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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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Anführer der Piraten musterte sie misstrauisch; es musste ihm merkwürdig vorkommen, dass jemand freiwillig im Nirgendwo des Meeres ausgesetzt werden wollte, um zu ertrinken. 
    »Das ist sie, Papa!«, erklang eine helle Stimme, und der gerettete Junge kam heran, deutete aufgeregt auf Lurdèa. »Sie ist eine aus der Tiefe, ich habe ihre Kiemen gesehen!«
    Der Anführer sah wieder zu Lurdèa und grinste. »Netter Versuch.«
    Doch so schnell verlor sie nicht die Fassung. »Ich habe deinen Sohn vor dem sicheren Tod bewahrt«, sagte sie ruhig. »Ein Nuramar wollte ihn töten.«
    Sie bemerkte Berenvils fragenden Blick von der Seite und die hochgezogenen Augenbrauen, achtete aber nicht auf ihn.
    Stirnrunzelnd blickte der Ruadim auf seinen Sohn hinab. »Was hattest du dort zu suchen? Ich hatte dir doch verboten …«
    »S-sie lügt«, stammelte der Junge.
    »Du bleibst besser bei der Wahrheit, Kleiner«, unterbrach Lurdèa streng, »oder ich offenbare deinem Vater auch den Rest.«
    Daraufhin zog er den Kopf ein und murmelte: »Ich wollte an deiner Seite kämpfen, Papa, denn ich bin alt genug und habe keine Angst.«
    Das rührte den Piraten, und er strich seinem Sohn über den Kopf. »Na, schon gut.« Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Lurdèa zu. »Für dich gibt es sicher auch noch Verwendung.«
    »Du schuldest mir was!«, rief sie wütend. »Für das Leben deines Sohnes!«
    Das brachte ihn immerhin zum Nachdenken. »Also schön, wir bringen dich an Land und lassen dich frei.«
    »Nein, ihr lasst mich jetzt frei!«
    »Ausgeschlossen. Du würdest deine Sippe alarmieren, und das bringt uns nur Ärger ein. Wir werden dich so lange an Land behalten, bis wir weit genug entfernt sind. Dann magst du in dein Meer zurückkehren. Aber nicht vorher.«
    Immerhin, dieses Angebot klang besser als alles andere bisher. Lurdèa wusste nicht, ob sie dem Piraten trauen konnte, aber zumindest hatte er es ihr zugesagt. Vielleicht hielt er ja sein Versprechen. »Also gut. Ich verpflichte mich, dass ich noch fünf Tage an Land bleibe, bevor ich ins Meer zurückkehre.«
    »Schön, wir sind uns einig. Und ihr anderen«, wandte er sich an die übrigen Gefangenen, »meine Schreiber werden jetzt zu euch kommen und über die jeweilige Summe mit euch verhandeln.« Dann fiel sein Blick auf Berenvil, der die ganze Zeit neben Lurdèa stand und seiner Miene nach zu urteilen nicht so recht zu begreifen schien, was da eben zwischen ihr und dem Piraten geschehen war. »Du siehst mir nicht aus wie ein Händler. Wird für dich irgendjemand zahlen?«
    »Äh, ja«, antwortete Berenvil, und nun war es an Lurdèa, ihn anzustarren. »Wäre schon möglich, aber die Antwort könnte dauern, da ich ein wenig … abgelegen lebe.«
    »Unsere Vögel sind schnell und finden jeden Weg. Sprich mit meinem Schreiber, und wir scheiden als beste Freunde.« Der Pirat nickte den Gefangenen zu. »War mir eine Freude, mit euch Geschäfte zu machen. Bis zum nächsten Mal!«
    Damit verließ er sie.

    Lurdèa bedeutete Berenvil, sich mit ihr ein Stück weit von den anderen zu entfernen. »Was hast du mir vorgemacht?«, zischte sie aufgebracht.
    »Ich sagte doch, es ist eine peinliche Geschichte, und ich trage nur die Kurzfassung vor«, verteidigte er sich. »Und überhaupt, was wirfst du mir vor? Du hast mir doch auch nicht alles erzählt!«
    »Das ist … warum … ach, ist ja auch egal.« Wütend winkte sie ab. Ruhiger fuhr sie fort: »Also, du hast jemanden, der für dich zahlt?«
    »Mhm. Könnte man sagen.«
    »Demnach hast du also doch ein eigenes Heim?«
    »Ja, ich denke schon. Hör mal, Lurdèa, ich …«
    Sie schüttelte den Kopf. »Lass nur. Ich bin es gewohnt, belogen zu werden, und ich bin es auch gewohnt, immer noch darauf hereinzufallen.« Sie wandte sich ab und kehrte an ihren Platz zurück.

    Es war bereits dunkel, und die Schreiber hatten die Verhandlungen abgeschlossen, als Berenvil sich zu Lurdèa wagte. Sie lag auf dem Rücken, den Arm unter den Kopf als Stütze gelegt. Sie hatte versucht zu schlafen, doch zu viele Gedanken kreisten in ihrem Kopf, und ihre Schulter schmerzte zu sehr. Fernab rauschte das Meer, durch das unermüdlich der Dsuntari pflügte, in einem kleinen Ausschnitt über der Festung konnte sie den nächtlichen Sternenhimmel sehen. Aus der Festung klang fröhlicher Lärm, die Piraten feierten ihren Erfolg, tanzten noch im Hof zu flotter Musik. Überall brannten Fackeln, um die Nachtalken klagend kreisten.
    »Glaubst du, er wird sein

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