Nathan der Weise
forschen wird, und der sich erinnert, dass er Nathan »vor achtzehn Jahren«, damals noch ein »Reitknecht«, »ein Töchterchen [...] von wenig Wochen« (2971 f.) gebracht hat, das er von »Wolf von Filnek« (2976), dem Vater, übernommen hatte, als die Mutter des Kindes gestorben war. Nathan erinnert sich an die Situation. Der Klosterbruder hat sogar noch »ein Büchelchen [...] vom sel’gen Herrn« (3102).
8. Daja berichtet Nathan, dass Prinzessin Sittah Recha zu sich hat rufen lassen. Daja beabsichtigt nun, Recha selbst über deren wahre Herkunft zu informieren.
V. Aufzug
1. Bei Sultan Saladin wird der endlich eintreffende Geldtransport aus Ägypten ausgeladen.
2. Saladin lässt sich vom Krisengebiet im Libanon berichten.
3. Der Tempelherr, unter Palmen vor Nathans Haus auf und ab gehend, durchdenkt seine Situation und befürchtet, dem Patriarchen zu viel anvertraut zu haben.
4. Der Klosterbruder bringt Nathan das Buch, »der Tochter ganzes väterliches Erbe« (3295), das Nathan helfen soll, die wahren Verwandtschaftsverhältnisse aufzuklären.
5. Der Tempelherr trifft auf Nathan. Dem Tempelherrn tut längst Leid, dass er dem Patriarchen mehr gesagt hat, als gut war. Er gesteht auch, dass Daja ihm die wahre Geschichte Rechas anvertraut hat. Er glaubt Nathan einen sicheren Vorschlag zur Rettung Rechas und zur Lösung aller Probleme zu machen, indem er sagt: »Gebt sie mir!« (3444 f.). Doch Nathan zögert, bittet den Tempelherrn, ihm zu Saladin zu folgen, dort werde er unter anderem den Bruder Rechas kennen lernen.
6. Recha ist inzwischen bei Sittah eingetroffen und freundschaftlich empfangen worden. Sie durchschaut die Situation nicht und merkt nur, dass Daja, die ihr »so viel Gutes, – so viel Böses« (3576) erwies, neue Konflikte geschaffen hat, indem sie verbreitete, Recha »sei aus christlichem Geblüte« (3635) und Nathan nicht ihr wahrer Vater.
7. Den eintretenden Sultan fleht Recha an, ihr zu helfen und ihr Nathan als Vater zu lassen. Saladin bietet an, im Notfall selbst die Vaterrolle übernehmen zu wollen. Indirekt empfiehlt er jedoch, nicht auf die Obhut eines Vaters zu setzen, sondern nach jemandem Ausschau zu halten, »der mit uns um die Wette leben will« (3675).
Letzter Auftritt: Jetzt treffen auch Nathan und der Tempelherr bei Saladin ein. Damit sind alle Hauptpersonen und die wichtigsten Repräsentanten der drei Hauptreligionen versammelt. Nun werden alle Probleme und Konflikte gelöst. Indem der Sultan berichtet, dass der Geldtransport eingetroffen und er wieder »reich« (3694) sei und Nathan die Anleihe zurückzahlen könne, ist ein Nebenproblem beseitigt. Wichtiger sind die Darlegungen Nathans. Er kann jetzt nachweisen, dass der Tempelherr nicht Curd von Stauffen, sondern Leu von Filnek heißt. Seine Mutter war eine »Stauffin« (3771), aber sein Vater hieß Wolf von Filnek, war kein Deutscher, sondern in Wahrheit Assad, der verschollene Bruder des Sultans. Curd von Stauffen nahm den Sohn seiner Schwester »an Kindes statt« (3776) an und stellte ihn unter seinem Namen als Curd von Stauffen vor. Recha hieß ursprünglich »Blanda von Filnek« (2976) und ist die leibliche Tochter von »Wolf von Filnek« (2976) und einer »Stauffin« (3098), nämlich der Schwester von »Conrad von Stauffen« (3100), wie der Klosterbruder berichtete und wie aus dem »Büchelchen« (3102) hervorgeht. Recha und der Tempelherr sind also leibliche Geschwister, zudem mit Saladin und Sittah verwandt. Alle Hauptpersonen – Saladin, der Tempelherr und Recha – sind miteinander verwandt; nicht blutsverwandt, doch geistesverwandt mit diesen ist Nathan, der Weise. Zweitrangig erscheinen demgegenüber die Unterschiede der Nationen und Konfessionen.
3. Personen
Das Personenverzeichnis
Es entspricht den Regeln der zur Zeit Lessings gültigen Poetik, dass Saladin, der Sultan von Syrien und Ägypten, als Erster genannt wird, obwohl er nicht die Hauptperson des Dramas ist. Entsprechend der sogenannten Ständeklausel gebührt dem Herrscher Saladin und seinem Haus, hier vertreten durch Sittah, seine Schwester, der erste Rang im Personenverzeichnis. Sultan Saladin ist eine historische Person: Zusammen mit dem Hinweis »Die Szene spielt in Jerusalem« kann man so den geschichtlichen Hintergrund des Dramas erschließen.
Unter der Herrschaft von Sultan Saladin ist das Miteinanderleben unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen Konfessionen offensichtlich möglich. Zum Haus des Juden Nathan gehören
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