Natur
sondern eine «verträgliche» Natur. Wie Böhme (1992) formuliert hat, möchte der Mensch in einem sauberen Meer schwimmen, in dem sich keine Haifische und giftigen Quallen befinden. Außerdem legt er Wert auf eine gepflegte Natur in seiner Lebenswelt (Herzog & Gale, 1996). Damit sich Garten und Park nicht in eine Wildnis verwandeln, ist ein ständiges Eingreifen erforderlich. Die Frage ist also, welche Natur geschützt werden soll und welcher Zustand für erstrebenswert gehalten wird. Wie das folgende Beispiel zeigt, kann es sogar eine Neuschöpfung sein.
Die Internationale Bauausstellung Fürst-Pückler-Land ist ein aus mehreren Projekten bestehendes Umgestaltungsprogramm für die ehemalige Bergbauregion der Lausitz in Ostdeutschland. Thema war der Umgang mit Landschaften nach einer langen Phase des Braunkohlebergbaus. Die Region wurde in eine Seenlandschaft umgewandelt 45 . Durch Renaturierung ist eine Landschaft entstanden, wie es sie bisher zuvor nicht gegeben hat. Hier wird nicht die Natur, wie sie ursprünglich einmal war, bewahrt,sondern eine neue Landschaft geschaffen. Relikte der industriellen Vergangenheit blieben als Landmarks und touristische Attraktionen erhalten. Welcher Zustand angestrebt wird, ist eindeutig: ein neu hergestellter.
Nicht nur der einzelne Mensch nutzt die Natur, sondern in großem Ausmaß Interessengruppen, Unternehmen, Institutionen, Staat und Gesellschaft, deren Eingriffe und Operationen viel massiver und Folgen reicher sind als die Nutzung und Aneignung von Natur durch einzelne Menschen. Die Psychologie, die sich mit dem individuellen Verhalten in Bezug auf die Natur befasst, wird deshalb das Problem allein nicht lösen können. Dementsprechend wichtig sind gesellschaftliche Leitbilder, die über politische Programme Veränderungen der Nutzung der Natur auf der kollektiven Ebene bewirken können.
Sowohl das gleichzeitige Operieren auf zwei Ebenen, der psychologischen und der Makroebene, als auch die Vielzahl der Verhaltensweisen, die direkt oder indirekt mit dem Schutz der Umwelt in Verbindung stehen, erschweren die Aufgabe. Man hat es nicht nur mit einem einzelnen Problem, sondern, wie schon vor mehr als 30 Jahren erkannt wurde, mit einem ganzen Komplex von Problemen zu tun:
Das Wort «Umwelt» steht heute zumeist für einen ganzen Komplex von nicht primär psychologischen Problemen, die den Menschen seit kurzem höchst gewichtig und bedrängend erscheinen und die gewiss nie wieder aus ihrem Lebenshorizont verschwinden werden (Kaminski, 1976, S. 10f.)
Die Bewahrung der natürlichen Umwelt ist ein breit gefächertes, äußerst umfangreiches Thema, welches an dieser Stelle nicht vertiefend behandelt, sondern nur angerissen werden kann. Zunächst wird auf die Frage eingegangen, in welcher Weise die Natur bedroht ist. Danach folgt eine Darstellung wichtiger psychologischer Ansätze, die sich mit den Einflussfaktoren des Umweltverhaltens befassen. Abschließend wird mit der Darstellung der Leitbilder der nachhaltigen Entwicklung und der grünen Stadt (green city) interdisziplinäres Terrain betreten.
4.1 Die bedrohte Natur
Der Mensch kann zu einer Bedrohung für die Natur werden und zwar durch
• übermäßige Nutzung
• sein Verhalten und seine Lebensweise, die bewirkt, dass Luft, Wasser und Böden verschmutzen
•Umwandlung von Naturlandschaften in gebaute Umwelt, so dass Artenreichtum, Biotop- und Landschaftsvielfalt dezimiert werden.
In Tabelle 4-1 sind einige der zu erwartenden Umweltprobleme aufgelistet. Befragt wurden 200 Umweltexperten aus 50 Ländern (Weder, 2003).
Tabelle 4-1: Rangreihe kommender Umweltprobleme (Weder, 2003, S. 135)
Mensch-Natur-Beziehungen sind grundsätzlich interaktiv, was bedeutet, dass eine geschädigte, verschmutzte und verdrängte Natur negativ auf den Menschen zurück wirkt. Die menschliche Existenz und Gesundheit hängen davon ab, inwieweit Böden, Wasser und Luft unverschmutzt sind und ob ausreichend Nahrungsmittel, die frei von Giftstoffen sind, erzeugt werden können (Job-Hoben & Erdmann, 2008; Matthies, 1994).
Indikatoren
Der Klimawandel ist zwar in aller Munde, doch objektive Nachweise sind nicht leicht zu erbringen. Mögliche objektive Klimaindikatoren sind Gletscher und Permafrost im Boden, was die arktische Region für die Klimaforschung interessant macht (Meier & Thannheiser, 2009). Mit weiteren Indikatoren wie der Energie- und Rohstoffproduktivität, dem Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsflächen, der Schadstoffbelastung
Weitere Kostenlose Bücher