Nathan King - der Rinderbaron
andere als unschuldig war.
“Ich denke, ich hatte in den letzten beiden Tagen so viel zu tun, dass mir die Stille noch gar nicht bewusst geworden ist”, antwortete sie ruhig.
“Das kommt noch”, sagte Nathan überzeugt. “Und dann wird Ihnen die Ruhe hier gefallen, oder Sie werden sie hassen. Eines lässt sich ganz bestimmt über das Outback sagen: Es trennt ganz schnell die bloßen Besucher von denjenigen, die bleiben.”
“Das ist mir auch schon klar geworden. Ich habe mir sagen lassen, dass auch das Personal eine Art Outback-Koller bekommt, wenn man ihm nicht regelmäßige Auszeiten einräumt.”
Wenn Miranda geglaubt hatte, das Gespräch damit auf eine unpersönlichere Ebene gelenkt zu haben, wurde sie durch Nathans nächste Bemerkung eines Besseren belehrt. “Nicht nur das Personal”, erwiderte er trocken, “sondern auch die meisten Frauen, die ich bislang kennengelernt habe.”
Der Blick, den er ihr dabei zuwarf, schien abschätzen zu wollen, ob sie den nötigen Mumm hatte, um zu bleiben. Unwillkürlich fiel Miranda die Frau ein, die es vorgezogen hatte, einen anderen zu heiraten. Hatte sie ihr Leben nicht auf einer Rinderfarm im Outback verbringen wollen? Aber warum hätte Nathan King die Beziehung über Jahre fortführen sollen, wenn sie ihm nicht gepasst hätte?
“Es gibt sicher auch Frauen, die für ein Leben im Outback geboren worden sind so wie Sie”, beharrte Miranda. “Sam zum Beispiel.”
“Ach, Sam …” Er sah sie spöttisch an. “Glauben Sie mir, es gibt nicht viele Frauen wie Sam, und sie hat nur Augen für Tommy. Eines Tages hört er vielleicht endlich auf, dem falschen Flitter nachzujagen, und erkennt das Gold direkt vor seiner Nase.”
Miranda nahm diese Information über Sam und Tommy aufmerksam zur Kenntnis, wandte jedoch ein: “Vielleicht will er ja gar nicht genau hinsehen. Manche Männer wollen sich nicht wirklich an eine Frau binden.”
“Sprechen Sie aus persönlicher Erfahrung?”
Sie kämpfte die Erinnerung an ihre persönliche Demütigung nieder, denn sie wollte nicht vor einem Mann das Gesicht verlieren, der sich zwei Jahre mit einer Frau vergnügt hatte, die ihm offensichtlich zum Heiraten nicht gut genug gewesen war. Warum sonst hätte er sie an einen anderen Mann abgeben sollen? Nach dem Motto, dass Angriff die beste Verteidigung ist, drehte sie den Spieß bewusst um. “Mir drängt sich da die Frage auf, warum Sie nicht irgendwo in der Weite der Kimberleys längst auf Gold gestoßen sind.”
Um seine Mundwinkel zuckte es belustigt. “Das ist so eine besondere Sache mit Gold. Es besitzt eine ganz bestimmte chemische Zusammensetzung. Wenn die entscheidenden Komponenten fehlen, ist es nur Katzengold.”
“Nun, vielleicht fehlen ja genau diese Komponenten für Tommy”, warf sie ein. Was die Chemie zwischen ihr und Nathan betraf … darüber wollte sie lieber nicht nachdenken!
“Nein. Er versteckt sich hinter seinen Neckereien, Sam versteckt sich hinter ihrer Aggressivität. Und natürlich steht Tommy seine verdammte Eitelkeit im Weg. Wenn er könnte, würde er auch Sie gern der Liste seiner Eroberungen hinzufügen.”
Sie waren beim Hubschrauber angelangt, und Nathan öffnete Miranda die Tür. Doch Miranda rührte sich nicht. Sie dachte plötzlich an das Abendessen bei den Kings. Nathan hatte sich den ganzen Abend herausgehalten, abwartend beobachtet und sich erst eingemischt, als Tommy erwogen hatte, ihr die üblichen Ausflugsrouten der Touristen zu zeigen. Hatte sie Nathans Intention, was sie betraf, vielleicht völlig missverstanden? Hatte es vielleicht gar nichts damit zu tun, dass er sich sexuell zu ihr hingezogen fühlte?
Sie sah ihn direkt an. “Ist das vielleicht der Grund, warum Sie mich heute mitnehmen, Nathan? Wollen Sie sich zwischen mich und Tommy stellen, um Sams Gefühle zu schützen?”
Das Aufleuchten in seinen Augen verriet, dass er ihre Offenheit zu schätzen wusste. “Nun, nach meiner bisherigen Beobachtung fühlen Sie sich nicht besonders zu ihm hingezogen, Miranda. Aber Tommy gibt nicht so leicht auf … und mit der Zeit, wenn Sie anfangen, sich hier im Outback zu langweilen, sehen Sie in ihm vielleicht eine willkommene Ablenkung.”
“Ich verstehe. Sie warnen mich also, die Finger von ihm zu lassen.”
“Nein. Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Ich halte nichts davon, mich in die Entscheidung anderer Menschen einzumischen. Aber es würde mir sehr leidtun, wenn Sams Gefühle verletzt werden sollten. Es ist eine Sache, zu
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