Nathanael
aufsprang. «Ich muss zu Tessa. Ihr alles erklären.»
Aufgelöst rannte er zur Tür.
«Sie weiß es bereits.» Nathanaels Antwort stoppte ihn.
«Aber nach allem, was Sie gesagt haben, schwebt sie in Gefahr. Ich muss zu ihr, um es wieder gutzumachen. Ich … Oh, mein Gott. Was habe ich getan?»
Nathanael beugte sich vor und hielt den Geistlichen fest. «Im Engelsghetto ist sie sicher vor den dunklen Mächten.»
«Ja, wenn sie dort noch ist.»
Was sagte dieser verfluchte Priester da? Nathanaels Atem stockte.
«Was heißt das?» Seine Stimme erfüllte den Raum.
«Steven wollte sie dort abholen, sobald er gelandet ist», erklärte Macombe.
Nathanael glaubte, sich verhört zu haben, und unterdrückte einen Fluch.
«Greenberg ist zurück? Und Sie haben ihm die Adresse gegeben? Er ist der Drahtzieher des Ganzen!», rief er verärgert aus. «Haben Sie keinen blassen Schimmer davon, in welche Gefahr Tessa gerät, wenn er sie aus dem Ghetto entführt? Wie konnten Sie nur, Reverend? Joel hat Ihnen doch sicher erklärt, dass diese Adresse geheim bleiben muss.»
Nathanael war so zornig auf Macombe, dass er sich mit Gewalt zurücknehmen musste, ihm nicht an die Gurgel zu gehen. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.
Er musste so schnell wie möglich zurück, um Tessa zu beschützen. Die Angst um sie brannte wie Säure in seinen Adern.
«Ich konnte doch nicht ahnen, dass das auch für ihren Freund gilt. Außerdem dachte ich, Sie wären bei ihr.»
Nathanael packte Macombe an den Schultern und schüttelte ihn. «Sie haben schon genug Schaden angerichtet.»
«Ich habe es nur gut gemeint. Wenn ich nur geahnt hätte, dass sie dort allein ist …» Tränen schimmerten in den Augen des Priesters.
Seine Sorge um Tessa wirkte echt, so aufgebracht, wie er war. Nathanael ließ ihn los. Macombe war gutgläubig und sehr naiv, aber er liebte Tessa anscheinend wirklich.
Traf Greenberg sich vielleicht mit Leviathan? Es durchfuhr ihn heiß vor Angst bei dieser Vorstellung, Tessa wäre beiden ausgeliefert.
«Wieso kommt Greenberg schon zurück?» Er wünschte diesen Kerl in die Hölle.
«Ich … ich hab ihn angerufen, weil ich dringend Geld brauchte», gestand Macombe leise. Reumütig blickte er zu Nathanael auf. «Tessa weiß davon nichts. Sie hätte mir sicher ausgeholfen, aber das wollte ich nicht mehr. Sie hatte mir erst vor Kurzem eine beträchtliche Summe gegeben, da konnte ich sie doch nicht schon wieder um Geld bitten.»
«Welches Geld, zum Teufel?»
«Das Geld für meine Kirche. Ich war verzweifelt, denn ich hätte sie schließen müssen. Nur Stevens finanzieller Unterstützung habe ich es zu verdanken, dass die Renovierungsarbeiten aufgeführt werden können.»
Macombes Erklärung klang plausibel und ehrlich. Greenberg, der Retter. Nathanael sträubte sich gegen diese Vorstellung.
«Glauben Sie, das hat Greenberg aus Nächstenliebe oder wegen Tessa getan?»
Macombe hob an, um etwas zu erwidern, aber Nathanael schnitt ihm das Wort ab.
«Ich wette, Greenberg hat nie ohne Berechnung investiert.»
Langsam wurden ihm die Zusammenhänge immer klarer. Greenbergs plötzlicher Erfolg und Reichtum. Er hatte den Pakt mit Luzifer geschlossen und die Gutgläubigkeit des Priesters ausgenutzt, um an Informationen zu kommen. Für jede Seele, die Luzifer gewann, manipulierte er Greenbergs Geschäfte zu dessen Gunsten. Vielleicht war Hazel dahinter gekommen und er hatte sie deshalb beseitigt. Und Tessa?
«Wann und wo landet Greenberg?»
Macombes Lippen zitterten. «Mit der Acht-Uhr-Maschine aus München am JFK.»
Nathanael warf einen Blick auf seine Uhr, die halb neun anzeigte, und eine eiskalte Hand umspannte sein Herz. «Hoffentlich ist nicht alles zu spät.»
«Großer Gott, ich könnte es mir nie verzeihen, wenn Tessa etwas zustieße …»
Macombe fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. Tiefe Falten hatten sich in seine Stirn gegraben. Er wirkte, als hätte ihm jemand das Leben aus dem Körper gesogen.
Nathanael ballte die Hand zur Faust. «Wenn Tessa auch nur ein Haar gekrümmt wird, dann schicke ich Sie mitsamt Greenberg in die Hölle!»
«Sie lieben sie, nicht wahr?»
Nathanael blieb ihm eine Antwort schuldig, wandte sich um und stürzte aus dem Haus.
«Warten Sie doch! Nathanael, ich …!»
Die letzten Worte Macombes verschluckte der übliche Großstadtlärm. Aber es war ihm egal, was der Priester von ihm wollte. Tessa schwebte in Gefahr.
26.
Mühsam öffnete Tessa die bleiernen Lider. Sie brauchte einen
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