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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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über Erenwin her.

    Er erwehrte sich seiner Haut, doch die Krahim waren einfach zu viele. Und sie hatten nur ein einziges Ziel. Der Grat war zu schmal, um ausweichen oder richtigen Stand zu bekommen. Erenwin sprang hoch, und die vordersten, die ihn vom Grat stoßen wollten, liefen ins Leere, stießen zusammen und fielen vom Steg. Schnell verwandelten sie sich in die Vogelgestalt und stiegen wütend krächzend auf.
    Noch während er das Schwert schwang, sprang Erenwin ein zweites Mal hoch. Allein mit den ersten Schlägen hatte er sechs weitere Krahim aus der Luft geholt und vom Grat gefegt, doch zur Landung kam er nicht mehr.
    Der Anführer war bereits hochgeflattert, flog einen Bogen, und dann rammte er den Nauraka seitlich als zurückverwandelter Mensch, mit aller Wucht, und schleuderte ihn weit über den Grat.
    Erenwin schwebte für einen Moment im Nichts, alles um ihn herum schien sich zu verlangsamen, und die Geräusche schwanden. Er sah die Krahim aufflattern, und der Anführer, der ihn heruntergestoßen hatte, wich von ihm. Höher und höher stieg er mit den anderen, in rasanter Geschwindigkeit.
    Nein. Nein, das konnte nicht sein. 
    Er war es, der fiel, stürzte, in die Tiefe raste, dem Abgrund entgegen.
    Damit hätte ich am wenigsten gerechnet , dachte er erstaunt.
    Dann prallte er auf.

    Erenwin spürte keinen Schmerz, aber er hörte ein hässliches Krachen, doch bevor er sich darum kümmern konnte, fiel er über die nächste Kante, und so ging es weiter, begleitet von Knirschen, Knacken und Reißen, und er wusste nicht, ob es die Felsen waren oder er oder beide. Dann fiel er erneut frei durch die Luft und dachte bei sich, dass es doch irgendwann einmal ein Ende haben musste.
    Er sah ein Felsplateau auf sich zurasen. Nicht ganz so schnell , überlegte er, das ist nicht gut .
    Da schlug er auch schon auf, hörte ein letztes unerfreuliches Knacksen, dann verlor er das Bewusstsein.

    Yahi hob das Berghorn an den Mund und blies kräftig hinein. Ein tiefer, markerschütternder Ton hallte durch die Berge und brachte die Felsen zum Erzittern, sodass das Echo kraftlos von ihnen herunterfiel, ohne gehört zu werden.
    »Verdammte Krahim!«, schrie der junge Daranil, während seine kräftigen Schwingen ihn über die Berge trugen. »Verschwindet, ihr elenden Unglücksbringer!«
    Er blies ein zweites Mal, einen etwas höheren Ton, der die Wandelkrähen endgültig vertrieb. Sie flohen kreischend, flatterten zu den Schneegipfeln hinauf und verschwanden in den Klüften.
    Yahis scharfe Augen suchten die Felsen ab und erspähten bald einen reglosen, verkrümmt daliegenden dunklen Körper auf einem Felsen. Mit wenigen Schlägen, den Fallwind nutzend, kreiste er über der Stelle und ließ sich dann herabsinken. Als seine Sandalen den Stein berührten, falteten sich die Schwingen auf seinem Rücken zusammen, und er kniete bei dem Gestürzten nieder.
    » Er ist es«, flüsterte er. »Aber ich fürchte, es ist kein Knochen mehr heil geblieben.« Er tastete mit schlanken Fingern den Hals des Bewusstlosen ab und nickte erleichtert. »Du atmest noch, Freund, wenn auch nicht mehr viel. Vielleicht schaffen wir es.« Er stellte sich aufrecht hin und blies in rascher Folge vier Signale ins Horn.
    Dann lauschte er. Kurz darauf antworteten fünf Töne, und er antwortete noch einmal, um seine Position anzugeben. Er ließ sich wieder neben dem Verletzten nieder, öffnete den Wasserschlauch und benetzte das Gesicht, träufelte vorsichtig ein paar Tropfen in den halb geöffneten Mund.
    Yahi blickte nach oben, als Schatten über ihn fielen, und sah vier Geflügelte aus der Sonne herabsinken. Sie drängelten sich auf dem kleinen Plateau, falteten die Flügel und staunten.
    »Bei allen Winden, ist das nicht …«, setzte Helur an. Die anderen drei fielen ihm gleichzeitig ins Wort: »Der Ewig Suchende! – Erenwin der Nauraka! – Ich dachte, der wäre längst tot?«
    »Noch nicht«, sagte Yahi. »Aber bald, wenn wir uns noch länger aufhalten.«
    »Er ist aber ganz schön hässlich«, bemerkte Lokha, der meistens eine seltsame Wortwahl traf.
    »Und sicher schwer.« Helur kratzte sich das lang herabfallende Kopfgefieder. »Können wir es überhaupt wagen, ihn zu bewegen? Sieht nach vielen Knochenbrüchen aus.«
    »Wir haben keine Wahl«, sagte Yahi. »Hier kann er nicht bleiben. Alrydis muss sich so schnell wie möglich um ihn kümmern.«
    Glücklicherweise erwachte der Verletzte nicht, als sie seine Glieder behutsam wieder an die richtige Stelle

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