Nathan King - der Rinderbaron
Wirkung ausübte.
Obwohl sich die Blicke aller sofort auf ihn richteten, sah Nathan nur sie, Miranda, an, forschend und eindringlich, als wollte er ihr bis auf den Grund der Seele blicken. Sie zwang sich, dieser Prüfung standzuhalten, und redete sich ein, es wäre ihr egal.
Bobby redete selbstbewusst auf ihn ein. Nathans Miene war keine Reaktion zu entnehmen, aber als sie in Mirandas Hörweite kamen, wandte Nathan sich Bobby zu und sagte vernehmlich: “Sie sprechen mit dem falschen Mann. Dieser Ferienpark gehört zum Geschäftsbereich meines Bruders Tommy, der wiederum die Leitung sehr gern Mirandas fähigen Händen überlässt.”
Anscheinend war Bobby schon kräftig dabei, über ihren Kopf hinweg seine Intrigen zu spinnen. Allerdings war Nathan da wirklich die falsche Adresse, was bedeutete, dass Bobby es so bald wie möglich bei Tommy versuchen würde.
Zunächst einmal ließ er sich nicht so leicht abspeisen. “Aber Sie arbeiten doch sicher zusammen?”, wandte er ein.
“Als Familie, ja. Aber keiner von uns mischt sich in die besonderen geschäftlichen Interessenbereiche des anderen ein.” Mit einer arroganten Handbewegung kam Nathan jeder weiteren Entgegnung Bobbys zuvor. “Wobei ich vielleicht hinzufügen sollte, dass die ganze Familie zusammensteht, um die Interessen jedes Einzelnen von uns zu beschützen, sollten sie bedroht werden.” Er sah Miranda bezeichnend an. “Hier draußen in den Kimberleys kümmert man sich um die Seinen.”
Miranda überlegte fieberhaft, was sie davon halten sollte. Betrachtete Nathan sie als “die Seine”? Wollte er ihr auf diese Weise zu verstehen geben, dass sie sich vor Bobby sicher fühlen konnte, egal, was der wem auch immer über sie erzählte?
“Sie sind einer der Kings?”, mischte sich ein anderer Gast ein, der Nathans letzte Worte mitbekommen hatte.
Nathan wandte sich ihm lächelnd zu. “Ja. Nathan King. Mein Geschäft ist die Rinderfarm. Und mit wem habe ich die Ehre?”
Man stellte sich gegenseitig vor und schüttelte sich die Hand. Andere Gäste hatten sich dazugesellt und erkundigten sich interessiert, wie das Leben eines Rinderzüchters im Outback aussah.
“Nun, ein wichtiger Punkt ist, dass man immer bereit sein muss, mit Notfällen aller Art fertig zu werden”, antwortete Nathan. “Heute Nachmittag zum Beispiel ist einer meiner Viehhüter vom Pferd gestürzt, und es besteht der Verdacht, dass er sich das Rückgrat gebrochen hat.”
Jeder in der Runde drückte Betroffenheit und Mitgefühl aus. Miranda schwieg bestürzt. War das der Grund für Nathans verspätetes Eintreffen gewesen?
“Hier draußen hat man nicht die Möglichkeit, einfach einen Krankenwagen zu rufen”, fuhr Nathan fort. “Unter Anleitung der Ärzte vom ‘Flying Doctor Service’ haben wir den Mann also mit aller Vorsicht zur Landebahn der Farm transportiert, ihn in ein Flugzeug geladen und zum Krankenhaus geflogen.”
“Und? Gibt es schon Nachricht?”, fragte Miranda schuldbewusst, weil sie nur an ihre Probleme gedacht hatte, während einer von Nathans Männern in diesem Moment vielleicht um sein Leben kämpfte.
“Nein.” Nathan sah sie an. “Es war schon halb sechs, als wir ihn endlich sicher im Flugzeug und auf dem Weg zum Krankenhaus hatten. Ich habe darum gebeten, dass ich hier angerufen werde, sobald man etwas Neues weiß.”
“Natürlich”, sagte Miranda rasch. “Möchtest du jetzt einen Drink?”
“Ja.” Er deutete zur Bar. “Soll ich mich selbst bedienen?”
Der Barober war gerade mit einem Tablett voller Drinks zu einer Gruppe von Gästen unterwegs. “Komm mit, ich kümmere mich persönlich darum”, schlug Miranda Nathan vor, in der Hoffnung, so einen Moment allein mit ihm sprechen zu können.
“Danke”, sagte er nun so kühl, dass ihre Zweifel erneut erwachten.
Der Unfall des Farmarbeiters hatte den Gästen für den Augenblick ein Gesprächsthema geliefert. Sie unterhielten sich angeregt. Miranda war für diese Ablenkung dankbar, obwohl ihr in den Sinn kam, dass genauso gut auch Nathan ein solcher Unfall hätte treffen könne. Wie hätte sie sich dann gefühlt?
“Es tut mir leid … das mit dem Viehhüter”, sagte sie schuldbewusst.
“Und mir tut es leid, dass ich nicht pünktlich hier war”, erwiderte Nathan ruhig.
“Der Verletzte war wichtiger”, versicherte sie ihm.
“Manchmal sind Verletzungen nun mal nicht so einfach zu erkennen.”
Miranda schluckte. Meinte er damit sie? Oder sich selbst? Oder Bobby? Sie sah ihn fragend
Weitere Kostenlose Bücher