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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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ist es denn?

    Es ist doch wohl nicht etwa gar gestorben? -

    Laßt’s lieber nicht gestorben sein! - Wenn sonst

    Nur niemand um die Sache weiß: so hat

    Es gute Wege.
    NATHAN. Hat
    es?
    KLOSTERBRUDER. Traut mir, Nathan!

    Denn seht, ich denke so! Wenn an das Gute,

    Das ich zu tun vermeine, gar zu nah

    Was gar zu Schlimmes grenzt: so tu ich lieber

    Das Gute nicht; weil wir das Schlimme zwar

    So ziemlich zuverlässig kennen, aber

    Bei weiten nicht das Gute. - War ja wohl
    Natürlich;
    wenn
    das
    Christentöchterchen

    Recht gut von Euch erzogen werden sollte:

    Daß Ihr’s als Euer eigen Töchterchen

    Erzögt. - Das hättet Ihr mit aller Lieb’

    Und Treue nun getan, und müßtet so

    Belohnet werden? Das will mir nicht ein.

    Ei freilich, klüger hättet Ihr getan;

    Wenn Ihr die Christin durch die zweite Hand

    Als Christin auferziehen lassen: aber

    So hättet Ihr das Kindchen Eures Freunds

    Auch nicht geliebt. Und Kinder brauchen Liebe,

    Wär’s eines wilden Tieres Lieb’ auch nur,

    In solchen Jahren mehr, als Christentum.

    Zum Christentume hat’s noch immer Zeit.

    Wenn nur das Mädchen sonst gesund und fromm

    Vor Euern Augen aufgewachsen ist,

    So blieb’s vor Gottes Augen, was es war.

    Und ist denn nicht das ganze Christentum

    Aufs Judentum gebaut? Es hat mich oft

    Geärgert, hat mir Tränen g’nug gekostet,

    Wenn Christen gar so sehr vergessen konnten,

    Daß unser Herr ja selbst ein Jude war.
    NATHAN.
    Ihr, guter Bruder, müßt mein Fürsprach sein,

    Wenn Haß und Gleisnerei sich gegen mich

    Erheben sollten, - wegen einer Tat -

    Ah, wegen einer Tat! - Nur Ihr, Ihr sollt

    Sie wissen! - Nehmt sie aber mit ins Grab!

    Noch hat mich nie die Eitelkeit versucht,

    Sie jemand andern zu erzählen. Euch

    Allein erzähl ich sie. Der frommen Einfalt

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    Allein erzähl ich sie. Weil die allein

    Versteht, was sich der gottergebne Mensch

    Für Taten abgewinnen kann.
    KLOSTERBRUDER. Ihr seid

    Gerührt, und Euer Auge steht voll Wasser?
    NATHAN.
    Ihr traft mich mit dem Kinde zu Darun.

    Ihr wißt wohl aber nicht, daß wenig Tage

    Zuvor, in Gath die Christen alle Juden

    Mit Weib und Kind ermordet hatten; wißt

    Wohl nicht, daß unter diesen meine Frau

    Mit sieben hoffnungsvollen Söhnen sich

    Befunden, die in meines Bruders Hause,

    Zu dem ich sie geflüchtet, insgesamt
    Verbrennen
    müssen.
    KLOSTERBRUDER. Allgerechter!
    NATHAN. Als

    Ihr kamt, hatt’ ich drei Tag’ und Nächt’ in Asch’

    Und Staub vor Gott gelegen, und geweint. -

    Geweint? Beiher mit Gott auch wohl gerechtet,

    Gezürnt, getobt, mich und die Welt verwünscht;

    Der Christenheit den unversöhnlichsten

    Haß zugeschworen -
    KLOSTERBRUDER. Ach! Ich glaub’s Euch wohl!
    NATHAN.
    Doch nun kam die Vernunft allmählich wieder.

    Sie sprach mit sanfter Stimm’: »und doch ist Gott!

    Doch war auch Gottes Ratschluß das! Wohlan!

    Komm! übe, was du längst begriffen hast,

    Was sicherlich zu üben schwerer nicht,

    Als zu begreifen ist, wenn du nur willst.

    Steh auf!« - Ich stand! und rief zu Gott: ich will!

    Willst du nur, daß ich will! - Indem stiegt Ihr

    Vom Pferd, und überreichtet mir das Kind,

    In Euern Mantel eingehüllt. - Was Ihr

    Mir damals sagtet; was ich Euch: hab ich
    Vergessen.
    Soviel
    weiß ich nur, ich nahm

    Das Kind, trug’s auf mein Lager, küßt’ es, warf

    Mich auf die Knie und schluchzte: Gott! auf Sieben

    Doch nun schon Eines wieder!
    KLOSTERBRUDER. Nathan! Nathan!

    Ihr seid ein Christ! - Bei Gott, Ihr seid ein Christ!

    Ein beßrer Christ war nie!
    NATHAN.
    Wohl uns! Denn was

    Mich Euch zum Christen macht, das macht Euch mir

    Zum Juden! - Aber laßt uns länger nicht

    Einander nur erweichen. Hier braucht’s Tat!

    Und ob mich siebenfache Liebe schon

    Bald an dies einz’ge fremde Mädchen band,

    Ob der Gedanke mich schon tötet, daß

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    Ich meine sieben Söhn’ in ihr aufs neue

    Verlieren soll: - wenn sie von meinen Händen

    Die Vorsicht wieder fodert, - ich gehorche!
    KLOSTERBRUDER. Nun vollends! - Eben das bedacht’ ich mich So viel, Euch anzuraten! Und so hat’s

    Euch Euer guter Geist schon angeraten!
    NATHAN.
    Nur muß der erste beste mir sie nicht
    Entreißen
    wollen!
    KLOSTERBRUDER. Nein, gewiß nicht!
    NATHAN. Wer

    Auf sie nicht größre Rechte hat, als ich,

    Muß frühere zum mind’sten haben -
    KLOSTERBRUDER. Freilich!
    NATHAN.
    Die ihm Natur und Blut erteilen.
    KLOSTERBRUDER. So

    Mein ich es auch!
    NATHAN.
    Drum nennt mir nur geschwind

    Den Mann,

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