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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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nur solche Kinder, die von einem Elternteil die Anlage zu normalen Blutkörperchen vererbt bekommen haben. Auf diese Weise nahmen und nehmen Krankheitserreger Einfluss auf die Evolution ganz allgemein, nicht nur auf den Menschen und seine Zukunft. Vielleicht besteht die Zukunft darin, dass all diese Erreger besiegt sind?
    Schnelle Evolution kann es nicht nur in unserem Körper geben. Auch die Ausschaltung aller Mikroben als Gefährder unserer Gesundheit würde eine Veränderung bewirken, nämlich das Ende des Wettrüstens. Neue genetische Kombinationen hätten dann Chancen, erhalten zu bleiben, die vorher einfach den Infektionskrankheiten zum Opfer gefallen wären. Wie weit wir von einem umfassenden Sieg über die Mikroben tatsächlich entfernt sind, lehren uns die resistenten Keime in den Krankenhäusern, denen mit fast nichts beizukommen ist.
    Wechseln wir nun aber die Betrachtungsebene zum Äußeren des Menschen. Aus rank und schlank gewachsenen Nomaden mit idealen Körperproportionen sind in nur wenigen Jahrtausenden Menschen hervorgegangen, die sich mit zu großen Bäuchen und zu dicken Hinterteilen mühsam durchs Leben schleppen. Andere haben krumme Wirbelsäulen, O-Beine, zu kurze Beine oder sonstige Abweichungen von der Idealfigur. Möglich wurde vieles, seitdem wir sesshaft wurden, und noch viel mehr, seitdem wir uns von Fahrzeugen bewegen lassen, anstatt uns selbst in Bewegung zu setzen. Vorteilhaft im Sinne der Ästhetik hat sich die Menschheit dadurch sicherlich nicht entwickelt. Doch Überlebenstauglichkeit hängt nicht mehr von der Ausdauer im wilden Gelände, sondern vom alltäglichen Konkurrenzkampf in Gebäuden ab.
    Das diesen Wettkampf bestimmende Organ ist nicht mehr die Muskulatur, sondern das Gehirn, das sich zunehmend stärker mit der technischen Intelligenz der Computer verbindet. Körperlich für ein Leben als Jäger und Sammler gänzlich untaugliche Menschen, wie der vom Schicksal geschlagene Stephen Hawking, rangieren nun unter den für die Menschheit wichtigen Geistesgrößen. Andere Anforderungen verlangen eben veränderte Qualifikationen. Die Muskelmasse macht’s nicht mehr in der modernen Menschenwelt, auch wenn so mancher Muskelmann noch gern damit protzt, wie es vielleicht unter Eiszeitmenschen üblich war. Es gehört auch ein kluger Kopf dazu, wie Arnold Schwarzenegger eindrucksvoll bewies, als er es zu einem erfolgreichen Gouverneur von Kalifornien brachte. Albert Einstein hatte keine Schwarzenegger-Figur nötig. Sein Gehirn schenkte uns die bedeutendsten Einsichten in die Natur der Natur.
    Geht also die Evolution des Menschen in Richtung körperlicher Verfall zugunsten des Gehirns? Das werden erst unsere Nachfahren in einigen Jahrtausenden wissen. Vor gut zwei Jahrtausenden waren sich aber die zivilisiertesten und gelehrtesten Völker des Westens längst einig, dass ein gesunder Geist in einen gesunden (= tüchtigen) Körper gehört. »Mens sana in corpore sano«, hieß das auf Latein und war auswendig zu lernen. Es gibt allerdings noch zwei ganz andere Gesichtspunkte, die wir zu dieser Frage nach der (schönen oder weniger erfreulichen äußeren) Zukunft des Menschen berücksichtigen müssen.
    Der erste ergibt sich aus der Tatsache, dass die Menschheit riesengroß geworden ist. Sechs, sieben Milliarden und in wenigen Jahrzehnten noch mehr Menschen stellen genetisch eine so träge Masse dar, dass sie kein äußerer Anstoß mehr nennenswert zu verändern vermag. Die Menge verschluckt einfach alle Änderungen, ob günstig oder ungünstig. Aber nur, und das ist der zweite Gesichtspunkt, wenn sie dazu bereit ist, eine » freie Durchmischung« zuzulassen. Danach sieht es allerdings nicht aus. Nicht einmal die beiden » klassischen«, weil schon ein paar Generationen lang als solche betrachteten Schmelztiegel der Nationen, die USA und Brasilien, erreichten eine freie Rassenmischung. Brasilien noch eher als die USA, aber beide sind weit davon entfernt, dass die Rassen- und Völkermischlinge den Hauptteil in den Bevölkerungen stellen. Nach wie vor sortieren sich Hautfarben und Herkünfte stark. Nach wie vor bringt möglichst helle Hautfarbe Vorteile in der Gesellschaft. Dunklere muss mit erhöhter Leistungsbereitschaft ausgeglichen werden, wenn das überhaupt gelingt.
    Sogar äußerlich nur wenig unterschiedliche Völker anderer ethnischer und religiöser Herkunft isolieren sich lieber ghettoartig, als den besseren Weg einer freien, die Spannungen und Konflikte abbauenden Mischung zu

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