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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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während der Eiszeit nach Afrika ein.
    Außerdem haben sie noch eine weitere Besonderheit, die sie anfälliger für die Auswirkungen der Nagana-Seuche macht. Ihre Verdauung funktioniert auf Pferdeart. Betrachten wir einen » Pferdeapfel« im Vergleich zu einem Kuhfladen, sehen wir den Unterschied sofort: Kühe verdauen viel intensiver als Pferde. Bei Letzteren bleiben noch ganze Halmstücke und so viele Samen im Pferdeapfel zurück, dass sich die Spatzen darum streiten.
    Pferde sind sogenannte Enddarm-Fermentierer. Sie fressen viel und verdauen schnell, dafür aber unvollständig. Deshalb haben auch die Zebrahengste meistens dicke Bäuche, als ob sie schwanger wären. Die Rinder und ihre Verwandten, die Antilopen und Gazellen, verdauen langsam und gründlich. Sie sind Wiederkäuer. Die bereits aufgenommene Nahrung würgen sie vorfermentiert aus dem Pansen wieder hoch, kauen sie gründlich durch und schlucken sie erneut, um sie durch die anschließenden Magenkammern zu schicken. Deshalb sieht ein Kuhfladen so breiig aus. Bei dieser intensiven Verdauung nutzen die Wiederkäuer ihre Milz als zusätzliches Entgiftungsorgan. Deshalb kommen sie mit den Erregern der Nagana-Seuche gut zurecht. Pferde aber nicht. Ihre Milz ist wie bei uns Menschen ein Blutspeicher. Sie müssen laufen können. Deshalb sind sie für uns als Reittiere so optimal geeignet.
    Das Streifenmuster bietet somit einen zwar nicht vollständigen, aber ausreichend guten Schutz gegen die Tsetsefliegen. Es tarnt vor Fliegen, nicht vor Löwen. Deshalb muss es auch schon von Geburt an vorhanden sein. Anders als Schimmel, die als Rappen geboren werden und erst mit der Zeit weiß werden, kommen Zebrafohlen gleich als Zebras zur Welt. Und zwar umso breiter gestreift, je früher in der Entwicklung im Mutterkörper die Streifung angelegt wird. Das eselähnliche Grevy-Zebra entwickelt die engsten Streifen. Es bleibt am Bauch ganz weiß. Seine Verbreitung im Nordosten Afrikas liegt nahe an der Zone, über die während des Eiszeitalters Pferde nach Afrika eingewandert sind. Sie kamen in drei Schüben, die im Abstand von Hunderttausenden von Jahren verliefen. Daher gibt es drei verschiedene Arten von Zebras. Das Grevy-Zebra kam als Letztes.
    Die am weitesten im Süden Afrikas lebenden Zebraformen waren die frühesten Einwanderer. Sie tragen breite schwarze Streifen, zwischen denen sich bei manchen Unterarten sogar noch sogenannte Schattenstreifen ausbilden. Damit fügt sich alles gut zusammen. Die Zebrastreifung wirkt als Schutz vor den Tsetsefliegen. Und da der Tsetse-Gürtel in der Vergangenheit in seiner Ausdehnung schwankte, weil es die für diese Fliegen nötigen feuchtwarmen Lebensbedingungen mal stärker ausgeprägt, dann wieder durch lange Trockenheiten eingeschränkt gegeben hat, reichte das Zebra-Muster vom südlichsten Afrika, wo es bei den Quaggas im Schwinden begriffen war, einst bis ans Mittelmeer.
    Seit es die Sahara gibt, ist die Fliege weitestgehend auf den innertropischen Bereich Afrikas zurückgedrängt. Wie die Zebras selbst auch. Eigentlich hatten also schon die Grzimeks den Grund für die Zebrastreifung entdeckt: Tarnung. Sicher wurden sie beim Filmen in ihren Autos mit den Zebrastreifen weniger von Tsetsefliegen belästigt, aber sie bemerkten das anscheinend nicht. Sie gingen davon aus, dass sie mit einem gestreiften Auto näher an die Großtiere heranfahren können, weil diese so ein Muster gewöhnt sind. Und das stimmte natürlich auch.

Der Distelfalter und die Wanderheuschrecke
    Warum wandern Insektenvölker?

    In den letzten Jahren tauchten im Frühsommer mitunter große Mengen Distelfalter auf, die sich im Gegensatz zur Tsetsefliege nicht nur etwas mehr oder etwas weniger in einer bestimmten Region ausbreiten, sondern ganze Weltreisen unternehmen. Die braunscheckigen Schmetterlinge flatterten sogar im Münchner Hauptbahnhof herum. Wie vom Herbstwind verwehtes Laub überflogen sie die Autobahn. Vor allem die Massenwanderungen von Distelfaltern im Juni 2003 und im Mai 2009 gehörten zu den größten seit vielen Jahren. Einer der Hauptzüge flog 2003 von den Alpen her das Isartal nordwärts und passierte dabei München. Manche Büsche in der Stadt waren so voller Distelfalter, dass die Blätter nicht mehr zu sehen waren. Zählungen ergaben, dass es sich um eine Menge von über 20 Millionen gehandelt haben muss. Rechnet man die anderen nordwärts gerichteten Flusstäler dazu, die von den Distelfaltern bevorzugt auf ihrem Flug nach Norden und

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