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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Textausgabe + Lektüreschlüssel
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Aufzug
Erster Auftritt
    Szene: in den Kreuzgängen des Klosters.
    Der
KLOSTERBRUDER
und bald darauf der
TEMPELHERR .
    KLOSTERBRUDER . Ja, ja! er hat schon Recht, der Patriarch!
    2380
    Es hat mir freilich noch von alledem
    Nicht viel gelingen wollen, was er mir
    So aufgetragen. – Warum trägt er mir
    Auch lauter solche Sachen auf? – Ich mag
    Nicht fein sein; mag nicht überreden; mag
    Mein Näschen nicht in alles stecken; mag
    Mein Händchen nicht in allem haben. – Bin
    Ich darum aus der Welt geschieden, ich
    Für mich; um mich für andre mit der Welt
    Noch erst recht zu verwickeln?
    TEMPELHERR
(mit Hast auf ihn zukommend)
.
                                                             Guter Bruder!
    2390
    Da seid Ihr ja. Ich hab Euch lange schon
    Gesucht.
    KLOSTERBRUDER .
                  Mich, Herr?
    TEMPELHERR .                 Ihr kennt mich schon nicht mehr?
    KLOSTERBRUDER .
    Doch, doch! Ich glaubte nur, dass ich den Herrn
    In meinem Leben wieder nie zu sehn
    Bekommen würde. Denn ich hofft es zu
    Dem lieben Gott. – Der liebe Gott, der weiß
    Wie sauer mir der Antrag ward, den ich
    Dem Herrn zu tun verbunden war. Er weiß,
    Ob ich gewünscht, ein offnes Ohr bei Euch
    Zu finden; weiß, wie sehr ich mich gefreut,
    2400
    Im Innersten gefreut, dass Ihr so rund
    Das alles, ohne viel Bedenken, von
    Euch wies’t, was einem Ritter nicht geziemt. –
    Nun kommt Ihr doch; nun hat’s doch nachgewirkt!
    TEMPELHERR .
    Ihr wisst es schon, warum ich komme? Kaum
    Weiß ich es selbst.
    KLOSTERBRUDER .        Ihr habt’s nun überlegt;
    Habt nun gefunden, dass der Patriarch
    So Unrecht doch nicht hat; dass Ehr’ und Geld
    Durch seinen Anschlag zu gewinnen; dass
    Ein Feind ein Feind ist, wenn er unser Engel
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    Auch siebenmal gewesen wäre. Das,
    Das habt Ihr nun mit Fleisch und Blut erwogen,
    Und kommt, und tragt Euch wieder an. – Ach Gott!
    TEMPELHERR .
    Mein frommer, lieber Mann! gebt Euch zufrieden.
    Deswegen komm ich nicht; deswegen will
    Ich nicht den Patriarchen sprechen. Noch,
    Noch denk ich über jenen Punkt, wie ich
    Gedacht, und wollt um alles in der Welt
    Die gute Meinung nicht verlieren, deren
    Mich ein so grader, frommer, lieber Mann
    2420
    Einmal gewürdiget. – Ich komme bloß,
    Den Patriarchen über eine Sache
    Um Rat zu fragen …
    KLOSTERBRUDER . Ihr den Patriarchen?
    Ein Ritter, einen – Pfaffen?
    (Sich schüchtern umsehend.)
    TEMPELHERR .                                Ja; – die Sach’
    Ist ziemlich pfäffisch.
    KLOSTERBRUDER .            Gleichwohl fragt der Pfaffe
    Den Ritter nie, die Sache sei auch noch
    So ritterlich.
    TEMPELHERR .    Weil er das Vorrecht hat,
    Sich zu vergehn; das unsereiner ihm
    Nicht sehr beneidet. – Freilich, wenn ich nur
    Für mich zu handeln hätte; freilich, wenn
    2430
    Ich Rechenschaft nur mir zu geben hätte:
    Was braucht’ ich Euers Patriarchen? Aber
    Gewisse Dinge will ich lieber schlecht,
    Nach andrer Willen, machen; als allein
    Nach meinem, gut. – Zudem, ich seh nun wohl,
    Religion ist auch Partei; und wer
    Sich drob auch noch so unparteiisch glaubt,
    Hält, ohn es selbst zu wissen, doch nur seiner
    Die Stange. Weil das einmal nun so ist:
    Wird’s so wohl recht sein.
    KLOSTERBRUDER .                      Dazu schweig ich lieber.
    Denn ich versteh den Herrn nicht recht.
    2440
    TEMPELHERR .                                       Und doch! –
    (Lass sehn, warum mir eigentlich zu tun!
    Um Machtspruch oder Rat? – Um lautern, oder
    Gelehrten Rat?) – Ich dank Euch, Bruder; dank
    Euch für den guten Wink. – Was Patriarch? –
    Seid Ihr mein Patriarch! Ich will ja doch
    Den Christen mehr im Patriarchen, als
    Den Patriarchen in dem Christen fragen. –
    Die Sach’ ist die …
    KLOSTERBRUDER .           Nicht weiter, Herr, nicht weiter!
    Wozu? – Der Herr verkennt mich. – Wer viel weiß,
    2450
    Hat viel zu sorgen; und ich habe ja
    Mich Einer Sorge nur gelobt. – O gut!
    Hört! seht! Dort kömmt, zu meinem Glück, er selbst.
    Bleibt hier nur stehn. Er hat Euch schon erblickt.
Zweiter Auftritt
    Der
PATRIARCH ,
welcher mit allem geistlichen Pomp den einen Kreuzgang heraufkömmt, und die
VORIGEN .
    TEMPELHERR .
    Ich wich’ ihm lieber aus. – Wär nicht mein Mann! –
    Ein dicker, roter, freundlicher Prälat !
    Und welcher Prunk!
    KLOSTERBRUDER .

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