Naturgeschichte(n)
verbindet: Die größere Körperkraft und die ausgeprägtere Dominanz der Männer (Schimpansen) und die Betonung der Lust im Sex (Bonobos). Dem vergänglichen Augenblick Dauer zu verleihen, dazu entstand die Liebe. Sie bindet viel stärker als das nur kurz anhaltende Lustgefühl. Sie richtet sich auf den Partner als Ganzes und nicht mehr auf den als Lustobjekt austauschbaren Sexpartner. Liebe erzeugt eine Partnerbindung, die über das Sexuelle hinausgeht, aber mit sexueller Attraktion und Lust engstens gekoppelt wird. Sie wirkt gänzlich unabhängig von der Fortpflanzung, und das so sehr, dass bei der Menschenfrau sogar der Eisprung äußerlich verborgen bleibt und auch nicht direkt der Monatsblutung folgt. Ihr Mann kann sich daher nicht sicher sein, ob er der Vater der Kinder dieser Frau ist. Umso heftiger bemüht er sich in der Zeit der Fruchtbarkeit um sie.
Da haben wird die Hauptquelle der Eifersucht. Denn die Investition ist hoch. Als Vater muss er seine Kinder im Prinzip genauso lang versorgen und ins Leben hineinbegleiten wie die Mutter. Sie hat zwar mit Schwangerschaft und Stillen noch weit mehr als der Vater geleistet, aber ohne ihn käme sie nicht zurecht. Je stärker sie bereits durch Kinder gebunden ist, desto mehr wächst bei ihr die Eifersucht. Die Eifersucht wird auf diese Weise zur Kehrseite der Liebe. Und je stärker die Eifersucht, desto größer kann auch der Hass auf den Partner werden, wenn die Liebe zerbricht. Man hat zu viel eingesetzt für das gemeinsame Leben und noch mehr verloren, weil die Zeit nicht mehr zurückzuholen ist.
Liebe entstand also beim einzigartigen Werdegang des Menschen. Sie wird als Partnerbindung auf ganz ähnliche Weise mit der Empfindung von Glück belohnt wie der Orgasmus und die überstandene Geburt. So lässt sich auch verstehen, warum der Orgasmus bei der Frau eine so große Rolle spielt. Auch sie braucht die belohnende Bindung. Das heißt aber nicht, der Orgasmus hätte nur noch die Funktion der Partnerbindung. Die althergebrachte Form existiert weiter: Sie belohnt auch kurzfristig den Sexualakt, der » Seitensprung« genannt wird, wenn bereits eine feste Beziehung vorliegt. Männer wie Frauen halten sich damit gleichsam die Möglichkeit offen, in der Fortpflanzung nicht nur auf einen Partner zu setzen wie in einem Alles-oder-nichts-Glücksspiel. Daraus ergibt sich die Brisanz der » Kuckuckskinder«, von denen es in unseren freiheitlich westlichen Gesellschaften erstaunlich viele geben soll, nämlich zwischen 10 und 20 Prozent. Angesichts dieses offenbar seit alten Zeiten bekannten Untreue-Risikos ersannen die Männer alle möglichen, nicht selten unmenschlichen Vorkehrungen gegen Seitensprünge ihrer Frauen. Bis hin zur Todesstrafe und zur Beschneidung der Klitoris. Dass Sex und langfristige Bindung nur teilweise harmonieren, ist also nichts Neues.
Wir haben es nur immer wieder mit neuen Formen zu tun, je nachdem, in welchem wirtschaftlichen und kulturell-religiösen Zustand sich eine Gesellschaft befindet. In unserer ist es geradezu logisch, dass bei der stark verringerten Kinderzahl sehr viele Partnerschaften (Ehen) nur vergleichsweise kurz halten. Bei ein bis zwei Kindern reichen 15 bis 20 Jahre, zumal wenn die wirtschaftliche Grundversorgung der alleinstehenden Frau von der Gesellschaft gesichert ist. Die öffentliche Unterdrückung von Sex sollte diesen » ins Ehebett« verlagern und so die Dauerhaftigkeit der Partnerbindung festigen. Den Ausgleich boten die geduldeten, weil unentbehrlichen Freudenhäuser. So wird das Ringen zwischen Sex und gesellschaftlicher Sittengebung weitergehen, die Liebe auch weiterhin verherrlicht werden und die Vaterlandsliebe Leben kosten.
Der muskulöse Nomade
und der o-beinige Denker
Ist die Evolution
beim Menschen am Ende?
Unsere Entstehungsgeschichte ist uralt. Der aufrechte, zweibeinige Gang ist etwa fünf Millionen Jahre alt, die Nacktheit zwei Millionen Jahre. Die Liebe stammt mindestens aus der Steinzeit. Jung im Vergleich dazu ist nur die Sesshaftigkeit. Doch auch sie ist nicht von gestern, sondern hat rund 10 000 Jahre Geschichte. Wirklich neu sind technische Errungenschaften wie motorgetriebene Verkehrssysteme, Elektronik und Computer, darunter die Apparatemedizin, mit deren Hilfe Leben erhalten wird. Das wirkt sich auch in den Statistiken zur durchschnittlichen Lebenserwartung aus. Ob die Betroffenen so ein verlängertes Leben erwarten, steht nicht zur Debatte.
Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob beim
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