Natur
anstrebt und was sie als handlungsfördernd oder als hinderlich bei der Verfolgung ihrer Ziele ansieht.
Abbildung 1-27: Platz mit Bäumen (eigenes Foto)
Auch Krömkers (2004) Untersuchung, in der sie Studierenden die Frage gestellt hat, welches Wort für sie am besten «Natur» charakterisiert (vgl. Kapitel 1.2 ), liegt das umweltpsychologische Modell zugrunde. Die Offenheit ihrer Fragen lässt den Befragten Spielräume, so dass sich in ihren Aussagen all das widerspiegeln kann, was für sie wichtig und nennenswert ist.
Hier drängt sich unweigerlich die Frage auf, welchen Wert denn überhaupt die Laborforschung hat, die im Rahmen des psychophyischen und des psychologischen Modells betrieben wird. Versetzt man Menschen in eine künstliche Umwelt, wie es das psychologische Forschungslabor zweifellos ist, und lässt sie von einem festen Standort Bilder von Umwelten beurteilen, entfällt sowohl die Erkundungsphase mitsamt der individuellen Auswahl der Orte und Wege als auch das Umgebensein von Umwelt, die alle Sinne anregt. Dass man jedoch auch mit einer solchen doppelten Reduzierung zu gültigen Ergebnissen gelangt, hat Ziesenitz (2010) nachgewiesen: Ein Videofilm mit Naturbildern hatte in ihrer Untersuchung einen ähnlichen Erholeffekt wie ein Spaziergang in der realen Natur. Das bedeutet, dass Untersuchungen im Forschungslabor mit simulierter Natur durchaus zu gültigen und aussagekräftigen Ergebnissen über die Wirkungen von Natur führen können.
Charakteristisch für die Wirklichkeit ist auch der Wandel, die Veränderungen von Mensch, Umwelt und Mensch-Umwelt-Beziehungen im Laufe der Zeit. Mensch und Umwelt und damit auch die Mensch-Umwelt-Beziehungen sind keine über die Zeit hinweg gleichbleibenden Konstanten. Um jedoch Veränderungen feststellen und Entwicklungen aufzeigen zu können, ist mehr als ein Untersuchungszeitpunkt erforderlich. Dennoch werden nur selten längsschnittlich angelegte Untersuchungen durchgeführt. Diese sind zweifellos aufwändiger und kostenträchtiger. Der größere Aufwand erscheint indessen dann gerechtfertigt, wenn gesellschaftlich wichtige Fragen zu beantworten sind, bei denen vorschnelle falsche Entscheidungen fatale Folgen hätten. Querschnittsuntersuchungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt durchgeführt werden, sind in jeden Fall unverzichtbar, um überhaupt zu Erkenntnissen über Mensch-Natur-Beziehungen zu gelangen. Sie können aber nichts über Veränderungen und Entwicklungen aussagen.
2 Natur wird erlebt
Im zweiten Kapitel wird beschrieben, wie Natur in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen erlebt wird. Das Erleben umfasst sensorische, neurophysiologische, Wahrnehmungs- und Bewertungsprozesse. Man sieht nicht nur, dass die Landschaft hügelig ist, sondern sie wird zugleich als friedlich und erholsam empfunden. Andere Landschaften und manche Naturerscheinungen werden dagegen als bedrohlich und lebensfeindlich erlebt. Auch diese andere Seite von Natur wird im zweiten Kapitel näher betrachtet.
Natur wird individuell unterschiedlich erlebt. Die gleiche Landschaft erscheint den einen als paradiesisch schön und von üppiger Pracht, während die anderen darin eine wild wuchernde Wildnis sehen, die erst einmal in eine ordentliche Form zu bringen ist. Einer der Einflussfaktoren, von denen es abhängt, wie Natur wahrgenommen und bewertet wird, sind die Erfahrungen in der Kindheit.
Um das Naturerleben zu erfassen, wird meistens vom psychologischen Modell ausgegangen (vgl. Kapitel 1.4 ). Typisch sind Versuchsanordnungen, bei denen Bilder von Landschaften gezeigt werden, die auf mehrstufigen Skalen zu bewerten sind. Weil es leichter fällt, etwas zu beurteilen, wenn man vergleichen kann, werden häufig zwei Bildszenen dargeboten, wobei angegeben werden soll, welche von beiden bevorzugt wird. Ein indirekter Zugang zum Erleben sind Verhaltensbeobachtungen. So wird z. B. aus einer längeren Verweildauer oder dem häufigen Aufsuchen eines Orts auf dessen positive Bewertung geschlossen.
2.1 Die bevorzugte und schöne Natur
Die positiv bewertete Natur
Natur ist der Ursprung alles Seins, Natur bedeutet Leben, Kraft und Schönheit. Es kann deshalb nicht verwundern, dass Assoziationen zum Wort «Natur» weit überwiegend positiv sind (Krömker, 2004). Die Bedeutung dieses positiven Naturerlebens liegt auf der Hand: Wenn man versteht, warum Natur positiv erlebt wird, kann man diese gezielt einsetzen, um wenig geschätzte Umwelten aufzuwerten und um die mit Natur verbundenen
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