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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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einer » Blende«, je nachdem, ob sich die Haut bei starker Belichtung selbst zusammenziehen kann oder nicht.
    Die Linse unserer Augen wird, wie bei allen Wirbeltieren, von der Außenhaut und einer darunter liegenden Schicht des Körpers gebildet. Sie hat daher auch eine echte Hornhaut, aber dieses Horn (Keratin) bleibt ganz durchsichtig, während in die Hornhaut der Außenhaut auch Farbstoffe eingelagert werden können und sie sich auch schuppig trüben kann. Hornhautveränderungen sind daher der Herkunft dieser » Außenhaut« unseres Auges gemäß nicht selten, und sie treten bei zunehmendem Alter häufiger auf.
    Anders sind die Augen von Tintenfischen beschaffen. Diese Tiere gehören zu den Schnecken und sollten daher besser » Tintenschnecken« genannt werden. Ihre Linse hat sich aus einem Unterhautgebilde entwickelt. Sie ist nicht aus Einzelteilen zusammengesetzt und daher weit weniger anfällig für Trübung, aber auch weniger beweglich. Wir hingegen können unsere Linse durch Muskelanspannung auf Nahsicht einstellen und durch Entspannung auf Fernsicht anpassen.
    Unverändert geblieben ist aber der Grundaufbau aus einer Schicht von feinen Gebilden mit dem Sehfarbstoff und den Zellen, welche die Ableitung der Nervenimpulse bewerkstelligen, den Sehzellen. Dass sie in unseren Wirbeltieraugen eigentlich verkehrt herum angeordnet sind, mit den Sehzellen über dem Pigment, stellt eine der vielen Ungereimtheiten dar, die die Evolution zu bieten hat. Sie rührt daher, dass die anfänglich viel einfacheren eingestülpten Becheraugen den Ausgang der Entwicklung gebildet hatten, an denen dann » herumgebastelt« wurde. Ein einmal eingeschlagener Weg ließ sich nicht mehr rückgängig machen, weil immer nur an dem bereits Bestehenden weitergebaut werden kann. So sehr sich die Augen von Tintenfischen und Wirbeltieren auch äußerlich ähneln oder zu gleichen scheinen, so klar geht aus ihrem Aufbau die andersartige Entstehungsgeschichte hervor.
    Viel deutlicher lässt sich die andersartige Entstehungsgeschichte nachvollziehen, wenn die Augen einem ganz anderen Bauprinzip folgen, wie bei den Insekten. Wir erkennen das sofort, wenn wir uns ein Fliegenauge bei entsprechender Vergrößerung ansehen. Es besteht aus einer Vielzahl von sehr kleinen Prismenaugen, die wie Keile zu einer Halbkugel zusammengefügt sind. Jedes liefert für sich ein » Punktbild«, das die vielen Augen zu einem Rasterbild wie im Offsetdruck zusammensetzen.
    Komplexaugen dieser Bauart eignen sich besser als unsere für das Erfassen von Bewegungen und Geschwindigkeiten. Diese Überlegenheit der Fliegenaugen fordert uns heraus, wenn wir eine Fliege mit der Hand fangen wollen. Für die Fliege ist die schnellste Bewegung, die wir zustande bringen, immer noch eine recht langsame. Sie fliegt im letzten Augenblick davon, weil sie die Welt um sich herum beständig wie ein Panorama erfasst. Allerdings mit einer weit geringeren Auflösung der Details, verglichen mit unserem Auge.
    Wir sehen gute, scharfe Bilder. Beginnen sie verschwommen zu werden, ist das ein klares Signal, den Augenarzt aufzusuchen. Fliegen und andere Insekten sehen nur unscharfe Bilder. Die Raumtiefe können sie weit weniger gut als wir abschätzen, dafür aber mit Fliegengeschwindigkeit fliegen, ohne anzustoßen, außer sie geraten an so etwas Unnatürliches wie ein Glasfenster.
    Die Rasterbilder der Insektenaugen fallen übrigens nicht etwa nur in Graustufen aus, wie man vielleicht denken könnte, sondern durchaus auch farbig, nur erheblich anders als bei uns. Ihr Farbspektrum ist in den Bereich des für uns unsichtbaren Ultravioletts verschoben. Ein schönes, sattes Rot, wie das der Blütenblätter des Roten Mohns, sehen sie nicht. Auch viele Säugetiere sind rot-grün-blind. Ihre Welt ist bei Weitem nicht so farbenfroh wie unsere. Das liegt daran, dass wir einen besonderen Typ von farbempfindlichen Pigmentzellen besitzen, die zur Gruppe der » Zäpfchen« gehören. Die » Stäbchen« sind dagegen für das Helligkeitssehen zuständig. Entsprechend zeichnen die rot-grün-blinden Säugetiere sich durch ein sehr gutes Helligkeitssehen aus. Deshalb ist für sie die Nacht nicht finster, sondern nur deutlich dunkler als der Tag.
    Aus der Entwicklung von Säugetieren und Menschen wissen wir auch, wie die Augen beim Heranwachsen zustande kommen. Die beiden Hauptbeteiligten sind bei uns und den Wirbeltieren die Außenhaut und das Nervenrohr (Neuralrohr). Die Natur musste also keineswegs, wie Robert

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