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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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verharrte still auf der Stelle und dümpelte im ruhigen Gewässer. Mit seinem langen Schnabel stocherte er im Wasser, stieß plötzlich zu und verschluckte gleich darauf einen sich windenden Fisch, der beinahe so groß wie Lurdèa war.
    Wie Berenvil vorausgesehen hatte, wollten die Piraten keine Zeit verlieren. »Der Herantado tut uns nichts, wir hatten noch nie Schwierigkeiten mit ihm.«
    Die Gefangenen kletterten auf die Flosse hinunter und verteilten sich auf die Boote. Das Meer war nur noch einen Fußbreit entfernt, aber Lurdèa ferner denn je. Sie wurde besonders streng bewacht, und Ruadim hatte sie nochmals an ihr Versprechen erinnert – und deutlich gemacht, dass Berenvil erhebliche Schwierigkeiten bekommen würde, wenn sie sich ohne Lösegeldzahlung davonmachte.
    »Siehst du, ich bin dir doch verpflichtet«, sagte sie.
    »Entschuldigung«, brummelte er. »Ich dachte eben nur an deine Sicherheit.«
    Immerhin konnte sie ihre Hand ins Wasser tauchen, die darin samtgolden schimmerte, von der Sonne mit einem besonderen Perlmuttglanz versehen. Sogar die feinen Schwimmhäute bliesen sich ein wenig auf. Sehnsucht malte sich auf ihrem Antlitz, doch sie würde sich in Geduld üben. Bald war sie frei und konnte in die Tiefe zurückkehren. Das konnte sie nun auch noch erwarten.
    Die Boote legten ab und nahmen Kurs aufs Festland, dessen schmales grünes Band bald näher rückte und breiter wurde. In der Ferne konnte Lurdèa ein großes Gebirge ausmachen. Besonders hervorstechend war ein hoher, einzeln stehender Berg mit einer weißen Gipfelkrone.
    »Gibt es hier auch Vulkane?«, fragte sie.
    »Der schneebedeckte Einsiedler, den du vor dir siehst, ist sogar einer, allerdings schon lange erloschen«, antwortete Berenvil. »Dennoch steigt immer noch Wärme aus seinem Inneren empor, und es gibt auch starke magische Strömungen. Viele haben versucht, dem Berg seine Geheimnisse und Schätze zu entreißen, doch alle sind gescheitert. Er heißt Domgar, Erleuchteter Berg.«
    Den Berg fand Lurdèa faszinierend. Von dort oben musste es so scheinen, als würde einem die ganze Welt zu Füßen liegen, es musste wie in der See ein Gefühl der Weite sein, eine Verbindung zu allem. »Schnee, das ist kalter Regen, nicht wahr?«
    »Ja. Manchmal besser als die Hitze hier unten, meistens aber scheußlicher Frost.«
    Die Boote glitten ruhig dahin. Der Piratenanführer hatte recht gehabt, der Herantado interessierte sich überhaupt nicht für sie, sondern ging in einiger Entfernung auf Jagd, immer begleitet von den schwarzen Möwen.
    Plötzlich stieß einer der Händler einen Schrei aus, als ein zahnbewehrtes, schlauchartiges Maul aus dem Wasser nach seiner Hand schnappte. Das Boot schaukelte unter einem heftigen Stoß, und nun schrien alle Händler, als das Wasser um sie zu kochen begann. 
    »Hört sofort auf!«, schrie der Mann am Steuer, während die Ruderer heftig um das Gleichgewicht kämpften. »Setzt euch ruhig hin, ihr bringt uns noch zum kentern!« Er riss das Steuer herum, als das Boot in gefährliche Schieflage geriet. Von den anderen Booten wurden wütende Befehle gerufen, doch die Händler waren kopflos vor Angst, und das Schaukeln wurde immer stärker.
    Einer der Piraten fackelte nicht lange. Er stieß mit dem Speer zu und hatte im nächsten Moment einen der Schnapper aufgespießt. Triumphierend hielt er den sich windenden Fisch hoch. »Da, seht ihr? Völlig harmlos!« Mit einer ruckartigen Bewegung schleuderte er ihn zurück ins Wasser, das erneut zu brodeln anfing, als die anderen über ihn herfielen.
    »Idiot!«, schrie ein Pirat aus dem anderen Boot, das gerade zu Hilfe eilen wollte. »Bist du wahnsinnig geworden!«
    Der Steuermann in Lurdèas Boot bellte die Ruderer an: »Schneller, schneller, auf direktem Wege zum Strand, setzt euch von den anderen ab!«
    Doch es war schon zu spät. Die Schwarzmöwen witterten sofort das Blut und kamen kreischend näher. Der Herantado verstand dies als Aufforderung und wendete ebenfalls. Lurdèa sah eine riesige, nach hinten gebogene Rückenflosse Furchen durchs Wasser schneiden, als er in hoher Geschwindigkeit näher kam.
    Nun brach auf sämtlichen Booten Panik aus. Alarme und Befehle gellten übers Wasser, und hinter ihnen drehte der Dsuntari bei, um ihnen zu Hilfe zu kommen.
    Der Schwarm Möwen war bereits über ihnen und griff sie kreischend mit scharfen gelben Schnäbeln an. Lurdèa hielt abwehrend die Arme hoch, und sie hackten auf ihre Ärmel ein, die weitere Löcher und Risse

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