Natur
begrenzt gewesen. Die Siedler verstanden ihr Handwerk und besaßen Wagemut, Willen und Durchhaltevermögen.
Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die geografischen Verhältnisse durch häufige Sturmfluten mit erheblichen Landabbrüchen laufend verändert.Zehntausende Menschen ertranken mit ihren Tieren, viele Quadratkilometer fruchtbaren Landes versanken in den Fluten. Das Land war auf Jahre hinaus versalzen und damit unfruchtbar. Die Zahl und die teilweise dichte Folge der gefährlichen Sturmfluten ist dabei noch viel höher als die bekannten Sturmfluten. Immer wiederkehrende Bedrohungen prägten das Land, die innere Verfassung und Befindlichkeit seiner Bewohner. Sie tun dies im Grunde noch immer.
Der Anschluss an die Zivilisation erfolgte erst Mitte der 1960er Jahre, als die Insel an das Strom- und Frischwassernetz des Festlandes angeschlossen wurde. Die Fährverbindungen zwischen Pellworm und dem Festland wurden ausgebaut. Die Jahrhunderte davor waren geprägt durch das rau Elementare, bitter Existentielle, karg Wirtschaftliche und nüchtern Utilitäre sowie durch die Alternative von «deichen oder weichen». Im Geschichtsbild sind die bitteren, von Zerschlagung des mühselig Geschaffenen und Preisgabe langfristig gewahrter Eigentumsrechte und Deichsicherungsverpflichtungen, Not und Vertreibung, von Verlust und Tod sowie der Kampf dagegen nachdrücklich verankert. Zum Gesamtbild gehören indessen nicht nur Not und Kargheit, sondern auch Symbole von Wohlhabenheit wie reichgefüllte Kornkammern, riesige Muskel strotzende Ochsen sowie wohlhabende Bauernfamilien, einflussreiche Deichgrafen-, Amtmanns- und Pastorengenerationen.
Der stete Wolkenflug über der Insel mit schnell wechselndem, häufig sonnigem Wetter macht Pellworm nicht nur zu einem erfolgreichen Experimentierfeld für Energiesparmaßnahmen, sondern auch zu einem bevorzugten, being away bietenden
Aufenthaltsort für frische Luft liebende Städter. Die Bevölkerung auf Pellworm beläuft sich heute auf rund 1200 Menschen. In der Sommersaison sind etwa doppelt so viele Menschen auf der Insel. Der enge Verbund aus noch weiterhin existierender Landwirtschaft und dem Fremdenverkehr kann als das Pellwormer Alleinstellungsmerkmal gegenüber den anderen weitgehend vom Dienstleistungsbereich geprägten nordfriesischen Inseln angesehen werden. Die Preisgabe der Insel nach starker Zerstörung und erheblichen Verlusten konnte abgewendet werden, wobei Gründe der regionalen Küstensicherung des Festlands den Ausschlag gaben. Trotz erheblicher zwingender jährlicher Haushaltszuschüsse für eine physische Fortexistenz wie die Sicherung gleichwerter Lebensverhältnisse als Staatsziel wird die Frage gegenwärtig nicht mehr gestellt.
Topografie
Pellworm ist Teil des norddeutschen und dänischen in der Eiszeit entstandenen «platten Landes». Natur spielt sich zwischen minus zwei bis plus zwei Metern ab. Der eingedeichte Inselboden liegt wie in einer Wanne unterhalb des Meeresspiegels. Dieser Tatbestand stellt neben der physischen Bedrohung ein besonderes psychologisches Gefahrenmoment dar: Es gäbe kein Entrinnen, wenn die Deiche nicht halten. Die Lage unter dem Meeresspiegel birgt so besondere Gefahren in sich und erfordert vorbeugende Maßnahmen. Künstliche Erdbewegungen, Aufschüttungen wie Abgrabungen sind das bestimmende Momente der Existenzsicherung und Kultivierung zu einer lebensfähigen, im Wesentlichen agrarischen Basis.
Der Schutz gegen das offene Meer geschah wie auch auf den kleineren Halligen durch Aufhöhungen in Form von Deichen und Warften.
Abbildung 3-7: Warften auf flachem Inselboden (mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Werkmeister)
Die Besiedelung für die vornehmliche agrarische Produktion erfolgte über die Jahrhunderte auf Warften. Diese rund 150 punktuellen Anhöhungen bestimmten das Landschaftsbild. Dies gilt auch heute noch, obwohl im Laufe der Zeit rund 50 Warften «wüst» gefallen sind. Aus Landschaftsschutzgründen sind sie noch vorhanden.
Im Jahr 1825 fanden die letzten Deicheinbrüche mit Überschwemmungen und Zerstörungen auf der Insel statt. Seitdem blieb die Insel im Wesentlichen verschont, ohne jedoch als sicher zu gelten. Mehr Sicherheit gibt es erst seit den wesentlichen Deicherhöhungen nach der «Hollandflut» von 1953 und der «Hamburgflut» von 1962. Seitdem könnte im Prinzip von einem Hausbau auf Einzelwarften abgesehen werden. Wenn der Bau von erhöht liegenden Häusern dennoch fortgesetzt wird, geschieht dies
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