Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
zu fallen?«
Ramiel grinste. »Etwas Gutes wahrscheinlich.« Dann zuckte er mit den Schultern. »Kommt bei Dämonen wohl eher selten vor. Im Allgemeinen werden Dämonen aus dem Zirkel ausgeschlossen, weil sie Luzifers Befehle missachten oder weil er ihnen misstraut. Das ist der Nachteil an einer dämonischen Armee.« Ramiel wedelte mit der Hand. »Nicht sehr loyal, die Typen, verstehst du?«
»Und Möglichkeit Nummer zwei?«
Ramiel schüttelte den Kopf. »Nicht sehr wahrscheinlich. Lazarus müsste sich aus freien Stücken von Luzifer lossagen. Da könnte er gleich sein eigenes Todesurteil unterschreiben.«
»Klingt wie bei einer Gang«, murmelte ich.
»Wer, glaubst du, hat denn dieses Gang-Konzept entwickelt? Dein Auto steht übrigens dort hinten.«
»Ich weiß. Ich wollte noch kurz bei der Kirche vorbeischauen. Nathaniel hat mich hierhergebracht an dem Abend, als ich ihn erkannt habe.« Ich wich Ramiels Blick aus. »Sentimentaler Blödsinn, ich weiß.«
»Geh wenigstens nicht durch den Park, sondern außen herum.«
»Nicht, dass wir noch einem Inferni begegnen, das wäre wirklich gruselig«, murmelte ich ironisch. Trotzdem nahm ich den beleuchteten Weg entlang der Straße. Ramiel folgte mir und ebenso das lästige Dutzend Inferni, das uns ständig auf den Fersen war. Aus den Büschen des Parks schlurften noch ein paar Inferni hervor und gesellten sich zu dem Tross. Sie zischten nervös, als ich die Stufen zur Kirche hinaufging. Die Tore der Kirche waren geschlossen. Ich drückte dagegen. Versperrt.
»War ja klar.« Ich drehte mich mit einem traurigen Lächeln zu Ramiel um. »Schade, dass Adalbert nicht hier ist mit seinem Dietrich. Wie kommt es eigentlich, dass er …?«
Ich erstarrte. Am Fuß der Stufen, umringt von seinen Inferni, stand Lazarus.
EIN DUNKLER BESCHÜTZER
Ramiel trat sofort vor mich. Lazarus' Gesicht verzog sich zu einer bedrohlichen Grimasse.
»Soll ich das Gleiche mit dir machen wie mit der kleinen Silbernen?« Lazarus' Worte waren an Ramiel gerichtet. Seine Stimme klang leise und spielerisch. Sie jagte mir eine Gänsehaut über den Körper.
Nicht! Ich fasste Ramiels Arm und zog ihn zurück. Gib ihm keinen Grund dich anzugreifen!
Ramiel zögerte. Sein ganzer Körper war angespannt.
»Schick ihn fort, Victoria«, forderte Lazarus. »Ich würde gern etwas Zeit mit dir verbringen. Ungestört.«
»Ich gehe nirgendwohin«, erwiderte Ramiel. Ich erschrak über die ungewohnte Härte in seiner Stimme.
Lazarus schüttelte bedauernd den Kopf. »Wie schade … wie sagen die Menschen, drei sind einer zu viel.« Er stellte seinen Fuß auf die unterste Stufe.
Ich erschrak und die Inferni zischten und wichen ehrfürchtig zurück. Im Gegensatz zu ihrem mächtigen Anführer ertrugen sie nicht einmal die Nähe des geweihten Bodens.
»Was denkst du, Ramiel? Soll ich Victoria umarmen?«
Ramiel knurrte drohend. Das Blut wich aus meinen Wangen. Ich fuhr unwillkürlich mit den Fingern über die Narbe in meinem Gesicht, die Lazarus' Lippen hinterlassen hatten. »Eine Umarmung von dir würde mich töten«, flüsterte ich.
Ramiel machte eine Bewegung, als wollte er sich auf Lazarus stürzen. Meine Hand schloss sich fester um seinen Arm.
»Möglich«, erwiderte Lazarus leichthin. »Ich wage zu behaupten, sie würde jedenfalls einen bleibenden Eindruck hinterlassen.«
Halt! Meine Finger krallten sich in Ramiels Arm. Ich kann dich nicht auch noch verlieren!
»Schick ihn fort und ich werde dich nicht berühren«, sagte Lazarus. »Wenn er bleibt, sehe ich mich allerdings gezwungen, meinen Anspruch auf dich geltend zu machen. Und wenn dein Engel mich angreift … ihr wisst ja, was dann geschieht.« Der genüssliche Triumph in Lazarus' Stimme war widerlich.
»Du bist nicht ihr Schutzengel, Ramiel. Genauso wenig wie die kleine Silberne es war.«
»Bitte geh«, drängte ich Ramiel.
Der Engel sah mich entsetzt an. »Das ist nicht dein Ernst!«
»Geh einfach!« Meine Stimme war jetzt ein leises Flehen. »Er wird dich umbringen. Bitte, tu was ich sage und geh!«
»Ich lasse dich nicht allein mit ihm!«
Lazarus grinste. »Ich verspreche, ich passe gut auf sie auf.«
»Bitte, Ramiel«, flüsterte ich eindringlich. » Bitte! «
Ramiel starrte mir mit versteinerter Miene in die Augen. Es dauerte einen endlosen Moment – dann verschwand sein bronzener Schimmer.
Ich stand allein vor dem verschlossenen Kirchentor. Unten streckte Lazarus einladend seine Hand nach mir aus.
»Was ist?«, fragte ich mit
Weitere Kostenlose Bücher