Wenn Ihr mir nur erlauben wollt, ein wenig

    Euch meinen Namen aufzufrischen. Denn

    Ich kann mich rühmen, auch in Eure Hand

    Etwas gelegt zu haben, was nicht zu
    Verachten
    war.
    NATHAN.
    Verzeiht! - Ich schäme mich -

    Sagt, was? - und nehmt zur Buße siebenfach

    Den Wert desselben von mir an.
    KLOSTERBRUDER. Hört doch

    Vor allen Dingen, wie ich selber nur

    Erst heut an dies mein Euch vertrautes Pfand
    Erinnert
    worden.
    NATHAN.
    Mir vertrautes Pfand?
    KLOSTERBRUDER. Vor kurzem saß ich noch als Eremit

    Auf Quarantana, unweit Jericho.

    Da kam arabisch Raubgesindel, brach

    Mein Gotteshäuschen ab und meine Zelle

    Und schleppte mich mit fort. Zum Glück entkam

    Ich noch und floh hierher zum Patriarchen,

    Um mir ein ander Plätzchen auszubitten,

    Allwo ich meinem Gott in Einsamkeit

    Bis an mein selig Ende dienen könne.
    NATHAN.
    Ich steh auf Kohlen, guter Bruder. Macht

    Es kurz. Das Pfand! das mir vertraute Pfand!
    KLOSTERBRUDER. Sogleich, Herr Nathan. - Nun, der Patriarch Versprach mir eine Siedelei auf Tabor,

    Sobald als eine leer; und hieß inzwischen

    Im Kloster mich als Laienbruder bleiben.

    Da bin ich itzt, Herr Nathan; und verlange

    82

    Des Tags wohl hundertmal auf Tabor. Denn

    Der Patriarch braucht mich zu allerlei,

    Wovor ich großen Ekel habe. Zum
    Exempel:
    NATHAN.
    Macht, ich bitt Euch!
    KLOSTERBRUDER. Nun, es kömmt! -

    Da hat ihm jemand heut ins Ohr gesetzt:

    Es lebe hier herum ein Jude, der

    Ein Christenkind als seine Tochter sich
    Erzöge.
    NATHAN. Wie?
    (Betroffen.)
    KLOSTERBRUDER. Hört mich nur aus! - Indem

    Er mir nun aufträgt, diesem Juden stracks,

    Wo möglich, auf die Spur zu kommen, und

    Gewaltig sich ob eines solchen Frevels

    Erzürnt, der ihm die wahre Sünde wider

    Den heil’gen Geist bedünkt; - das ist, die Sünde,

    Die aller Sünden größte Sünd’ uns gilt,

    Nur daß wir, Gott sei Dank, so recht nicht wissen,

    Worin sie eigentlich besteht: - da wacht

    Mit einmal mein Gewissen auf; und mir

    Fällt bei, ich könnte selber wohl vor Zeiten

    Zu dieser unverzeihlich großen Sünde
    Gelegenheit
    gegeben haben. - Sagt:

    Hat Euch ein Reitknecht nicht vor achtzehn Jahren

    Ein Töchterchen gebracht von wenig Wochen?
    NATHAN.
    Wie das? - Nun freilich - allerdings -
    KLOSTERBRUDER. Ei, seht

    Mich doch recht an! - Der Reitknecht, der bin ich.
    NATHAN. Seid
    ihr?
    KLOSTERBRUDER. Der Herr, von welchem ich’s Euch brachte, War - ist mir recht - ein Herr von Filnek. - Wolf
    Von
    Filnek!
    NATHAN. Richtig!
    KLOSTERBRUDER. Weil die Mutter kurz

    Vorher gestorben war; und sich der Vater

    Nach - mein ich - Gazza plötzlich werfen mußte,

    Wohin das Würmchen ihm nicht folgen konnte:

    So sandt’ er’s Euch. Und traf ich Euch damit
    Nicht
    in
    Darun?
    NATHAN. Ganz
    recht!
    KLOSTERBRUDER. Es wär’ kein Wunder,

    Wenn mein Gedächtnis mich betrög’. Ich habe

    Der braven Herrn so viel gehabt; und diesem

    Hab ich nur gar zu kurze Zeit gedient.

    Er blieb bald drauf bei Askalon: und war

    Wohl sonst ein lieber Herr.
    NATHAN.
    Ja wohl! ja wohl!

    83

    Dem ich so viel, so viel zu danken habe!

    Der mehr als einmal mich dem Schwert entrissen!
    KLOSTERBRUDER. O schön! So werd’t Ihr seines Töchterchens Euch um so lieber angenommen haben.
    NATHAN.
    Das könnt Ihr denken.
    KLOSTERBRUDER. Nun, wo

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