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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Textausgabe + Lektüreschlüssel
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bergen.
    RECHA .             Schon die Möglichkeit, mein Herz
    1170
    Euch lieber zu verhüllen, macht mich zittern.
    NATHAN . Nichts mehr hiervon! Das ein für alle Mal
    Ist abgetan. – Da ist ja Daja. – Nun?
    DAJA . Noch wandelt er hier untern Palmen; und
    Wird gleich um jene Mauer kommen. – Seht,
    Da kömmt er!
    RECHA .                Ah! und scheinet unentschlossen,
    Wohin? ob weiter? ob hinab? ob rechts?
    Ob links?
    DAJA .            Nein, nein; er macht den Weg ums Kloster
    Gewiss noch öfter; und dann muss er hier
    Vorbei. – Was gilt’s?
    RECHA .                             Recht! recht! – Hast du ihn schon
    Gesprochen? Und wie ist er heut?
    1180
    DAJA .                                            Wie immer.
    NATHAN . So macht nur, dass er euch hier nicht gewahr
    Wird. Tretet mehr zurück. Geht lieber ganz
    Hinein.
    RECHA .       Nur einen Blick noch! – Ah! die Hecke,
    Die mir ihn stiehlt.
    DAJA .                             Kommt! kommt! Der Vater hat
    Ganz recht. Ihr lauft Gefahr, wenn er Euch sieht,
    Dass auf der Stell’ er umkehrt.
    RECHA .                                               Ah! die Hecke!
    NATHAN . Und kömmt er plötzlich dort aus ihr hervor:
    So kann er anders nicht, er muss euch sehn.
    Drum geht doch nur!
    DAJA .                                Kommt! kommt! Ich weiß ein Fenster,
    Aus dem wir sie bemerken können.
    1190
    RECHA .                                                    Ja?
    (Beide hinein.)
Fünfter Auftritt
    NATHAN
und bald darauf der
TEMPELHERR .
    NATHAN . Fast scheu ich mich des Sonderlings. Fast macht
    Mich seine raue Tugend stutzen. Dass
    Ein Mensch doch einen Menschen so verlegen
    Soll machen können! – Ha! er kömmt. – Bei Gott!
    Ein Jüngling wie ein Mann. Ich mag ihn wohl
    Den guten, trotz’gen Blick! den prallen Gang!
    Die Schale kann nur bitter sein: der Kern
    Ist’s sicher nicht. – Wo sah ich doch dergleichen? –
    Verzeihet, edler Franke …
    TEMPELHERR .                               Was?
    NATHAN .                                                Erlaubt …
    TEMPELHERR . Was, Jude? was?
    1200
    NATHAN .                                       Dass ich mich untersteh,
    Euch anzureden.
    TEMPELHERR .           Kann ich’s wehren? Doch
    Nur kurz.
    NATHAN .       Verzieht , und eilet nicht so stolz,
    Nicht so verächtlich einem Mann vorüber,
    Den Ihr auf ewig Euch verbunden habt.
    TEMPELHERR .
    Wie das? – Ah, fast errat ich’s. Nicht? Ihr seid …
    NATHAN . Ich heiße Nathan; bin des Mädchens Vater,
    Das Eure Großmut aus dem Feu’r gerettet;
    Und komme …
    TEMPELHERR .           Wenn zu danken: – spart’s! Ich hab
    Um diese Kleinigkeit des Dankes schon
    1210
    Zu viel erdulden müssen. – Vollends Ihr,
    Ihr seid mir gar nichts schuldig. Wusst ich denn,
    Dass dieses Mädchen Eure Tochter war?
    Es ist der Tempelherren Pflicht, dem Ersten
    Dem Besten beizuspringen, dessen Not
    Sie sehn. Mein Leben war mir ohnedem
    In diesem Augenblicke lästig. Gern,
    Sehr gern ergriff ich die Gelegenheit,
    Es für ein andres Leben in die Schanze
    Zu schlagen: für ein andres – wenn’s auch nur
    Das Leben einer Jüdin wäre.
    1220
    NATHAN .                                         Groß!
    Groß und abscheulich! – Doch die Wendung lässt
    Sich denken. Die bescheidne Größe flüchtet
    Sich hinter das Abscheuliche, um der
    Bewundrung auszuweichen. – Aber wenn
    Sie so das Opfer der Bewunderung
    Verschmäht: was für ein Opfer denn verschmäht
    Sie minder? – Ritter, wenn Ihr hier nicht fremd,
    Und nicht gefangen wäret, würd ich Euch
    So dreist nicht fragen. Sagt, befehlt: womit
    Kann man Euch dienen?
    TEMPELHERR .                         Ihr? Mit nichts.
    1230
    NATHAN .                                         Ich bin
    Ein reicher Mann.
    TEMPELHERR .              Der reichre Jude war
    Mir nie der bessre Jude.
    NATHAN .                                Dürft Ihr denn
    Darum nicht nützen, was dem ungeachtet
    Er Bessres hat? nicht

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