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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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bringen.«
    Alrydis strich sich eine Haarsträhne aus der sorgengefurchten Stirn. »Das müssen wir Erenwin überlassen, Fwyll. Wir nehmen Kurs auf Chrysaora und hören uns an, was Hyan dazu zu sagen hat. Außerdem kann ich mich dort besser um Erenwin kümmern, hier sind meine Möglichkeiten doch sehr beschränkt.«
    Helur, ein Mann mittleren Alters, trat zu ihnen. »Wenn er ansprechbar ist, muss ich zu ihm«, bat er. »Ich muss ihm etwas erzählen.«
    »Alles zu seiner Zeit, Helur. Im Augenblick kann ich noch nicht einmal sagen, ob er überhaupt bei Verstand sein wird, wenn er erwacht.«

    Erenwin tauchte durch ein glühend heißes, blutrotes Meer, durch das schwarze Schlieren tanzten. Gleichmäßig bewegte er sich auf und ab, atmete durch die Kiemen, breitete die Armhäute aus. Ein Farbenrausch explodierte um ihn herum, löste sich in grellgelben Blitzen auf. Violette Blasen platzten aus kochender Magma, die Erenwin gierig trank. Er hielt seine Hände vor sich gestreckt, von denen silberblaue Flammen züngelten, und hustete eine Feuerwolke aus.
    Stöhnend kam er zu sich, zum Schreien fehlte ihm die Kraft, und seine Lungen brannten immer noch. Er öffnete die Augen, und die Welt war wieder grau und schwer.
    Sein Körper war so fest verschnürt und von Holz eingeschlossen, dass er nicht einmal mit einem Fingerglied zucken konnte. Die einzige freie Bewegung war seinen Augen gestattet. Erenwin erinnerte sich an seinen Traum und wusste jetzt, dass der Schmerz grelle Farben hatte. Er hörte seinen eigenen rasselnden Atem, spürte den Schweiß auf seiner fieberheißen Stirn verdampfen, ohne dass er kurze lindernde Kühle spenden konnte.
    Aus dieser Pein gab es keinen Ausweg, sie war unendlich, füllte ihn bis in den letzten Winkel seines Seins aus, ließ keinen Raum mehr für etwas anderes.
    Etwas schob sich verschwommen vor seine Augen, und er merkte, dass seine Nickhäute, die normalerweise nur unter Wasser hervorkamen, sich schützend davorgeschoben hatten. Mit einiger Anstrengung öffnete er sie.
    Es war wohltuend dämmrig und erinnerte ihn an die Tiefe. Doch in diesem Graudämmer war ein Schimmern, das genau über ihm schwebte und das Gesicht einer Frau umrahmte, die sich über ihn beugte. Ihre Augen strahlten wie Sterne. Fast könnte er glauben, sie wäre eine Nauraka. Aber sie hatte keine Kiemen, und vieles an ihr war anders. Und doch vertraut.
    Erenwin konnte in diesem Augenblick kein schönerer und tröstlicherer Anblick zuteil werden. Er öffnete die Lippen und hauchte: »Verwandte …«
    Da lächelte sie, und er fühlte die Berührung ihrer Hand auf seiner glühenden Stirn, die wohltuende Kühle und Heilung auf ihn übertrug, in einem stetigen schimmernden Strom. »Schlaf …«, sagte sie sanft, mit glockenklaren Klang.
    Er schloss die Augen und gehorchte.

    Mehrere Mondzyklen vergingen, bis Erenwin das erste Mal in der Lage war, das Bett zu verlassen. Er lag in einem Haus, das nur ein Zimmer hatte, mit einem von Grün überwucherten Dach und Gitterwänden mit glaslosen Fenstern. Luft und Licht konnten ungehindert hereinströmen und verweilen, wie sie wollten. Es war hell und freundlich, und es standen ein Bett und eine Truhe darin, mehr Einrichtung gab es nicht. Aber Erenwin konnte sich sowieso nicht bewegen und war vollständig auf die Hilfe anderer angewiesen. Er wusste nicht, was er davon halten sollte, und nahm es schließlich hin, wie er stets alles hinnahm. Die ganze Zeit wich Alrydis ihm nie von der Seite, und wenn sie einmal nicht da war, wartete er ungeduldig auf sie. Sie berichtete ihm täglich vom Fortschritt seiner Heilung, bis er so weit war, Fragen zu stellen.
    »Wer bist du, so nah und doch fern?«
    »Ich bin Ylwanin«, antwortete sie. »Mein Volk ist sehr jung, und es gibt noch nicht viele von uns. König Rowarn von Ardig Hall ist mein Vater, Königin Arlyn Antasa meine Mutter.« Es stellte sich heraus, dass sie beide ungefähr gleich alt waren.
    »Du besitzt das Schimmern der Nauraka in Dunkelheit …«
    »… und die Heilkräfte meiner Mutter, was ein Glück für dich gewesen sein mag.«
    Erenwin war fasziniert und wollte alles über Ardig Hall und seinen König wissen.
    »Wenn du möchtest, kann ich dich zu ihm bringen«, erklärte sie. »Er hat dich eingeladen.«
    »Ich kann Nerovia nicht verlassen«, sagte er traurig. »Der Fluch hält mich hier.«
    Alrydis zeigte sich nicht minder interessiert an ihm und wollte in der Folge alles über die Nauraka erfahren. Zum ersten Mal in all den

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