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Nathaniels Seele

Titel: Nathaniels Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Foltern der Feinde zuständig.“ Nathaniel hatte das letzte Blech befestigt und ließ sich zurücksinken. Die Sonne stand tief, doch ihre Wärme war noch immer drückend. Dank des schwarzen Haares fühlte sich sein Kopf mittlerweile an, als zerkoche sein Gehirn in einer dampfenden Suppe. „Du wärst eine ganz wunderbare Folterin gewesen.“ rief er ihr zu. „Da bin ich mir sicher.“
    „Komm runter.“
    „Nein.“
    „Komm sofort da runter.“
    Nathaniel schüttelte den Kopf. Josephine war unwiderstehlich, wenn sie wütend war, außerdem gefiel es ihm hier oben. Sein Blick schweifte über die umliegenden Wälder, der Himmel über ihm schien zum Greifen nahe. Je genüsslicher er sich auf dem Dach rekelte und je zufriedener sein Grinsen wurde, umso wütender wurde die Frau unter ihm. Seine Vorfreude, diese aufkochenden Emotionen in lustvolle Bahnen zu lenken, ließ ihn vor Genuss schaudern. An ihren Körper denkend, an verschwitzte Gliedmaßen und die vulkanische Hitze ihres Innersten, hielt er das Gesicht in die Sonne und überlegte, wo er sie diesmal lieben würde. Wirklich im Heuschober? Oder lieber im Wald? Unter den schützenden Zweigen einer Tanne? Oder auf dem algenbewachsenen Felsblock, der unter dem Wasserspiegel des Sees lag?
    Nathaniel spürte, wie das Blut in tiefere Körperregionen schoss. Seine Erregung wurde schmerzhaft, als er an den Felsen dachte, der sich außerhalb des Sees inmitten von Farngestrüpp befand. Gerade hoch genug, um Josephine darauf zu legen und über sie herzufallen. Wieder und wieder.
    Nathaniel dankte allen Geistern, die ihm einfielen, für ihr wundervolles Geschenk. Doch seine Hochstimmung fand ein jähes Ende, als ein silbergrauer Transporter aus dem Wald auftauchte. Bei dem Störenfried konnte es sich nur um den Interessenten aus Wyoming handeln. Wie war sein Name noch mal? Irgendetwas mit Jonathan und einer Farbe.
    Nathaniels Laune stürzte ab. Er stieg vom Dach und gönnte dem hochgewachsenen, adretten Mann keinen Blick, sondern begab sich sofort zur Pferdekoppel. Ob dieser Mensch es wert war, den Cremello mitzunehmen, würde er noch herausfinden.
    „Mein Name ist Jonathan Grey. Das ist also unser Prachtjunge?“
    Der Mann empfing Nathaniel und das Tier mit einem Lächeln, dessen Offenherzigkeit seinen unterschwelligen Zorn kaum milderte. Der Kerl besaß ein angenehmes Äußeres, trug schwarze Jeans, ein weinrotes Hemd und glänzende, schwarze Lederschuhe. Seine Augen waren bemerkenswert blau und für gewöhnliche Beobachter undurchschaubar, was Nathaniel verblüffte, denn heutzutage waren die meisten Menschen so leicht zu analysieren wie Figuren aus Glas. Er studierte die Haltung des Mannes und all jene subtilen Gesten, die einem wachsamen Auge vieles verraten konnten. Nervosität war erkennbar, ebenso wie Ungeduld und eine Art von Freude, die er noch näher analysieren musste.
    Nathaniel schwang sich in den Sattel, lenkte den Cremello in das Paddock und drehte zwei Runden im Schritt. Danach ließ er das Pferd in Trab und Galopp laufen, zügelte es nach drei weiteren Runden und brachte es vor Jonathan zum Stehen. Die Augen des Mannes glänzten.
    „Typvoll und bewegungsstark“, schwadronierte er drauflos. „Sein Gang, seine Farbe. Eine Perle in elfenbeinfarbener Jacke. Dieser Glücksgriff muss gefeiert werden. Darf ich Sie beide auf eine Flasche Château Branaire Duluc-Ducru einladen? Neun-zehnhundertachtundneunziger?“
    „Vergessen Sie’s.“ Nathaniel hatte für die Dauer eines Herzschlags den Blick des Mannes eingefangen. Lang genug, um seine wahren Interessen zu erkennen. „Verschwinden Sie von dieser Farm und schieben sich den Wein sonst wo hin.“
    „Wie bitte?“ Jonathan öffnete den Mund zu einem wütenden Protest, doch Nathaniel drang ein weiteres Mal in seinen Geist ein, um das zu tun, was nötig war.
    „Verschwinden Sie“, wiederholte er. „Und denken Sie in Ruhe über sich nach.“
    „Ich …“
    „Na los. Soll ich etwa nachhelfen? Wir verkaufen keine Pferde an Subjekte, die sich nur für Leistung interessieren. Was hätten Sie getan, wenn er ihre exorbitanten Erwartungen nicht erfüllt hätte? Ihn an den nächstbesten Idioten weiterverkauft? Oder eine Metzgerei mit ihm beliefert? Gehen Sie. Schwingen Sie die Hufe.“
    Jonathan wandte sich um und stolperte zu seinem Wagen zurück. Mit vor Verblüffung aufgerissenen Augen stieg er ein, schnallte sich an und raste davon, als sei der Leibhaftige ihm auf den Fersen.
    Josephine währenddessen hing

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