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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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sapiens und auch nicht von Europa aus eroberte er die ganze Erde, sondern von Afrika.
    Wer » politisch korrekt sein« und sich in der Öffentlichkeit nicht blamieren wollte, vermied es, von Menschenrassen zu sprechen. Denn alle Menschen sind gleich, und Rassen gibt es nicht. Sie waren lediglich ein Produkt der Rassenideologie. Die früher von vielen Wissenschaftlern, die sich mit der Evolution des Menschen befassten, vertretene Ansicht, es habe mehrere Entstehungszentren unserer Art gegeben, nämlich außer Afrika auch Asien und Europa, vielleicht noch weitere, galt als erledigt. Vergeblich pochten ihre Anhänger auf die Fossilfunde und die offensichtlichen Unterschiede, die es in der Menschheit gibt.
    Nun ging und geht aber die Forschung weiter. War der » afrikanische Ursprung« der Weisheit letzter Schluss? Was gibt es Neues zur Evolution des Menschen? War vielleicht doch der Neandertaler mit beteiligt, von dem es hieß, dass er mit unseren Vorfahren nichts zu tun hatte, weil er eine ganz eigenständige Menschenart gewesen war? Das sind große, wichtige Fragen! Und die Antworten können nur vorläufig sein, wie das immer der Fall ist, wenn die Forschung mit neuen Methoden rasch voranschreitet. Vorweg: Am afrikanischen Ursprung unserer Art hat sich nichts geändert. Inzwischen wurden nämlich auch im südlichen Afrika fossile Knochen von Menschen gefunden, die zweifelsfrei unserer Art zuzurechnen sind. Sie sind älter als die außerhalb Afrikas gefundenen Überreste des » anatomisch modernen Menschen«, wie unsere Art in umsichtiger Zurückhaltung genannt wird.
    Der Beginn der Menschwerdung, hier gemeint als Ursprung unserer Art, nicht der Gattung, wird nun auf die Zeit vor 160 000 bis 200 000 Jahren geschätzt. Rund die Hälfte dieser Zeitspanne verbrachten diese » anatomisch modernen Menschen« in Afrika, vor allem anscheinend im südlichen und östlichen Teil des Kontinents. Die Mutterart war der » Aufrechte Mensch« mit dem wissenschaftlichen Namen Homo erectus. Von ihm – er war ein ausgeprägter Zweibeiner wie wir – hatte aber ein deutlich kleineres Gehirn von um die 1000 Kubikzentimeter (= 1 Liter), liegen viele Knochenfunde vor. Und an genau diesen entzündete sich der Streit um die Herkunft unserer Vorfahren. Denn Homo erectus lebte auch weitverbreitet außerhalb Afrikas. Überreste seiner nicht-afrikanischen Angehörigen kennt man schon seit etwa 100 Jahren, sie wurden in der Nähe von Peking und auf Java gefunden.
    Aus der Existenz des » Pekingmenschen« und des » Javamenschen« ergab sich zusammen mit weiteren, ähnlich alten Funden in Europa die naheliegende Annahme, die » anatomisch modernen Menschen« hätten sich weitgehend unabhängig voneinander in Ostasien, Westeuropa und Afrika entwickelt. Naheliegend war diese Hypothese auch deswegen, weil jene drei Schwerpunktvorkommen mit den großen Hauptrassen der Menschheit übereinstimmen: Schwarze in Afrika, Weiße in Europa und Westasien, Gelbe in Ostasien.
    Von den » Roten« in Nord- und Südamerika können wir für unsere Betrachtung auf jeden Fall absehen, sie sind zweifelsfrei Abkömmlinge von Nordostasiaten, die gegen Ende der letzten Eiszeit über die damals noch trocken liegende Landverbindung über Alaska nach Amerika einwanderten. Ob das möglicherweise doch schon erheblich früher geschah, spielt keine Rolle im Zusammenhang mit der Entstehung unserer Art. Die Besiedlung Amerikas erfolgte ganz sicher erst lange danach, und die Indios aus Südamerika und die Indianer Nordamerikas sind vergleichsweise junge Völker. Wie » jung«, lässt sich an ihrer Hautfarbe ablesen. (Darauf komme ich noch zu sprechen.)
    Doch zurück: Wäre der Mensch auf mehreren Kontinenten unabhängig voneinander und zu verschiedenen Zeiten entstanden, müsste sich das in seiner genetischen Vielfalt zeigen. Stammte er aus einer einzigen (afrikanischen) Wurzel und wanderten Menschengruppen nach ihrer Entstehung nach und nach oder auch in mehreren Schüben von Afrika nach Europa, Asien und darüber hinaus bis nach Australien, hieße das, dass die genetische Vielfalt im Ursprungsgebiet erheblich größer sein müsste als außerhalb. Von der im letzten Viertel des 20 . Jahrhunderts entwickelten und methodisch verfeinerten Molekulargenetik war somit eine klare Ansage zu erwarten. Sie fiel zugunsten der Out-of-Africa-Theorie aus.
    Innerhalb Afrikas gibt es tatsächlich eine viel größere genetische Variabilität als außerhalb. Die ebenso stark wie Schwarzafrikaner

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