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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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ihn in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Kannst du sie jetzt endlich spüren?«, flüsterte er.
    Erenwin lauschte in die Dunkelheit hinaus.
    Und dann empfing das Sinnesorgan über seiner Lippe tatsächlich den Hauch einer Schwingung, deren Ausläufer ihn jedoch wie ein Schlag traf, nun, da er sich darauf konzentrierte.
    »Ja, sie kommen … und es sind so viele.«
    »Mhm. Janwe begeht kein zweites Mal den Fehler, uns zu unterschätzen.«
    »Aber was hast du nun vor? Du kannst nicht gegen sie kämpfen …«
    »Gegen sie alle nicht, das ist wahr. Aber gegen einige schon.«
    Erenwin nickte. »Du … du kämpfst verdammt gut.«
    »Erenwin, du närrischer Tölpel, hältst du mich etwa immer noch für einen verwirrten Träumer?«, rief Turéor zornig. »Hast du es denn nicht selbst gehört, als du Janwe und den Alten Feind belauscht hast? Ich bin der Letzte meiner Sippe, die das Meer verließ! Nicht alle sind damals mit dem König gegangen, und sie bezahlten mit dem Leben, als der Alte Feind, den wir nur den Namenlosen nannten, ihn nicht mehr belangen konnte und dafür unter uns wütete. Ich war der Einzige, der entkam, und ich war damals gerade so alt wie Lurdèa, als sie Janwe heiratete! Kannst du dir vorstellen, wie das für mich war? Ich habe alle verloren, die ich liebte, das Mädchen, an das ich zum ersten und einzigen Mal in meinem langen Leben mein Herz verschenkt hatte … alle wurden vor meinen Augen dahingemetzelt! Ich ertrank fast in den Strömen von Blut, und ich weiß nicht mehr, wie ich entkam.«
    Turéor packte Erenwin an den Schultern und schüttelte ihn. Ein Schluchzen lag in seiner Stimme. »Denkst du, solche Geschichten erfindet man? Denkst du, ich bin nur deswegen zu deiner Mutter gereist, um im Alter einen sicheren Platz bei ihr zu haben? Ich habe nur versucht, es eines Tages wiedergutzumachen!«
    »Es tut mir leid!«, rief Erenwin. »Es tut mir vor allem leid, dass du dich so sehr quälst, aber das ist doch nicht deine Schuld! Du darfst es dir nicht zum Vorwurf machen, dass du überlebt hast.«
    »Das habe ich mir auch nicht zum Vorwurf gemacht, sondern es wurde zu meinem Fluch, weil nur ich verhindern konnte, dass der Alte Feind vergessen wurde! Genau deswegen wollte ich euch beschützen, wollte ich den Nauraka die Erinnerung bewahren, weil nur das der Grund gewesen sein kann, dass ich entkam. Deswegen währte mein Leben länger als das jedes anderen Nauraka, weit über meine Zeit hinaus, da auch er überlebte und auf den Tag der Rache wartete.« Turéor legte seine schlanke sehnige Hand an Erenwins Gesicht. »Aber nun bin ich am Ende angekommen, Erenwin. Ich kann und will nicht mehr weiter. Hier werde ich in Ehren meinen Frieden finden. Nimm deine Schwester und flieh. Gib meinem Tod einen Sinn, den ich im Leben nie fand.«
    »Ich muss dir beistehen«, widersprach der Prinz.
    »So blind, wie du bist?«Turéor stieß einen schnaubenden Laut aus. »Du bist nur ein Hindernis! Beschütze Lurdèa –  das ist ein Befehl. Ein königlicher Befehl, wenn du so willst, denn als der letzte direkte Nachkomme habe ich Anspruch auf die Königswürde. Und du bist nur ein zweitgeborener Prinz.« 
    »Danke, dass du mich daran erinnerst«, sagte Erenwin verzweifelt. Er wusste, wie Turéor es meinte, doch es war kein Trost. »Onkel, ich bitte dich, das darfst du nicht tun …«
    »Ich habe es bereits getan, Junge. Mein Leben endet hier, so oder so. Janwe bekommt mich nicht in seine Fänge.« Turéor klang nun ruhig und gefasst. »Jemuma hat ein Gift zusammengebraut, das ihr und mir in unserem letzten Dämmer ungeahnte Kräfte und Ausdauer verleiht. Hast du dich nicht gewundert, wie gut wir durchgehalten haben? Nun, jetzt kennst du den Grund. Danach, wenn die stärkende Wirkung nachlässt, werden wir sterben.«
    »W-was …?«, flüsterte Erenwin, und seine Kiemen klappten zusammen. »Ihr … ihr habt beide …« Durch den Schleier seiner Augen sah er einen seltsam friedlichen Ausdruck auf dem Gesicht seines Onkels, und ein sanftes Lächeln.
    »Es ist das Letzte, was ich tun kann, und dann ist es genug. Ich muss endlich gehen, Erenwin, ich kann die Bürde des Lebens nicht länger tragen, sie erdrückt mich. Ich bin einfach zu weit über meine Zeit hinaus. Lange genug hat es gedauert, aber nun kann ich meinen Frieden finden. Es wird ein guter Kampf, und ein letztes Mal rüttle ich die Erinnerung an die Nauraka wach, wie sie waren, und erteile Janwe eine Lektion.«
    »Aber … aber Jemuma …«
    »Sie bestand

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