Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
erraten, was der größte Wunsch deines Beschützers ist.« Sein Blick ruhte anzüglich auf mir. »Oder sollte ich sagen: der zweitgrößte Wunsch?«
Ich hielt seinem Blick stand und ignorierte seine Bemerkung. »Er wird nicht kommen. Tut mir leid, dich zu enttäuschen.«
Lazarus blieb stehen. »Tatsächlich?« Seine Stimme klang überrascht. »Er lässt sich die Gelegenheit entgehen, mir gegenüberzutreten?«
»Du wirst dir etwas Neues einfallen lassen müssen«, erwiderte ich kalt.
Lazarus schwieg einen Augenblick. »Du hast es ihm ausgeredet«, sagte er dann langsam.
Ich sah keinen Sinn darin, das Offensichtliche zu verleugnen. »Es ist mir egal, was du vorhast. Ich werde nicht zulassen, dass du ihn gefährdest. Daran hat sich nichts geändert.«
»Wie schade«, flüsterte Lazarus. Im nächsten Moment stand er so nahe vor mir, dass ich mit dem Rücken gegen den Kamin stieß und die Hitze des Kaminfeuers an meinen Beinen spürte. »Ich hatte gehofft, mein kleiner Auftritt heute Abend wäre überzeugender gewesen.«
Ich spürte seinen Atem in meinem Gesicht. Lazarus breitete seine schwarzen Flügel aus und ließ mir keine Möglichkeit, ihm auszuweichen.
»Nicht überzeugend genug«, stieß ich hervor.
Der Dämon hob seine Hand an meinen Hals und zeichnete mit einem Finger die Wunden an meinem Hals und meinem verletzten Ohr nach. Seine Berührung schmerzte im Traum nicht annähernd so sehr wie in der Realität.
Obwohl mein Herz bis zum Hals schlug, zwang ich mich, ruhig zu sprechen. »Ich habe noch ein anderes Ohr. Wie wäre es damit?« Ich bekam den herablassend-spöttischen Ton in der Stimme nicht so gut hin wie Lazarus, aber offenbar war es gut genug.
Der Dämon hielt inne. Er ließ seine Hand sinken und betrachtete mich. »Du stellst dich zwischen mich und ihn?«, fragte er leise. »Um ihn zu schützen? Obwohl du weißt, was ich dir antun könnte?« Der ungläubige Ausdruck in Lazarus' vernarbtem Gesicht schien echt zu sein.
»Du glaubst zu wissen, was ich für ihn empfinde?«, erwiderte ich. »Deine Verwunderung beweist, dass du nicht einmal annähernd verstehst, was er mir bedeutet.«
Lazarus starrte mich lange an. Es erschien mir wie eine halbe Ewigkeit, bis er mich plötzlich freigab. Er zog sich einen Schritt zurück und sein Gesicht nahm wieder den gewohnten überheblichen Ausdruck an.
»Dann werde ich wohl ein wenig überzeugender sein müssen«, flüsterte Lazarus und ließ seinen Blick in einer Art und Weise über meinen Körper wandern, der mir einen Schauer über den Rücken jagte.
»Ich werde etwas tun müssen, das ihn so wütend macht, dass er sich deinen Wünschen widersetzt.« Lazarus' Tonfall wechselte von bedrohlich zu widerwärtig schmeichelnd, während er langsam seine Hand nach meiner Taille ausstreckte. »Kannst du dir vorstellen, wovon ich spreche, Victoria?«
Mit einer blitzschnellen Bewegung zog ich Melindas Anhänger unter meinem Shirt hervor und streckte ihn Lazarus entgegen. Der Dämon fror in seiner Bewegung ein und der Hauch von Erheiterung erschien auf seinen Lippen.
»Dein Erzengelanker, natürlich«, flüsterte er. »Ich habe mich schon gefragt, wann du ihn einsetzen würdest. Aber du wirst ihn nicht immer bei dir tragen. Der Moment wird kommen, in dem du mir wehrlos gegenüberstehen wirst. Und dann werde ich dich dazu zwingen, mich um meine Berührung zu bitten, Victoria .« In seinen Worten schwang etwas mit, das mir den Magen umdrehte.
»Geh zum Teufel«, stieß ich hervor, ohne meinen Anker zu senken.
»Zum Teufel?« wiederholte Lazarus. »Wirklich? Zum Teufel ?« Bedrohlich zischte er mich an.
Ich presste meine Lippen aufeinander und ließ ihn nicht aus den Augen. Melindas Anhänger zitterte in meiner Hand.
»Wie du wünschst«, zischte Lazarus spöttisch. »Aber denk an meine Worte. Überzeuge ihn, mich morgen um Mitternacht zu treffen, Victoria, sonst werde ich den Schild zerstören. Das ist mein Versprechen!«
Im nächsten Augenblick war er verschwunden, und mit ihm das Kaminfeuer und der weiße Marmorpalast.
Nathaniels sanfter Schimmer erhellte mein Schlafzimmer, während er neben mir ausgestreckt und auf einen Ellbogen gestützt, besorgt mein Gesicht musterte. Ich ersparte es ihm, die Frage auszusprechen.
»Es ist nicht so gut gelaufen«, murmelte ich und rieb mir mit der Hand über die Augen. Nathaniels weiche Federn, auf denen ich lag, knisterten unter meiner Bewegung.
»Ich lasse nicht zu, dass er dich noch einmal berührt«, knurrte Nathaniel
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