Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
Vom Netzwerk:
Stimmen. Alles war still, abgesehen vom leisen Gluckern des Wassers. Aber da war kein Leben sonst, alles war kahl und verlassen. Selbst das Flüstern in ihm war verstummt, als hätte es die Grenze nicht überqueren können.
    Eri sah sich um, ließ die Sonne auf sein Gesicht scheinen, die Haut und Haare trocknete, und gab sich fasziniert dem Gefühl hin. Es war nicht unangenehm. Seine Augen verloren sich im Himmel, der grenzenlos schien, so wie die Weite der See. Dunkle Punkte zogen in der Ferne darüber, wahrscheinlich waren es … wie hießen sie … Vögel ? Ja. Fliegende Wesen, mit Schwingen, ähnlich wie die Seeschwärmer, aber nicht mit Haut, sondern Federn bedeckt. Sie waren den Wasserbewohnern noch am ähnlichsten, denn auch sie kannten Schwerelosigkeit und konnten sich frei durch die Sphären bewegen. Landbewohner waren an den Boden gefesselt. Und dieses Schicksal würde Eri auch drohen, wenn er jemals seinen Traum wahrmachen und mit Hallog gehen würde.
    Schreckte es ihn ab? Nein , dachte der junge Prinz vergnügt. Schließlich hatte eine ganze Sippe vor langer Zeit das Meer verlassen, und der letzte Nachfahre lebte noch immer an Land. Es mochte unerhört sein, solche Gedanken zu hegen, weil es gegen alle Traditionen, Gebote und Eigenarten der Nauraka sprach.
    Erkenne dich selbst , hatte Onkel Turéor gesagt. Und Eri war sich in diesem Moment völlig bewusst: Er musste diese Welt kennenlernen. Er musste alles erfahren, bevor er entscheiden konnte, wer er war … und was genau es bedeutete, ein Nauraka zu sein. Wenn es überhaupt noch von Bedeutung war. Unser größter Schatz ist das Wissen . Auch diese Worte stammten von Onkel Turéor. Wir haben eine große Verpflichtung, denn wir sind das älteste Volk der See. Wir müssen das Wissen bewahren, und wir müssen Kenntnis über alle Dinge haben.
    Sobald Luri in Sicherheit war, sobald Eri wusste, dass es ihr am Hofe ihres künftigen fürstlichen Gemahls gut ging, würde er seinen Traum wahrmachen. Es gab so viel zu entdecken!

    Zunächst aber musste Eri den Rückweg finden. Als er sich umdrehte, sah er staunend, dass in der Tiefe der Grotte Säulen emporragten, die eindeutig nicht natürlich entstanden waren. Die Säulen wirkten alt, die eingeritzten Muster darauf waren verwittert. Vor langer Zeit musste hier jemand gewesen sein, vielleicht sogar gelebt haben, der diese Säulen aus dem Gestein geschlagen hatte. Doch aus welchem Grund? Wie tief reichten die Säulen hinein, was gab es noch zu finden?
    Ein andermal , dachte Eri. Es war Zeit, nach Hause zu schwimmen. Bald würde Mittlicht anbrechen, er durfte nicht zu lange wegbleiben.
    Ein letztes Mal spürte Eri die sinkende Sonne seinen Rücken streicheln. Dann tauchte er ängstlich wieder ins Wasser ein. Einen törichten Moment lang hielt er die Luft an, bis er das Gefühl hatte zu ersticken und den Atem in einem dicken Schwall Luftblasen ausstieß. Panisch sog er Wasser ein, doch da klappten seine Kiemen bereits auf und sorgten für den nötigen Austausch. Das Gefühl des Ertrinkens verflog.
    Ein Glück, dass es so schnell ging, denn dieser Wechsel war grässlich. Eri hoffte, dass es beim nächsten Mal leichter würde. Er schraubte sich in die Tiefe, spürte die wohltuende Feuchtigkeit um sich und nahm den vertrauten Geschmack wieder auf. Hier war alles greifbar, nicht einfach ein Nichts . Seine Armhäute blähten sich auf, und er schwebte an den Felsen entlang, um einen neuen Weg zurück zu finden. Denselben durfte er ja nicht nehmen; er nahm Xenes’ Drohung absolut ernst.
    Es gab viele kleine Löcher und Lücken, aber Eri passte nirgends hindurch. Ein wenig besorgt suchte er die Felsen von oben nach unten ab, während die Sonnenstrahlen immer schräger in die Grotte fielen und ein blaugrünes Licht hineinzauberten. Im Wasser zeigten sich jetzt feine Schwebeteilchen, die es zum Glitzern brachten, sich in Eris Armhärchen verfingen und auch sie zum Funkeln brachten. 
    Endlich fand Eri einen Durchschlupf, der groß genug war. Aber war es auch der Richtige? Oder gab es von hier aus nur einen einzigen Weg? Er hatte keine Wahl, sondern musste es versuchen. Er paddelte hinein, legte die Arme an und schwang die Beine auf und ab. Schnell kam er voran, während es stetig nach unten ging, und schon bald schmeckte er vertraute Gewässer. Er wusste, er war auf dem richtigen Weg. Bis er erkennen musste, dass er sich getäuscht hatte.

    Um die Mitte des nächsten Helldämmers kehrte Luri mit den Eltern zurück, und auch

Weitere Kostenlose Bücher