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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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an meine Befehle halten und nichts Eigenmächtiges unternehmen. Hältst du dich an die Vereinbarung, werde ich das auch tun.«
    Der schwarzhäutige Nauraka stand auf und klopfte sich den Sand ab. »Abgemacht. Ich werde ebenso kühn sein wie du und dich beizeiten an dein Versprechen erinnern.«
    Koldar kam heran. »Wir haben die Kleidung des Bürschleins genauer durchsucht und festgestellt, dass da noch ein juwelenverzierter Dolch und sogar eine Armbrust in den Falten verborgen waren. Nicht mal Laoren hat das gefunden. Diese Kleidung ist hervorragend! Wir sollten das Geheimnis dieser Schneiderkunst herausfinden.«
    »Mein Jugenddolch«, sagte Erenwin, und für einen winzigen Augenblick huschte ein heller, weicher Schimmer über sein Gesicht. »Ich wäre euch verbunden, wenn ihr ihn nicht verkaufen würdet, er ist meine letzte Erinnerung an glücklichere Tage.«
    »Wir haben kein Interesse daran«, sagte Fangur und sah Koldar streng an. Der brummelte irgendetwas vor sich hin und trollte sich. »Kannst du mit der Armbrust umgehen?«
    »Ich habe einem wild gewordenen Urantereo die Augen ausgeschossen – ich glaube also schon.«
    »Was ist das für ein Tier?«
    »Oh, ein Schlängelaal, zwanzig oder mehr Mannslängen groß, und mit Zähnen, so dick wie der Schädel deines Pferdes. Die Augen sind normalerweise nicht schwer zu verfehlen, weil sie sehr groß sind, aber wenn ein Urantereo wütend ist, wirbelt er das Wasser ziemlich durcheinander, und das macht das Zielen fast unmöglich.«
    Fangur entschloss sich, keine weiteren Fragen mehr zu stellen. Entweder war dieser schwarzhäutige junge Mann völlig verrückt, oder er war gefährlicher, als es seine eher schmächtige Gestalt vermuten ließ.

    Sie nahmen den direkten Weg zur Traurigen Festung. Fünf seiner Soldaten hatte Fangur als Boten ausgeschickt, die Übrigen zu benachrichtigen. Er war sicher, dass sie im geeigneten Moment alle mitmachen würden, sie waren eher ihm als dem launischen, unberechenbaren Fürst Morangar ergeben, der zudem so misstrauisch war, dass er sich nur fünf Mann als Leibgarde hielt, die er ständig beobachtete. Mit denen konnten sie leicht fertig werden, und wenn Morangar erst aus dem Weg geräumt war, würden die übrigen Soldaten auch überlaufen.
    Fangur hätte diesen Schritt niemals gewagt, wenn Erenwin nicht gewesen wäre. Dass sein Verrat keineswegs dadurch geschmälert wurde, dass ein anderer das Attentat ausführte, verdrängte er. Vor dem Volk würde es anders aussehen, es würde ihn feiern, wenn er die prall gefüllten Vorratskammern öffnete und das Essen verteilte. Zur Abwechslung würde er mal etwas Gutes tun und sein in Heldengeschichten vernarrter Sohn, der ihn sonst mit Verachtung strafte, stolz auf ihn sein.
    Allmählich gewöhnte er sich an den Gedanken, den Thron zu übernehmen. Es wäre nicht das erste Mal, dass es solch einen Wechsel gab, und es musste ja auch nicht für immer sein. 

    Fangur hütete sich, die Wahrheit bekannt werden zu lassen, als alle am vereinbarten Treffpunkt erschienen waren. Er begründete den vorzeitigen Abbruch ihrer Steuereintreibung mit einem dringenden Ruf des Fürsten. 
    Erenwin hatte sich inzwischen gut in die Truppe eingefügt. Er war wortkarg und distanziert, doch es gab keinen Grund zur Beanstandung. Er ritt besser als sie alle zusammen und befolgte widerspruchslos jeden Befehl.
    Und er unternahm keinen einzigen Fluchtversuch.
    Als sie den letzten Abend unter freiem Himmel verbrachten, bevor sie am nächsten Morgen die Burg erreichen würden, saßen Fangur und seine engsten Vertrauten zu einer letzten Beratung am Feuer, während die übrigen Soldaten verstreut um sie herum lagerten. Alle schienen zufrieden, ein wenig Ruhe zu haben, und freuten sich auf ihre Familien, Geliebten, und Wein und Bier machten die Runde.
    Nur einer war nervös, Fangur selbst, da sich morgen sein Schicksal entscheiden würde.
    »Nun, Erenwin«, sagte Koldar gut gelaunt, »wie denkst du jetzt über uns Landgänger, nachdem wir schon eine Weile miteinander reiten?«
    »Ihr seid langweilig, einfallslos, armselig in eurem Verhalten«, antwortete der Nauraka und versetzte alle in Sprachlosigkeit. »Kein Tanz, keine Gestik, höchstens ein wenig anmutiges Wedeln mit den Händen. Nauraka achten weniger auf Worte und Aussehen, sondern beobachten die Haltung des Gegenübers und können sich verständigen, ohne sprechen zu müssen. Ihr seid zu bedauern.«
    Koldar schluckte hörbar und wischte sich den Bierschaum aus dem

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