Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
Vom Netzwerk:
rollen, die eine helle Spur hinterließ. 
    »Hm«, murmelte Koldar. »Wir alle suchen nach Liebe und Anerkennung, Erenwin, auf die eine oder andere Weise. Das unterscheidet dich dann gar nicht so sehr von uns. Vielleicht findet deine Suche ja doch eines Tages Erfüllung. Lange genug wirst du dafür leben. Ich wünsche dir viel Glück dabei.« Damit suchte er sich einen Platz bei seinen Gefährten.
    »Du bist nicht zu beneiden«, bemerkte Fangur.
    Doch die Tränenspur war bereits getrocknet und die Haut nahtlos schwarz. Erenwins Gesicht war so ausdruckslos wie zuvor.
    »Es wird jeden Tag leichter«, entgegnete er ruhig.

    Fangur ließ sich wie gewohnt beim Fürsten anmelden. Vergangene Nacht, wie auch in den gesamten letzten Nächten, hatte er so gut wie kein Auge zugetan, aber seine Männer waren fest entschlossen, den Plan durchzuführen. Auf dem Weg hierher hatten alle erkannt, dass sie Familien beraubten, nur um ihre eigene zu ernähren, dass sie genau wie Erenwin auf Distanz gegangen waren, um sich nicht schuldig zu fühlen.
    Koldars Standpauke, die an Erenwin gerichtet war, hatte alle Verschwörer zum Nachdenken gebracht. Und sie waren nun mehr denn je entschlossen, lieber die Schuld eines Fürstenmordes auf sich zu laden, als weiter gegen ihre eigenen Leute vorzugehen. Noch dazu, da sie einen Außenstehenden hatten, auf den sie sehr bequem die gesamte Verantwortung abladen konnten. Wie sie es bisher auch getan hatten, indem sie lediglich die Anweisungen des Fürsten ausgeführt hatten. So viel Unterschied bestand also gar nicht, aber vielleicht wurde das Joch dadurch leichter.
    Fangur fragte Erenwin nicht, wie er das Attentat durchzuführen gedachte, und er gab ihm auch keine Waffe. Der Nauraka beschwerte sich deswegen nicht. Sollte er entgegen der Vereinbarung vorhaben, die Verschwörer zu verraten, um die Gunst des Fürsten zu gewinnen, würde er es schwerhaben, den Fürsten von dem Verrat zu überzeugen. Niemand kannte ihn hier am Hofe, und Fangur genoss schon seit zehn Jahren hohes Ansehen als treuer Soldat seines Herrn. Der Hauptmann glaubte nicht, dass Erenwin so dumm sein würde. Er machte keinen verschlagenen Eindruck, obwohl er bei Laoren in die Lehre gegangen war.
    Bis zu Erenwins Vorschlag hatte Fangur nie darüber nachgedacht, welche Konsequenzen diese Treue dem Fürsten gegenüber bisher nach sich gezogen hatte. Es war eben so, dass er nur seine Pflicht erfüllte, hatte er seiner Familie erklärt. Und als sein Sohn wissen wollte, worin diese Pflicht bestünde, hatte er geantwortet: euch zu ernähren und in Sicherheit zu wissen.
    Doch was war denn nun tatsächlich seine Pflicht ?
    Der Dienst am Volk, war er zu dem Schluss gekommen, genau darauf hatte er damals auch seinen Eid geleistet. Der Nauraka aus der Tiefe des Meeres hatte ihm erst die Augen öffnen müssen, damit er sein Gewissen entdeckte. Er musste das Grundlegendste von einem Mann lernen, der in keine Welt mehr gehörte, der keine Heimat und keine Familie hatte, getrieben von einem merkwürdigen Fluch, der ihn in ein Ungeheuer verwandelte.
    Er würde gut in die Traurige Festung passen.
    Innerhalb eines einzigen Tages war Fangurs Leben komplett auf den Kopf gestellt worden, und seither haderte er mit sich. Doch jetzt würde er keinen Rückzieher mehr machen, sonst musste er das Land verlassen und anderswo in Schimpf und Schande leben. Denn so konnte er nicht mehr weitermachen. 
    Fangur hatte gelernt, seine Gefühle hinter einer kühlen Maske zu verbergen, als Hauptmann war das unumgänglich, und das kam ihm auch jetzt zugute. Es war alles wie immer, als er durch das Portal in die Traurige Festung schritt, einem Bauwerk aus dicken Mauern und Gittern, ohne äußere Schnörkel oder Verzierungen. Ein quadratischer Klotz inmitten einer baumlosen Ebene, dessen Eingang vier Mannslängen hoch lag und nur über eine einzige Stufenbrücke über einen tiefen Graben zu erreichen war. Die Brücke war so schmal, dass nur gut ausgebildete Pferde sich darüber wagten.
    Vor dem Graben befand sich das befestigte Soldatenlager, wo der Großteil verbleiben musste, bis Fangur nach ihnen rufen würde.
    Morangars Vater hatte an alles gedacht, als er aus dem ursprünglichen Fürstenschloss diese unzugängliche Festung gebaut hatte. Die Stadt, die einst davor lag, war vollständig zerstört worden, die Einwohner versprengt, damit nie zu viel Volk auf einem Fleck beisammen war und vielleicht auf dumme Gedanken käme. Nur die verstreut liegenden Dörfer und

Weitere Kostenlose Bücher