Natur
wurde viermal von Verhaltensbeobachtern besucht. Beobachter waren Bewohner, die für diese Aufgabe geschult worden waren. Als Bewohner erschienen sie den in den Höfen Anwesenden nicht als Fremde. Sie ordneten die beobachteten Aktivitäten der Kinder neun Kategorien zu. Fünf Kategorien,darunter die Fantasie- und Rollenspiele, wurden als kreative Spielformen eingestuft.
Nach dieser Einteilung waren insgesamt 55% der beobachteten Spiele kreativ, wobei sich die grüne Natur als wichtiger Einflussfaktor erwies: In den Höfen mit Bäumen und Gras waren etwa doppelt so viele Kinder in kreativer Weise tätig wie in den vegetationsarmen und baumlosen Höfen. Nach Ansicht der Forschergruppe ist grüne Natur vor allem in solchen Wohngebieten hoch zu veranschlagen, in denen Kinder in problematischen Verhältnissen leben und aufwachsen. Vor allem Bäume erhöhen das Anregungsniveau der oftmals tristen und monotonen Außenräume. Gerade in Siedlungen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus sollten deshalb die freien Flächen in den Höfen und Außenbereichen der Häuser mit Gras und Bäumen bepflanzt werden.
Ein weiteres Ergebnis untermauert die Bedeutung grüner Natur im Lebensraum von Kindern. Taylor et al. (2002) fanden heraus, dass Kinder mit Naturkontakten eine höhere Frustrationstoleranz aufweisen als Kinder in Natur armen Wohnumgebungen.
Weil sich Kinder einen großen Teil ihrer Zeit in Kindertagesstätten und Schulen aufhalten, ist auch deren «Grünausstattung» keinesfalls gleichgültig, wobei die Ausstattung mit grüner Natur noch ein vergleichbar einfacher Weg ist, ein anregungsreiches Umfeld zu schaffen.
Vorschulkinder entdecken sich selbst und ihre Umgebung durch Bewegung und Spiel […]. Grundlegend für die kindliche Entwicklung ist daher, dass sie ausreichend Gelegenheit erhalten, selbstständig experimentierend und erforschend mit ihrer Umgebung umzugehen […]. Dies setzt ein anregungsreiches Umfeld voraus (Walden & Schmitz, 1999, S. 126).
Grahn (1996) hat in einer Untersuchung in Schweden empirisch bestätigt, dass Kindertagesstätten, die über grüne Außenbereiche verfügen, Kindern bessere Spiel- und Entwicklungsbedingungen bieten als solche ohne grüne Natur. Die Untersuchung fand in zwei Kindergärten statt. In dem einen verbringen die Kinder viel Zeit draußen in einer Natur reichen Umgebung, in dem anderensteht ein solcher Außenraum nicht zur Verfügung. Erfasst wurden in beiden Einrichtungen die Anzahl der Tage, an denen ein Kind krankheitsbedingt nicht im Kindergarten ist, das Spielverhalten, die motorischen Fähigkeiten und die Konzentrationsfähigkeit. Bei allen Merkmalen zeigten sich bemerkenswerte Unterschiede. Der Aufenthalt in der natürlichen Umgebung fördert die Gesundheit von Kindern im Vorschulalter, ihre körperliche Geschicklichkeit und Beweglichkeit, ihre Fähigkeit, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, und schließlich auch die Kreativität ihres Spiels.
Abbildung 3-35: Spielort im Grünen (eigenes Foto)
Ein Kriterium, um die Qualität von Schulumwelten zu beurteilen, ist die Vegetation im Außengelände. In der idealen Schule gibt es Grünbereiche, Schulgärten, Teiche, Pflanzen und Bäume (vgl. Rittelmeyer, 2007; Walden (2009). Schulhöfe sollten also nicht ausschließlich aus monotonen asphaltierten Flächen bestehen, sondern auch hier und dort Bäume, Sträucher und Grasflächen enthalten. Wenn man bedenkt, dass Natur einen Erholeffekt hat, dass sie zu einem rascheren Stressabbau beiträgt, dann ist eine zumindest partielle Begrünung von Schulhöfen eine nahe liegende Maßnahme, denn Schüler und Lehrer sollten sich in den Pausen erholen können. Anstelle von Zäunen bieten sich als Mittel der Abgrenzung zwischen verschiedenen Bereichen Sträucher, Gras und Bäume an.
Schemel (2008) plädiert dafür, Natur nicht immer nur anzudeuten, indem etwa Spielplätze mit ein paar Baumstämmen versehen werden oder auf dem Hof hinter dem Haus ein Grünstreifen angelegt wird. Kinder, die in der Stadt aufwachsen, sollten vielmehr grundlegendere Erfahrungen mit der Natur machen können und zwar nicht nur anlässlich eines Ausflugs ins Grüne, sondern in Wohnnähe. Das Konzept der Naturerfahrungsräume geht über angedeutete Natur hinaus. Ein Naturerfahrungsraum ist
eine weitgehend ihrer natürlichen Entwicklung überlassene, mindestens ein Hektar große «wilde» Fläche im Wohnumfeld, auf der ältere Kinder und Jugendliche frei, ohne pädagogische Betreuung und ohne Geräte
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