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Nathaniels Seele

Titel: Nathaniels Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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zweideutiges Grinsen auf, das Josephines Herzschlag beschleunigte. „Leg dich ins Bett, wir machen das schon.“
    „Soso. Nun dann.“ Jacob nahm einen Schluck Kaffee und stemmte sich mit einem Stöhnen hoch. „Ich sehe schon, so langsam werde ich überflüssig.“
    „Du wirst niemals überflüssig sein“, widersprach Josephine. „Ab ins Bett mit dir. Du sollst uns noch viele Jahre erhalten bleiben.“
    „Wie ihr meint.“ Sein Lachen endete in einem Hustenanfall. Er schnappte nach Luft, wobei er sich die Brust hielt und gefährlich schwankte. Nathaniel studierte ihn mit einem kurzen Blick und erkannte, was in seinem Körper vorging. Entschlossen griff er nach Jacobs Hand. Dessen Blick zeigte Verwirrung, doch er entzog sich ihm nicht.
    „Was tust du da?“
    „Ein kleines indianisches Geheimnis.“ Seine Finger massierten Jacobs schwielige Hand. Es währte keine zwei Sekunden, bis die Zeichen mühsam zurückgehaltener Verzückung sich auf das Gesicht des alten Mannes legten. Leise Ah’s und Oh’s kamen über seine Lippen und endeten in einem enttäuschten Seufzer, als Nathaniel sich lächelnd zurückzog.
    „Deine Hände wurden ganz heiß“, keuchte Jacob.
    „Ich weiß.“
    „Es fühlte sich ein bisschen an wie Strom.“
    „Hat es geholfen?“
    „Oh ja.“ Er starrte seine Hand an, als wäre sie ihm soeben gewachsen. „Wie hast du das gemacht? Ich fühle mich gut. Ich fühle mich gesund. Beinahe jedenfalls.“
    Nathaniel zuckte die Schultern. „Uraltes Schamanengeheimnis.“
    „Tatsächlich?“
    „Tatsächlich.“
    „Na, wie auch immer. Danke jedenfalls.“ Jacob lüpfte seinen Hut, wedelte sich damit Luft zu und verließ das Haus, diesmal nicht schwankend, sondern energischen Schrittes.
    „Er war ziemlich krank“, sagte Nathaniel, als die Haustür hinter dem alten Mann zufiel. „Ich glaube nicht, dass er von allein gesund geworden wäre.“
    Josephine sah aus dem Fenster und blickte Jacob hinterher. Der Gedanke, dass sie ihn ohne die Kraft des Totems vermutlich verloren hätte, schien sie zutiefst zu erschrecken. „Hast du ihn geheilt?“
    „So gut wie.“ Nathaniel warf Noname, der sich unter dem Tisch zusammengerollt hatte, eine Schinkenrolle zu. Chinook wiederum lag friedlich neben der Katze und tat das, was er am liebsten tat – schlafen. Vorhin hatte Josephine ihn erwischt, wie er die mitgebrachte Erdnuss-Karamell-Schokolade vernichtet hatte, und nun stand zu erwarten, dass zeitnah eine gewaltige Kotzlache weggeputzt werden musste.
    „Was meinst du mit
so gut wiel
“, fragte sie. „Er wird doch wieder, oder?“
    „Ja. Den Rest schafft sein Körper allein.“
    Josephine nickte. Das Lächeln in ihrem Gesicht war betretenem Ernst gewichen. „Ich wüsste nicht, was ich ohne Jacob machen würde. Er ist wie mein Vater.“
    Sie legte ihre Hand auf seine. Unter der zarten Wärme ihrer Haut schloss Nathaniel die Augen. Er wollte sie auf immer und ewig beschützen. Vor allem Bösem bewahren. Doch irgendwann … irgendwann würde diese Frau, wenn das Schicksal sie in Frieden leben ließ, alt werden.
    „Nichts zu danken.“ Er gab seiner Stimme einen sorglosen Klang. Irgendwann war ein weit entfernter Zeitpunkt, an den er nicht denken wollte. „Aber jetzt sollten wir uns um ein paar Dinge kümmern. Findest du nicht?“
    „Wir sollten mit dem Pferdestall anfangen.“ Ihr Zeigefinger glitt in den Ausschnitt des Hemdes, schob den Talisman beiseite und kratzte mit dem Nagel sanft über seine Haut. „Genauer gesagt mit dem Heuschober.“
    Nathaniel lachte. „Du lüsterne, kleine Haselmaus. Über den Schober denken wir nach, wenn alles erledigt ist.“
    „Wenn wir alles erledigt haben, kommt dieser Kerl aus Wyoming.“
    „Der sich für den Cremello interessiert?“ Nathaniel knurrte mürrisch. Zu intensiv hatte er mit dem Pferd gearbeitet, zu vertraut waren sie füreinander geworden. Und so war der Gedanke, das Tier zu verkaufen, ein Messer in seinem Herzen.
    „Genau der. Aber ich verspreche dir etwas.“ Josephine legte ihre Hand flach auf seine Brust und setzte eine feierliche Miene auf. „Wenn wir nicht vollkommen überzeugt sind, dass das Pferd bei ihm gut aufgehoben ist, bekommt er es nicht.“
    „Versprochen?“
    „Versprochen. Hoch und heilig. Oder wie sagt ihr das?“
    „Hoch und heilig ist in Ordnung.“
    „Gut. Dann wollen wir mal. Ich will so früh wie möglich fertig sein. Vielleicht bleibt uns dann noch Zeit für den Heuschober. Oder für den See.“
    „Oder für den

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