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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Textausgabe + Lektüreschlüssel
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wirklich sich in ihm
    Betrogen, oder – möcht er uns nur gern
    Betriegen?
    SALADIN .       Wie? das fragst du mich? Ich weiß
    Ja kaum, von wem die Rede war; und höre
    1100
    Von euerm Juden, euerm Nathan, heut
    Zum ersten Mal.
    SITTAH .                      Ist’s möglich? dass ein Mann
    Dir so verborgen blieb, von dem es heißt,
    Er habe Salomons und Davids Gräber
    Erforscht, und wisse deren Siegel durch
    Ein mächtiges geheimes Wort zu lösen?
    Aus ihnen bring’ er dann von Zeit zu Zeit
    Die unermesslichen Reichtümer an
    Den Tag, die keinen mindern Quell verrieten.
    SALADIN . Hat seinen Reichtum dieser Mann aus Gräbern,
    1110
    So waren’s sicherlich nicht Salomons,
    Nicht Davids Gräber. Narren lagen da
    Begraben!
    SITTAH .          Oder Bösewichter! – Auch
    Ist seines Reichtums Quelle weit ergiebiger
    Weit unerschöpflicher, als so ein Grab
    Voll Mammon .
    SALADIN .                 Denn er handelt; wie ich hörte.
    SITTAH . Sein Saumtier treibt auf allen Straßen, zieht
    Durch alle Wüsten; seine Schiffe liegen
    In allen Häfen. Das hat mir wohl eh’
    Al-Hafi selbst gesagt; und voll Entzücken
    1120
    Hinzugefügt, wie groß, wie edel dieser
    Sein Freund anwende, was so klug und emsig
    Er zu erwerben für zu klein nicht achte:
    Hinzugefügt, wie frei von Vorurteilen
    Sein Geist; sein Herz wie offen jeder Tugend,
    Wie eingestimmt mit jeder Schönheit sei.
    SALADIN . Und itzt sprach Hafi doch so ungewiss,
    So kalt von ihm.
    SITTAH .                      Kalt nun wohl nicht; verlegen.
    Als halt’ er’s für gefährlich, ihn zu loben,
    Und woll’ ihn unverdient doch auch nicht tadeln. –
    1130
    Wie? oder wär es wirklich so, dass selbst
    Der Beste seines Volkes seinem Volke
    Nicht ganz entfliehen kann? dass wirklich sich
    Al-Hafi seines Freunds von dieser Seite
    Zu schämen hätte? – Sei dem, wie ihm wolle! –
    Der Jude sei mehr oder weniger
    Als Jud’, ist er nur reich: genug für uns!
    SALADIN . Du willst ihm aber doch das Seine mit
    Gewalt nicht nehmen, Schwester?
    SITTAH .                                                    Ja, was heißt
    Bei dir Gewalt? Mit Feu’r und Schwert? Nein, nein,
    1140
    Was braucht es mit den Schwachen für Gewalt,
    Als ihre Schwäche? – Komm vor itzt nur mit
    In meinen Haram , eine Sängerin
    Zu hören, die ich gestern erst gekauft.
    Es reift indes bei mir vielleicht ein Anschlag,
    Den ich auf diesen Nathan habe. – Komm!
Vierter Auftritt
    Szene: vor dem Hause des Nathan, wo es an die Palmen stößt.
    RECHA
und
NATHAN
kommen heraus. Zu ihnen
DAJA .
    RECHA . Ihr habt Euch sehr verweilt, mein Vater. Er
    Wird kaum noch mehr zu treffen sein.
    NATHAN .                                                     Nun, nun;
    Wenn hier, hier untern Palmen schon nicht mehr:
    Doch anderwärts. – Sei itzt nur ruhig. – Sieh!
    Kömmt dort nicht Daja auf uns zu?
    1150
    RECHA .                                              Sie wird
    Ihn ganz gewiss verloren haben.
    NATHAN .                                                Auch
    Wohl nicht.
    RECHA .             Sie würde sonst geschwinder kommen.
    NATHAN . Sie hat uns wohl noch nicht gesehn …
    RECHA .                                                                           Nun sieht
    Sie uns.
    NATHAN .     Und doppelt ihre Schritte. Sieh! –
    Sei doch nur ruhig! ruhig!
    RECHA .                                        Wolltet Ihr
    Wohl eine Tochter, die hier ruhig wäre?
    Sich unbekümmert ließe, wessen Wohltat
    Ihr Leben sei? Ihr Leben, – das ihr nur
    So lieb, weil sie es Euch zuerst verdanket.
    1160
    NATHAN . Ich möchte dich nicht anders, als du bist:
    Auch wenn ich wüsste, dass in deiner Seele
    Ganz etwas anders noch sich rege.
    RECHA .                                                       Was,
    Mein Vater?
    NATHAN .             Fragst du mich? so schüchtern mich?
    Was auch in deinem Innern vorgeht, ist
    Natur und Unschuld. Lass es keine Sorge
    Dir machen. Mir, mir macht es keine. Nur
    Versprich mir: wenn dein Herz vernehmlicher
    Sich einst erklärt, mir seiner Wünsche keinen
    Zu

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