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Nathanael

Titel: Nathanael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Landers
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ersten Mal erlebte Nathanael, wie sein Vater um Fassung rang. «Er ist auch der deine!»
    «Eines weiß ich, ich will nie so sein wie du und deinesgleichen. Kalt. Rücksichtslos!»
    Michaels Miene verzerrte sich und besaß nichts Engelhaftes mehr. Sein Blick zwang Nathanael, in die Tiefen seines Innern zu blicken.
    Nathanael sah mit Schwertern bewaffnete Engel, die sich in zwei Heeren gegenüberstanden. Das größere Heer führte Michael an, das kleinere Luzifer. Luzifers Lichtaura überstrahlte die aller Engel, auch die seines Vaters.
    Nathanael blickte in Michaels entschlossenes Gesicht, der Krieger Gottes, der sich mit unerschütterlichem Mut und Stärke den Abtrünnigen entgegenstellte, bereit, sie in den Abgrund zu treiben.
    Mit jedem Schritt, den Luzifer zurückwich, wurde sein Leuchten schwächer. Hass und Rachedurst loderten in seinen Augen. Michael kämpfte mit unerbittlicher Entschlossenheit weiter und zwang Luzifer in die Knie.
    Die Klinge von Michaels Flammenschwert glühte blutrot. Als würde Blut daran haften , schoss es Nathanael in den Sinn. Ihm war klar, dass sein Vater nicht zögern würde, auch ihn zu opfern, wenn er versagte und sich dem göttlichen Willen widersetzte.
    «Zeige Demut, mein Sohn. Wer sich gegen mich und den göttlichen Willen stellt, ist auf Luzifers Seite. Erfülle deine Mission oder du wirst zu den Verdammten gehören. Besiege Leviathan und erweise dich deines Blutes würdig.»
    Michaels Stimme brachte Nathanaels Brustkorb wie Schallwellen zum Vibrieren.
    Nathanael wusste nicht viel über die Verdammten. Sie waren ständig auf der Flucht vor Azazel, dem Seelensammler, der alle Geächteten jagte und tötete. In ihrer Angst schlossen sich viele Luzifer an.
    Nathanael verfluchte sein Erbe, das ihn stets in einen Zwiespalt trieb zwischen Himmel und Hölle.
    «Ich werde meine Mission beenden. Doch nicht, weil du mir den Auftrag erteilt hast, sondern um die Frau, die ich liebe, zu schützen.»
    Einen Fluch unterdrückend wandte er sich ab und ging davon. Die Bitterkeit kratzte in seinem Hals wie Glassplitter.

26.
    Nathanael rannte zu Macombes Haus. Keuchend hielt er vor dem Zaun inne, der ihn an aufgereihte Speere erinnerte.
    Er hatte Glück, in einem der Zimmer im Obergeschoss brannte Licht. Doch das Tor im Zaun war abgesperrt. Kein Problem für jemanden wie ihn. Mit einem Satz stand er im Garten und lief zur Haustür.
    Macombe öffnete erst beim dritten Klingeln.
    «Guten Abend, Reverend. Haben Sie einen Moment Zeit?»
    «Sie sind allein? Ist was mit Tessa?», fragte Macombe und blickte an Nathanael vorbei zum Gartentor.
    «Nein, es geht ihr gut.»
    Macombe stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
    «Ich bin allein hier, um mit Ihnen zu reden, Reverend.»
    Der Priester trat zur Seite. «Kommen Sie rein.»
    Er winkte Nathanael in den Flur und zeigte auf eine Tür am Ende des Korridors. «Da lang.»
    Nathanael ging voran und betrat nach wenigen Schritten einen quadratischen Raum mit einem winzigen Fenster, neben dem ein umso größeres Kreuz hing.
    Deckenhohe Regale ringsum beherbergten unzählige Bücher. Zumeist christliche und historische Bücher, wie er auf den ersten Blick erkennen konnte. Die Anzahl und Dichte der Bücher wirkte erdrückend auf ihn.
    «Ich bereite mich gerade auf die Sonntagspredigt vor», erklärte Macombe und steuerte den Schreibtisch an, der mitten im Raum stand.
    Darauf lag die aufgeschlagene Bibel, daneben eine Brille. Auf einem der beiden Shakerstühle vor dem Schreibtisch nahm Nathanael unaufgefordert Platz. Macombe setzte sich in den cognacfarbenen Ledersessel ihm gegenüber.
    «Wollte Tessa nicht mitkommen?»
    «Ehrlich gesagt, sie weiß gar nicht, dass ich hier bin. Ich wollte mit Ihnen unter vier Augen reden.»
    Der Priester schien überrascht und hob die Brauen.
    «Was haben Sie auf dem Herzen?»
    Ein Routinefrage, die der Geistliche sicher jeden Tag stellte. Macombe lehnte sich zurück und faltete die Hände auf seinem Schoß. Er schien nicht zu ahnen, was er von ihm wollte, sonst wäre er nicht so ruhig geblieben. Die Informationen aus Seths Datei und die Aussage der Alten vor Levis Haus sprachen für seine Schuld. Konnte Macombe tatsächlich so abgebrüht sein und sich derart gelassen zeigen?
    «Ich bin hier, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen.»
    Erstaunen zeichnete sich in Macombes Miene ab. «Schießen Sie los.»
    Nathanael beugte sich vor. «Woher kennen Sie Arthur Levi?»
    Macombes Stirn legte sich in Falten. «Tut mir leid, den kenne ich

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