Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
in der Dunkelheit. »Und wenn er eine ganze Armee von Inferni schickt!«
Ich starrte Nathaniel schweigend an. Hier ging es nicht um die abstoßenden Inferni mit ihren verwesenden Körpern und den negativen Gefühlen, die sie wie eine Seuche verbreiteten. Lazarus hatte gedroht, den Schild zu zerstören, wenn Nathaniel nicht einwilligte, ihn zu treffen. Ohne den Schild wären meine wahren Gefühle für Nathaniel vor den Erzengeln offenbart und Nathaniel würde fallen. Ich musste mir ernsthaft die Frage stellen, ob ein Treffen mit Lazarus nicht die geringere Gefahr bedeuten würde.
»Er beherrscht deine Gedanken«, flüsterte Nathaniel, während er mir sanft über die Haare strich.
Ich blinzelte abgelenkt. »Wie bitte?«
»Ich höre nicht mehr, was du denkst.« Seine Stimme klang traurig. »Das muss bedeuten, dass deine Gedanken bei ihm sind. Dieser Schild …« Nathaniel schüttelte gequält den Kopf.
»Ich möchte dir eine Frage stellen«, sagte ich leise.
»Alles, was du willst.«
Ich drehte mich ein wenig in seinen Armen, so dass ich ihn richtig ansehen konnte. »Ich möchte, dass du mir die Wahrheit sagst und dass du nichts vor mir verheimlichst.«
Nathaniel nickte.
Ich holte tief Luft. »Angenommen, du würdest auf dieses Treffen eingehen. Könnte Lazarus dir etwas anhaben?«
Ich beobachtete Nathaniels Gesichtszüge im Halbdunkel seiner schimmernden Haut.
Es dauerte einige Augenblicke, bis er mir antwortete.
»Nein.«
Ich atmete erleichtert auf.
Seine Finger strichen leicht wie Schmetterlingsflügel über die Wunden an meinem Hals. »Nichts, das nicht wieder heilen würde.«
»Was?«
»Sollte es zu einem Kampf kommen - und davon gehe ich aus, denn ich werde seine Flügel in Fetzen reißen, sobald ich ihn in die Finger bekomme dann werde ich wohl die eine oder andere Schramme abbekommen. Ein Kampf zwischen einem Engel und einem Dämon ist kein schönes Schauspiel, Victoria.«
Ich starrte ihn entsetzt an.
»Du wolltest die Wahrheit«, flüsterte er.
Ich räusperte mich, um meine Stimme wiederzufinden. »Könnte er … ich meine, wird er versuchen … dich …?« Ich brachte die letzten Worte nicht über die Lippen.
»Zu vernichten?«, fragte Nathaniel leise und strich beruhigend über mein Gesicht. »Nein. Es gibt Gesetze, an die sich selbst Dämonen halten müssen.«
»Lazarus hält sich an eure Gesetze?« Ich verzog zweifelnd das Gesicht.
»Es gibt jemanden, dessen Zorn sich Lazarus bestimmt nicht zuziehen will.« Nathaniel blickte mich ruhig an, um meine Reaktion abzuschätzen. »Luzifer.«
Ich schluckte.
»Luzifer?«, murmelte ich. »Wie, etwa der Teufel?«, fragte ich und lächelte ungläubig, bis ich Nathaniels Gesichtsausdruck sah. »Du meinst das ernst? Der Teufel? «
»Unsere Gesetze sollen den Frieden zwischen den Welten bewahren«, erklärte Nathaniel. »Es gibt sehr klare und strenge Regeln. Hätte ich Lazarus angegriffen, bevor er dich in der Welt der Sterblichen bedroht hat, hätte ich gegen unsere Gesetze verstoßen. Jetzt, nach seinem realen Angriff, darf ich dich als dein Schutzengel gegen ihn verteidigen. Aber sollte er bei unserem Treffen versuchen, mich umzubringen, würde das unsere Gesetze brechen, weil es bei dem Kampf nicht unmittelbar um dich geht.«
»Was würde geschehen?« Meine Stimme war kaum ein Flüstern.
»Luzifer würde wohl einschreiten«, meinte Nathaniel nachdenklich. »Um Lazarus zu stoppen. Denn es gibt jemanden, vor dem selbst Luzifer Respekt hat.«
»Die Erzengel?«, fragte ich leise.
Nathaniel nickte. »Luzifer würde keinen Krieg mit den Erzengeln riskieren. Nicht wegen der unkontrollierten Aggression eines seiner Dämonen gegen einen Schutzengel. Der Preis wäre ihm viel zu hoch.«
Ich betrachtete schweigend die golden glitzernden Diamanten in Nathaniels Schwingen.
»Du wolltest, dass ich dir die Wahrheit sage«, flüsterte Nathaniel besorgt.
Ich nickte kaum merklich. »Könntest du … Lazarus vernichten?« Wenn Nathaniel das tat, dann wäre der Schild vor Lazarus sicher.
»Nein. Du bist nicht in unmittelbarer Gefahr, also wäre das … ich glaube, ihr nennt es Notwehrüberschreitung.« Er lächelte grimmig. »Aber ich würde ihn in Einzelteilen zurück in die Hölle schicken.«
Ich nickte nachdenklich. Nathaniel strich beruhigend über mein Haar, während ich meinen Kopf an seine Brust legte.
»Darf ich dich jetzt etwas fragen?« Seine Stimme klang samten in der Dunkelheit. Ich wartete schweigend.
»Hast du deine Meinung geändert?
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