Naturgeschichte(n)
Paley als Theologe und Philosoph meinte, einen blinden Uhrmacher spielen. Die Augen entstanden aus einfachsten Anfängen, die bis heute existieren. Sie durchliefen die unterschiedlichsten Stadien der Entwicklung, die es immer noch gibt, und bei ihrem Aufbau werden auch die jeweiligen » alten Programme« genetischer Art benutzt, wie wir aus neuesten Forschungen wissen. Die genetischen Programme tragen noch die alten Schwächen in sich, sodass es immer wieder zu Fehlern kommt – wie bei der Rot-Grün-Blindheit des Menschen.
Das Auge ist ein Wunderwerk, aber eines, an dem geradezu unvorstellbar lang herumgebastelt wurde. Viele Menschen würden sich bessere Augen wünschen. Die Brillen als Ausgleich für die beträchtlichen Schwächen mahnen, dass man nicht allzu voreilig alles in der Natur als » bestens gelungen« und als Wunderwerk » des genialen Schöpfers« einstufen sollte. Die Wirklichkeit ist für die von den Mängeln Betroffenen hart genug.
Der Wal und das Meer
Verläuft die Evolution auch rückwärts?
Die Evolution kann nicht umkehren, so heißt es. Das Auge ist ein Beispiel dafür, dass Mängel nicht mehr behoben werden können, weil sie einst Teil des Entwicklungsweges waren. Wir haben etwa den » blinden Fleck«, weil dort die Nervenfasern gebündelt austreten, die viel günstiger rückseitig von der Sehhaut, der Retina, abgeleitet werden könnten, und es gibt noch noch so viele andere Probleme. Vieles würde ein guter Techniker anders machen, einfacher und besser. Nur auf den ersten Blick sieht es so aus, als stände diese Unfähigkeit, in der Entwicklung ein Stück zurückzugehen, um dann ein Stückchen früher besser weitermachen zu können, im Widerspruch zu anderen Abläufen, bei denen zum Beispiel Landtiere wieder zurück ins Wasser gingen, die Fischform annahmen und damit doch zeigen, dass es » rückwärts« auch weitergehen kann. In Wirklichkeit sind diese scheinbaren Rückwärtsbewegungen in aller Regel sogar höchst fortschrittliche Entwicklungen.
Das zeigt sich an den Walen, die nicht wirklich wieder zu Fischen geworden sind, auch wenn sie mitunter noch in der Umgangssprache » Walfische« genannt werden. Sie sind Säugetiere geblieben und haben eine andere, durchaus bessere Fischform entwickelt. Sie verfügen über eines der besten Kommunikationssysteme dieser Welt und mit dem größten ihrer Gruppe, dem Blauwal, existiert das größte Tier, das es je gab. Betrachten wir diese Eigenschaften kurz der Reihe nach, bevor wir uns der Frage zuwenden, wie und warum es überhaupt zu ihrer Entstehung gekommen ist, wo es doch im Meer genug Fische gab.
Wale und Delfine sind Säugetiere mit warmem Blut, Luftatmung und Entwicklung der Jungen im Mutterleib. Nach der Geburt ernährt sie die Mutter mit Milch. Sie haben ein hoch entwickeltes, sehr leistungsfähiges Gehirn, ein komplexes Sozialverhalten und oft auch eine ausgeprägte Geburtshilfe. » Tanten« sorgen dafür, dass das mit der Fluke (der Schwanzflosse) voran geborene Walbaby an die Wasseroberfläche kommt, um den ersten Atemzug zu tun.
Wale stammen von landlebenden Säugetieren ab. Davon zeugen der Aufbau der Knochen an den Armen und Händen sowie Reste der Beckenknochen, an denen die ursprünglich vorhandenen Hinterbeine ansetzten. Mit ihrer Anpassung an das Wasserleben veränderte sich die äußere Figur des Vierfüßers hin zur Fischform. Doch im Gegensatz zu den Fischen, bei denen die Schwanzflosse senkrecht steht, ist sie bei den Walen waagerecht ausgebildet. Daher können sie schnell und steil auf- oder abtauchen. Haie und Walhaie können das nicht. Sie sind darauf eingerichtet, sich seitlich zur Schwimmrichtung zu bewegen. Ihre Schwanzflosse wirkt als Seitensteuer, die der Wale als Höhensteuer. Daraus leitet sich der Erfolg der Wale und Delfine beim Fischfang ab.
Aus einem zweiten Grund können sie den Fischen in allen Tiefen sehr wirkungsvoll nachstellen: dank ihrer Warmblütigkeit können sie auch im kalten Wasser die volle Bewegungsleistung aufbringen. Dicke Speckschichten, » Blubber« genannt, isolieren gegen die Kälte beim Tauchen in die Tiefe oder bei der Nahrungssuche in kalten arktischen und antarktischen Gewässern. Delfine und Wale sind daher eine bessere Version der Fische, und nicht etwa eine schlechte Kopie. Ihre Kommunikations- und Orientierungsfähigkeiten übertreffen nicht nur die der Fische bei Weitem, sondern auch die der Säugetiere. Mit hochfrequenten Tönen, die sie wie einen Strahl gebündelt ausstoßen
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