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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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wählen. Insofern sind evolutionäre Veränderungen durchaus möglich. Von den alten Römern blieb nicht viel übrig, nachdem die Barbaren ihr Weltreich zerlegt und selbst übernommen hatten. Wer im heutigen Rom das » klassische römische Gesichtsprofil« sucht, wird Zeit und Geduld brauchen.
    Ähnlich unterscheiden sich, wenn nicht stärker, die heutigen Griechen von den auch von ihnen hochgeschätzten Hellenen der besten Zeit ihrer Geschichte.
    So gilt auch für den Menschen, was Biologen von Tieren kennen und Tierzüchter seit Jahrtausenden ausnutzen: Isolierte Fortpflanzungsgruppen lassen sich ziemlich schnell verändern. Was kam nicht alles aus dem schönen Wolf heraus. Unglaublich eigentlich. Oder aus dem Wildpferd, der Felsentaube (Stammform all unserer Haustauben) und sogar aus dem Goldhamster, dessen Millionenbevölkerung tatsächlich von einem einzigen Weibchen abstammt.
    Wenn sich zudem ethnisch-religiös abgeschlossene Menschengruppen stärker als die anderen, offeneren Gesellschaften vermehren, kann aus ihnen durchaus eine eigenständige genetische Linie entstehen. Aber nur, wenn sie genügend an der Zahl sind. Sonst geht es ihnen wie dem Hochadel. Zu starke Exklusivität schadet. Dann hilft zur Bestandssicherung nur noch der genehmigte » Seitensprung« ins bürgerliche Lager.

Die Mücke und
die unfruchtbaren Fische
    Breitet sich Malaria durch den Klimawandel wieder aus?

    Die Malaria wird sich aufgrund der Klimaerwärmung auch bei uns wieder ausbreiten, liest man. In Afrika hat sie bereits Gebiete erfasst, die jahrzehntelang malariafrei waren. Was müssen wir befürchten? Können wir im Sommer künftig nur mit Malaria-Prophylaxe nach draußen? Drohen Giftwolken über den Seeufern zur Mückenbekämpfung?
    Solche Prognosen sind nicht bloß stark übertrieben, sondern im Hinblick auf den Klimawandel schlicht und einfach falsch. Denn Malaria hatte es in Deutschland bis vor etwa 100 Jahren gegeben. Die letzten Vorkommen hielten sich bis Anfang des 20 . Jahrhunderts am Oberrhein. In Bayern starben noch im 19 . Jahrhundert Menschen an Malaria, die sie sich in den fränkischen Weihergebieten eingefangen hatten. Auch in Nordwestdeutschland und Holland war Malaria früher weit verbreitet. Und das sogar in den Jahrhunderten der Kleinen Eiszeit. Man könnte sogar meinen, sie verschwand als es wärmer wurde, was jedoch auch wieder falsch ist.
    Vielmehr hing das Auftreten der Malaria mit den Sumpfgebieten zusammen, mit den holländisch-norddeutschen Mooren, mit den Auen an Oberrhein und anderen Flüssen sowie mit verlandenden Weihern in den verschiedensten Regionen. Dort lebten die Stechmücken, welche die Erreger der Malaria übertragen, in großer Zahl. Mit der Trockenlegung der Sümpfe wurden sie zwar seltener, aber sie verschwanden nicht.
    Die Malariamücke gehört zwar zu den Stechmücken, aber nicht zu den gewöhnlichen, die uns mit sirrendem Anflug nachts den letzten Nerv rauben, sondern zu einer eigenen Gattung, die sich an der schrägen Körperhaltung beim Stechen erkennen lässt. Stechrüssel, Brust und Hinterleib, über den die leicht gefleckten Flügel zusammengelegt gehalten werden, bilden dabei eine gerade Linie. Bei der gewöhnlichen Stechmücke knickt der Körper im Brustteil ab, sodass der Rüssel fast senkrecht in die Haut sticht und nicht schräg wie bei der Malariamücke.
    Sie erhielt den wissenschaftlichen Namen Anopheles maculipennis, was auf Deutsch so viel wie die » Fleckenflügelige Verderbliche« bedeutet. Diese Namensgebung geht auf den schwedischen Naturforscher Carl von Linné zurück, dem wir die eindeutigen, noch heute international verbindlichen wissenschaftlichen Pflanzen- und Tiernamen verdanken. Linné kannte die teilweise gravierenden Unterschiede, als er 1758 die gemeine Stechmücke und andere Stechmücken benannte. Bei seinem Hollandaufenthalt 1738 erkrankte er selbst an Malaria. Das war damals nichts Ungewöhnliches.
    Die fortschreitende Trockenlegung der sumpfigen Gebiete im Umland der Städte verminderte später die Zahl der Fälle von Sumpffieber, das man seit alten Zeiten auf die » schlechten Lüfte« (italienisch » mal-aria«) zurückgeführt hatte. Den wissenschaftlichen Namen wies der rheinische Insektenforscher Johann Wilhelm Meigen der Fiebermücke im Jahre 1818 zu, als Malaria in Deutschland noch verbreitet vorkam. Erst als Anfang des 20 . Jahrhunderts wirkungsvolle Mittel zur Malariabekämpfung zur Verfügung standen und die Fiebernden in Krankenhäusern

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