Natur
inwieweit die Umgebung durch die Baumaßnahmen nicht an Wert verliert.
Das positive Image, das dem Natürlichen anhaftet, wird in der Politik, Werbung, der Tourismus- und Modebranche sowie im Bereich des Gesundheitswesens und der Ernährung genutzt. In der Politik ist der Verweis auf Natur eine verbreitete populäre Form der Argumentation. Als «natürlich» wird hingestellt, was einen positiven, Vertrauen erweckenden Eindruck machen soll. In einer säkularisierten Gesellschaft, in der man sich nicht mehr einfach auf Gott berufen kann, zieht man gern die Natur als Legitimationsinstanz heran (Bahrdt, 1974). Die Natur gibt vor, was «natürlich» und damit richtig ist. Man glaubt, damit einen Maßstab gewonnen zu haben. Eine verstärkte Hinwendung zur Natur kann indessen auch eine Reaktion auf Ängste sein, die in Krisenzeiten verstärkt auftreten. Man flüchtet in die vermeintlich heile Welt der Natur, wenn die Gesellschaft an Stabilität verliert und keine Sicherheit mehr bietet 33 . Auf der Makroebene wird beides aufgegriffen, zum einen in Form von Untergangsprophezeiungen, dass die Natur nicht mehr zu retten sei, zum anderen im Suggerieren einer Welt, die von Stress und Zwängen befreien kann.
Die Maler der Endzeit und die Gestalter von Traumreiseprospekten finden beide das Ihre auf diesem Planeten, aber beide blenden das weite Feld zwischen den Extremen aus (Weder, 2003, S. 134).
Natur in der Werbung
Reiseveranstalter und die Werbebranche beziehen sich gern auf das Klischee einer heilen Natur. Der Inkongruenz erzeugende Kontrast zwischen Technik und Natur wird bewusst eingesetzt, um die Aufmerksamkeit zu wecken, z. B. indem man ein Auto mitten in der Natur platziert. Die Annahme ist, dass die Lust am Autofahren und damit auch die Bereitschaft, ein Auto zu kaufen, zunimmt, wenn die positiven Gefühle, die mit der Natur verbunden werden, auf das Auto transferiert werden. Die positive emotionale Reaktion auf Natur wird hier gezielt ausgenutzt.
Die Automobilwerbung thematisiert Ansichten von der Straße gerne durch Bilder von Automobilen auf Küsten- oder Bergstraßen … Von Grün (z. B. Wald) eingehüllte Straßen stehen für das Eintauchen in die Landschaft und die Freude an der Bewegungsmöglichkeit (Schönhammer, 1994, S. 89).
Die Kataloge der Reiseveranstalter verheißen schöne Landschaften mit Schnee bedeckten Gipfeln in der Ferne, Wanderwege mit Bergpanorama, bizarre Eislandschaften mit Pinguinen. Auch Gartenschauen, die auf Länder-, Bundes- und internationaler Ebene veranstaltet werden, sind Orte, zu denen man hinreist. Touristische Ziele unter der Rubrik «Abenteuerreisen» sind die Wildnis, das Fremde und Unbekannte, wobei zugleich versprochen wird, dass man auf Komfort nicht zu verzichten braucht. Es sei gar nicht erforderlich, sich in die Eislandschaft mit den exotischen Vögeln hinein zu begeben, weil man die Szenerie vom Kreuzfahrtschiff aus erleben könne.
Abbildung 3-3: Autowerbung mit Naturkulisse
Abbildung 3-4: Modenschau im alten Garten (Katalog MarcCain 2008, S. 21)
In der Modebranche wird z. B. die Natur als nobler Hintergrund verwendet. Die neue Mode wird in einem alten Garten, in dessen Hintergrund man ein prächtiges Landhaus zu sehen glaubt, oder in einer großartigen Parklandschaft wirkungsvoll in Szene setzt.
Zugleich wird angesichts dieser Kulisse suggeriert, dass die gezeigten Kleidungsstücke aus natürlichen Materialien bestehen. Eine wirtschaftliche Nutzung der Wertschätzung des Natürlichen findet sich im großen Stil auch in der Wellness-Branche und im Ernährungssektor: Mit dem Verkauf von Gemüse aus dem «biologischen Anbau» kann man höhere Preise erzielen. Das Wort «biologisch» wird mit Natürlichkeit und Gesundheit assoziiert.
Nutzungsspuren
Durch die verschiedenen Nutzungen wird die Natur mehr oder weniger verändert. Das Ausmaß der Veränderung kann geringfügig, aber auch unübersehbar und einschneidend sein. Zum Beispiel verändert das Wandern oder Spazieren gehen einzelner Menschen die Natur nur minimal und nur an bestimmten Stellen. Sind es dagegen viele Menschen, die z. B. einen abkürzenden Weg gehen, entsteht ein Trampelpfad (vgl. Abbildung 1-23 ). Die kollektive Nutzung bewirkt, dass die grüne Fläche in einem bestimmten Ausschnitt in einen nicht mehr grünen Weg verwandelt wird.
Beispiele für einschneidende, nicht zu übersehende Veränderungen der Natur werden in Kapitel 4.1 dargestellt. Hier sei vorab nur die Veränderung der Naturlandschaft
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