Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
ich ein Wort mit Toms Gefühlsengel sprechen?«, bot Nathaniel an.
Ich hob überrascht den Kopf. Du redest mit den Engeln anderer Leute?
Nathaniel lachte. »Klar, es gibt einen Stammtisch, was dachtest du denn? Wir gehen regelmäßig auf ein paar Bier und spielen Poker.«
Ich runzelte die Stirn. Sehr witzig .
Nathaniel grinste. »Also … soll ich helfen?«
Ich überlegte und beobachtete dabei Mark, der Chrissy gerade etwas zuflüsterte und sie damit zum Lachen brachte. Der Ärger über die A-Liga schien vergessen.
Danke, aber ich glaube, er schafft es auch so, dachte ich schließlich.
Ich hatte mich auf eine ruhige Stunde im Chemielabor gefreut, als Frau Szysdek mit einem Knall einen Stapel Mappen auf den Lehrertisch fallen ließ. Klein und hager, mit burschikosem Kurzhaarschnitt und schmalen Lippen, trat sie vor die Klasse und zog geschäftig einen Stift und eine Liste hervor.
»Die Gruppenarbeiten des Semesters stehen an«, sagte sie mit ihrem polnischen Akzent.
Die Klasse stöhnte.
»Ich habe euch in Vierergruppen eingeteilt. Ihr seid selbst dafür verantwortlich, euch mit euren Gruppenmitgliedern zu koordinieren. Der Abgabetermin ist Mitte Januar, ihr habt also drei Monate Zeit. Organisiert euch rechtzeitig, ich werde im Januar keine Ausreden zulassen. Wer die Arbeit nicht rechtzeitig abgibt, fällt durch, verstanden? Wenn ich eure Namen vorlese, kommt bitte nach vorne und holt euch eure Aufgaben.«
Sie schlug mit der flachen Hand auf den Stapel auf ihrem Tisch. Dann hob sie den Kopf, um durch den unteren Teil ihrer Brillengläser von der Liste abzulesen. »Victoria, Anne …«
Als Anne und ich aufstanden, erhoben sich Mark und Chrissy automatisch auch.
»… ihr arbeitet mit Ariana und Katharina zusammen.«
Geschockt blieben wir stehen. Anne und ich tauschten fassungslose Blicke aus, während Mark und Chrissy sich ungläubig wieder auf ihre Stühle sinken ließen. Aus dem Augenwinkel sah ich die langen Gesichter von Ariana und Katharina. Sie waren ebenso schockiert wie wir.
»Victoria?« Frau Szysdek hob den Kopf. »Holst du bitte die Aufgabe für deine Gruppe? Wir haben heute noch Unterricht vor uns.«
Ich trottete zum Lehrertisch und nahm die Mappe von Frau Szysdek entgegen. Auf dem Weg zurück an meinen Platz sah ich Ariana und Katharina, die mich mit ihren Blicken aufspießten, so als wäre das Ganze meine Idee gewesen.
»Wie konnte denn das passieren?«, zischte Chrissy von der Bank hinter uns, als ich mich wieder in meinen Stuhl fallen ließ. »Macht die Szysdek das absichtlich oder was?«
»Ganz ehrlich?«, flüsterte ich zurück und sah Anne besorgt an, die plötzlich ziemlich blass geworden war. »Ich glaube, das war einfach ein wirklich saublöder Zufall.«
Während Frau Szysdek weiter Namen vorlas und die Schüler sich ihre Mappen von vorne holten, legte ich beruhigend meine Hand auf Annes Arm.
»Wir bringen das schon irgendwie hinter uns«, flüsterte ich.
Anne sah aus, als müsste sie sich jeden Moment übergeben.
»Ich soll eine Projektarbeit mit diesen Kühen machen?«, murmelte sie tonlos. » Das gesamte Semester lang? «
»Ich bin auch dabei, vergiss das nicht«, flüsterte ich aufmunternd. »Und ich lasse nicht zu, dass sie auch nur einen Ton gegen dich sagen.«
Anne lächelte schwach. »Versprochen?«
»Versprochen.«
Ich warf Nathaniel einen Blick zu. Na großartig. Ausgerechnet.
Er hob in gespieltem Ernst die Schultern.
»Leider kann ich diese Mädchen nicht vernichten, nur weil sie zickig sind … was macht Anne denn da?«
Ich drehte mich um und sah, dass Anne ihren Chemiebaukasten durchwühlte. Offenbar fand sie nicht, wonach sie suchte.
»Anne, was …?«
»Hast du noch etwas Säure, Vic? Oder irgendwas anderes Giftiges? Nur für alle Fälle.«
Vor der letzten Stunde hatte Chrissy Anne zum Kiosk geschleppt, um Annes Chemie-Schock in Café Lattes zu ertränken. Ich stand mit Nathaniel vor dem Physiksaal, als Herr Wagner, der Physiklehrer, in den Gang einbog. Chaotisch und schusselig wie immer balancierte er einen Kaffeebecher auf einem Stoß Aufgabenhefte.
»Victoria!«, sagte er erleichtert, als er mich entdeckte. »Könntest du bitte … ?« Er drehte sich umständlich zur Seite, so dass ich den Schlüsselbund sehen konnte, der von der Hand baumelte, in der er die Hefte hielt.
Ich fädelte den Schlüsselbund vorsichtig von seinen Fingern, ohne dabei den Kaffeebecher umzustoßen, der recht wackelig auf einer zusammengelegten Zeitung stand. Ein
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